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Islamkunde-Unterricht in Bayern
Erfolgreiches Modellprojekt läuft aus

Seit zehn Jahren läuft in Bayern der Modellversuch "Islamkunde-Unterricht". Rund 16.000 muslimische Schüler und 100 Lehrer, aber auch Kinder anderer Konfessionen nehmen daran teil. Das Ziel: interreligiöses Miteinander stärken. Das Modell gilt als Erfolg, doch im Juli endet es - ob es weitergeht, ist unklar.

Von Michael Watzke |
Der frühere bayerische Kultusminister und heute Antisemitismusbeauftrage Dr. Ludwig Spaenle im Porträt
Bayerns Antisemitismusbeauftragte Dr. Ludwig Spaenle hält den Islamkunde-Unterricht für ein wichtiges Instrument, um islamistischen Antisemitismus vorzubeugen (imago stock&people)
Oghuzan Öktem ist Islamkunde-Lehrer an der Grundschule Taufkirchen bei München. Er erklärt seinen sechs- bis zehnjährigen Schülern kindgerecht den Islam, singt Lieder mit ihnen und erzieht sie zum interreligiösen Miteinander.
"Wir machen Kirchenbesuche. Kinder von anderen Religionen kommen zu uns rein. Wir lernen untereinander. Das ist ja in der modernen Pädagogik besonders wichtig: dass die Kinder untereinander lernen. Das geschieht in der Schule perfekt."
Lehrer Öktem ist Teil des Modellversuchs "Islamkunde-Unterricht" des bayerischen Kultusministeriums. Rund 16.000 muslimische Schüler und 100 Lehrer in Bayern nehmen daran teil. Die meisten Eltern sind begeistert – wie Filiz Dündar.
"Ich hätte es mir als Jugendliche selbst gewünscht, einen Islamkunde-Unterricht in deutscher Sprache. Damit ich meine Religion anderen gegenüber vertreten hätte können. Deshalb wünsche ich mir für meine und andere Kinder, dass sie ihre Religion auf Deutsch präsentieren können."
Ende des Modellversuchs
Im Sommer läuft der Versuch aus – und noch hat das Kultusministerium keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, ob und wie es weitergeht. Die bayerische Grünen-Abgeordnete Gabriele Triebel hält das für einen Skandal.
"Ein Unterrichtsende im Juli hat die Konsequenz, dass sich viele Kinder und Jugendliche außerschulischen Angeboten zuwenden werden. Dort wird auf Türkisch und Arabisch unterrichtet und nur in wenigen Fällen offenes Wissen vermittelt. Wollen Sie das wirklich?"
Hohe integrative Wirkung
Nein, das will Bayerns Kultusminister Michael Piazolo von den Freien Wählern auf keinen Fall.
"Ich persönlich habe große Sympathien für das, was in den Schulen abläuft. Ich sehe den Modellversuch positiv, das sage ich seit vielen Jahren. Dieser Modellversuch hat hohe integrative Wirkung."
Warum ist dann nicht schon längst die Entscheidung gefallen, dass es weitergeht mit dem Islamkunde-Unterricht? Weil der Kultusminister nicht dem Bericht der Evaluierungs-Kommission vorgreifen will, die den inzwischen zehn Jahre dauernden Modellversuch wissenschaftlich untersucht hat. Sollten die Ergebnisse positiv sein, könnte aus dem Modell in Bayern flächendeckender Regelunterricht werden. Genau das fordert Ludwig Spaenle von der CSU.
"Das Modell des Islam-Unterrichtes in Bayern als ordentliches Schulfach ist erfolgreich erprobt und sollte als Regelangebot in Bayern überall dort eingeführt werden, wo der Bedarf besteht."
Ein Instrument gegen islamistischen Antisemitismus
Spaenle, der frühere bayerische Kultusminister, spricht in seiner Eigenschaft als Bayerns Antisemitismus-Beauftragter. Der bayerische Staat, so der CSU-Politiker, könne den Islamkunde-Unterricht in der jetzigen Form als ordentliches Schulfach gestalten.
"Dieses Angebot brauchen wir dringend, weil es ein Instrument ist, das gegen islamistischen Antisemitismus wirken kann. Weil wir eben hier die schulische Komponente sehen. Nicht einen Religionsunterricht nach den entsprechenden Regeln des Grundgesetzes, der den alleinigen Einfluss des islamischen Partners vorsehen würde."
Also nicht die DITIB oder ein anderer Religionsverein bestimmt den Lehrplan, sondern das Kultusministerium. An der Grundschule Taufkirchen hat Schulleiterin Hilde Höhn mit diesem Modell positive Erfahrungen gemacht.
"Wir haben hier ganz viele verschiedene Hautfarben. Wir merken, die Welt ist nicht schwarz oder weiß, sondern bunt. Es ist schön, dass die Kinder das schon in jungen Jahren lernen können und merken: Nur weil der anders aussieht oder einen anderen Glauben hat, kann er trotzdem mein Freund sein."
So könnte es weitergehen im Freistaat Bayern – wenn das bayerische Kultusministerium bald eine Entscheidung trifft. Islamkunde-Lehrer Oghuzan Öktem hofft sehr darauf.
"Ich mache das mit Herzblut seit vielen Jahren. Das wäre für mich ein schlimmer Abbruch."
Bayerische FDP fordert flächendeckenden interreligiösen Unterricht
Die Ausbildung der Islamkunde-Lehrer findet an der Universität Erlangen statt. Auch dort hofft man auf eine Verlängerung oder gar Ausweitung. Einzig die bayerische FDP will noch weiter gehen. Julika Sandt, stellvertretende Fraktions-Chefin der Liberalen im Landtag:
"Langfristig hätten wir gerne – zumindest für einige Jahrgangsstufen - einen Dialog-Unterricht, bei dem die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen für alle Schüler gemeinsam gelehrt werden. Wo auch ein Austausch unter den Religionen möglich ist."
Doch für einen solchen interreligiösen Unterricht bräuchte es eine Änderung der bayerischen Verfassung. Und die ist mit der CSU nicht zu machen.