Sara Barsotti ist zwar Italienerin. Doch sie arbeitet in Reykjavik, beim Isländischen Wetterdienst. Dort ist die Physikerin zuständig für das Notfallmanagement im Fall von Vulkanausbrüchen. Seit den letzten Eruptionen 2010 und 2011 habe sich einiges getan, sagt Barsotti. Damals brachen kurz hintereinander der Eyjafjallajökull und der Grimsvötn aus. Wegen der Ascheschwaden wurden mehrere tausend Flüge über Nordeuropa gestrichen:
Es hat seither viele Verbesserungen gegeben. Und ich würde sagen: Wir sind heute wesentlich besser vorbereitet."
Vor drei Jahren wurde heftig diskutiert, ob die Flugverbote überhaupt nötig waren. Wie sich nämlich später herausstellte, wurde die Quellstärke des Grimsvötn stark überschätzt – also die Dichte der ausgestoßenen Aschewolke. Und damit auch die Konzentration der Vulkanpartikel in den Flugkorridoren. Bedenklich für Jettriebwerke war sie wahrscheinlich nie. Als kritischer Schwellenwert gelten zwei Milligramm Asche pro Kubikmeter Luft. Doch die wurden gar nicht erreicht. Auch nicht im Jahr davor, nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökull. Heute käme es wohl nicht mehr zu einer solchen Fehleinschätzung:
"Wir haben gerade zwei mobile Radargeräte an strategisch günstigen Punkten in Stellung gebracht. Auf der ganzen Insel gibt es zudem ein Netzwerk sogenannter Ceilometer und an Islands Südküste ein Lidar-Gerät. Spezialisten aus England betreiben es, vom Nationalen Zentrum für Atmosphärenforschung. Sie unterstützen uns bei der Auswertung der Daten. Und wir haben hier auch noch ein mobiles Lidar im Institut. Bei einem Ausbruch können wir es an einer günstigen Stelle platzieren."
Spezielle Radargeräte für die Vermessung der Aschewolke
Mit dem Radar lässt sich die räumliche Ausdehnung der Aschewolke ziemlich gut erfassen. Mit den Ceilometern hat man ihre Unterkante im Blick. Und mit den Lidar-Geräten kann man praktisch in die Schwaden hineinschauen:
"Wie hoch die Vulkanasche in die Atmosphäre gelangt, ist eine der Schlüsselinformationen für die Vorhersage ihrer Ausbreitung. Genauso wichtig ist es zu wissen, wie viel Material vom Ort des Ausbruchs weggeblasen wird. Um das zu bestimmen, können wir Simulationsmodelle anwenden, die an der Universität Rom entwickelt wurden. Wenn es jetzt zu einem Ausbruch käme, dann – das hoffe ich doch - könnten wir die Quellstärke des Vulkans und die ausgestoßenen Partikelmengen zuverlässig angeben."
Auch aus Deutschland bekommt der isländische Wetterdienst fachliche Unterstützung. Umweltanalytiker der Fachhochschule Düsseldorf rüsten derzeit zwei Propellerflugzeuge und einen Ultraleichtflieger aus. Im Ernstfall soll eine der Maschinen sofort Richtung Island aufbrechen. Sie könnte zumindest in den Randbereich der Vulkanschwaden vordringen. An Bord sind Geräte, die die Außenluft ansaugen und die Konzentration der darin enthaltenen Partikel messen. Die Daten werden via Satellit direkt an den Boden übermittelt. Auch das erlaubt eine bessere Einschätzung, wie gefährlich der Mineralstaub für den Luftverkehr ist.
Neues Vulkanasche-Warnsystem für Flugzeuge
Die Flugzeuge sind auch Bestandteil des neuen Vulkanasche-Warnsystems, das der Deutsche Wetterdienst aufgebaut hat. Für den hiesigen Luftraum. Sein Herzstück ist ein Netz aus 50 Messstationen, die die Vulkanschwaden vom Boden aus erfassen.
Wird der Flugverkehr erneut beeinträchtigt, wenn es jetzt schon wieder zu einem starken Ausbruch auf Island kommt? Das müsse nicht unbedingt sein, sagt Sara Barsotti. In dem Gebiet, in dem es kritisch werden könnte, am Vatnajökull-Gletscher, sei die Eiskappe der Vulkane zum Teil riesig:
"Wenn es dort zu einem Ausbruch kommt, wo der Vulkangletscher rund 400 Meter dick ist, dann kann man davon ausgehen: Die meiste Energie der Eruption fließt in das Schmelzen des Eises. Dann dürfte die Explosion nicht so stark sein. Wenn es aber dort passiert, wo die Eiskappe dünn ist, könnte es einen starken Ausbruch geben – und auch eine hohe Aschesäule."
Wichtig sind zudem die Wetterverhältnisse, wohin es den Vulkanstaub weht. Und ob es nicht vielleicht regnet. Das wäre günstig. Denn dann würden die Partikel schnell aus der Atmosphäre ausgewaschen.