Heute werden Bekir Alboga und seine Studierenden an einem für sie ungewöhnlichen Ort empfangen: in der Synagoge in Münster. Ein Besuch, den der Generalsekretär der Ditib schon vor langer Zeit vereinbart hat. Für ihn der Beleg, dass er es ernst meint mit dem interreligiösen Dialog:
"Meine Studierenden richten ihre Fragen nicht an mich, sondern sollen sie an einen Juden stellen. Damit man nicht übereinander spricht, sondern miteinander."
Bekir Alboga bildet in Münster als Lehrbeauftragter islamische Theologen aus, künftige Lehrer und Imame. Jetzt sitzen die rund 20 Studierenden, Frauen und Männer streng getrennt, in den Bänken der Synagoge und hören interessiert zu. Sein Seminar habe nichts mit den Ditib-Problemen zu tun, versichert Alboga. Den Ditib-Verband sieht er zu Unrecht an den Pranger gestellt.
"Viele Bürger mit türkischen und muslimischen Wurzeln innerhalb und außerhalb der Gemeinden, fühlen sich einem deutschen Medienbashing ausgesetzt und in Sippenhaft genommen. Viele beobachten diese Entwicklungen mit großer Sorge, denn sie beeinflussen und belasten das gesellschaftliche Alltagsleben zunehmend. Es ist sehr enttäuschend, dass ohne eine Untersuchung der Ditib-Beteiligung immer wieder öffentliche Vorverurteilung stattfindet."
Seine Statements liest Bekir Alboga von einem Zettel ab, unvorbereitete Interviews gebe er zur Zeit nicht, er habe damit schlechte Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel, weil er sich entschuldigt habe dafür, dass Ditib-Imame Anhänger des Erdogan Erzfeindes Gülen ausspioniert und deren Namen nach Ankara weitergegeben hatten – inzwischen hat sich Ditib genau wegen dieser Vorwürfe aus dem Beirat des NRW-Schulministeriums zurückgezogen. Ein Schuldeingeständnis sei das aber nicht, so Alboga:
"Wir werden nach wie vor unsere nachhaltige Arbeit im Dienst der Gesellschaft und unsere Bemühungen und Projekte zur Integration und zur interreligiösen Begegnung, auch interreligiösem Dialog, für uns sprechen lassen. Bei uns ist und bleibt die Tür für den Dialog immer offen."
Druck vom NRW-Schulministerium
Tatsächlich hat Ditib diesen Schritt nicht ganz ohne Druck getan, sondern auf eine Forderung des NRW-Schulministeriums reagiert. Ministerin Silvia Löhrmann hatte verlangt, dass die Spitzelvorwürfe aufgeklärt werden:
"Weil es mir darum geht, den Religionsunterricht, den wir per Gesetz geregelt haben, damit muslimischgläubige Schülerinnen und Schüler einen Religionsunterricht von hier ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern bekommen. Unter staatlicher Aufsicht, sozusagen. Damit dieses gemeinsam getragene Vorhaben und dieses Projekt, was ja auch schon fortgeschritten ist, damit das nicht beschädigt wird, solange die Spitzelvorwürfe nicht aufgeklärt sind. Und rückhaltlos aufgeklärt sind."
Den Lehrauftrag des Ditib-Vorsitzenden an der Uni Münster betrifft das aber nicht. Hier darf der Ditib-Generalsekretär weiter Studierende unterrichten, sagt Münsters Uni-Sprecher Norbert Robers:
"Im Moment berührt uns das nicht. Diese Spitzel-Vorwürfe richten sich nach unseren Informationen ja gegen einzelne Personen. Und sogesehen haben wir keinen Grund, zu glauben, dass das auch bei uns vielleicht der Fall ist. Wir sind da auch ganz gelassen, warten da ab, was da und ob da was passiert. Im Moment gibt es aber keinen Anlass, was zu ändern."
Und auch an der Uni Osnbarück behält Ditib-Sprecher Alboga seinen Lehrauftrag. Die Islam-Studenten an der Uni Münster wollen sich nicht zu möglichen Verwicklungen mit der türkischen Ditib äußern. Die Lehrveranstaltung mit Bekir Alboga in der Synagoge fanden sie gut.
- "Also ich fand das ganz schön, sehr interessant."
- "Sehr informativ."
- "War gut, war gut. War sehr interessant, war sehr interessant auf jeden Fall."
Hinweis:
Das Wissenschaftsministerium Niedersachsen hat geschrieben, dass der Vertrag von Alboga als Lehrbeauftragter in Osnabrück über das Wintersemester 2016/-17 nicht verlängert wird.
Das Wissenschaftsministerium Niedersachsen hat geschrieben, dass der Vertrag von Alboga als Lehrbeauftragter in Osnabrück über das Wintersemester 2016/-17 nicht verlängert wird.