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Island
Öffentlicher Rundfunk vor starken Einschnitten

Von Jessica Sturmberg |
    Das dreiteilige Hörspiel über die weltberühmte Egils-Saga ist eine der Höhepunkte im isländischen Radio. produziert mit viel Liebe zum Detail. Zwei Radiokanäle gibt es im öffentlich-rechtlichen Rundfunksender RÚV, sowie ein Fernsehprogramm, das nur stundenweise sendet. Vor allem nachmittags und abends. Dazwischen ist Sendepause.
    Insgesamt beschäftigt der Sender 240 Mitarbeiter, darunter rund 80 Redakteure. Sie befürchten, dass die Sendepausen bald noch größer werden könnten, sagt Hallgrímur Indriðason. Er ist Nachrichtenredakteur und Sprecher der Rundfunkreporter-Gewerkschaft:
    "Die Rundfunksteuer wird wohl weiter gesenkt werden. Und das beunruhigt uns sehr, weil wir Millionen einsparen müssen und unsere Geschäftsleitung weiß nicht mehr, wo wir das noch reinholen sollen. Das bedeutet einen Rückschlag für den gesamten Medienmarkt und die Demokratie in Island."
    Kurz vor Weihnachten hatte die Regierung aus liberaler Fortschrittspartei und Konservativen beschlossen, die Rundfunksteuer zu senken. Von umgerechnet rund 125 Euro im Jahr pro Person wurde sie auf etwa 115 Euro reduziert. Ein Teil davon wird von der Regierung derzeit sogar noch für andere Zwecke ausgegeben. Ab September soll die Rundfunksteuer ein weiteres Mal gesenkt werden, auf 105 Euro pro Kopf. Eine Kürzung, die nicht mehr aufgefangen werden könne, sagt Verwaltungsdirektorin Margrét Magnúsdóttir:
    "Das würde bedeuten, dass wir Teile unseres gesetzlich festgelegten Programmauftrages nicht mehr erfüllen können, weil wir so viel weniger einnehmen, dass es zu ernsthaften Programmänderungen führen muss."
    Noch verhandelt die Geschäftsleitung mit der Regierung und hofft, dass zumindest die zweite Senkung wieder zurückgenommen wird. Doch der zuständige Kulturminister Illugi Gunnarsson äußerte sich zuletzt eher verhalten:
    "Wir haben die Finanzen des Senders im Blick. Und wir müssen sehen, wie man ökonomischer haushalten kann, die Schulden sind zu hoch, auch wegen der Pensionslasten, das ist in der Tat nicht einfach. Wir müssen die finanzielle Basis ändern und zugleich sehen, wie die Zukunft des Rundfunks aussehen soll und damit auch die Rundfunksteuer."
    Ähnlich wie in Deutschland wird darüber debattiert, wie viel der öffentliche Rundfunk vor allem von jungen Leuten noch genutzt wird, die mehr in den sozialen Netzwerken unterwegs sind. Und auch drücken den Sender hohe Pensionslasten aus alten Zeiten, als es sowohl dem Rundfunk als auch dem Land deutlich besser ging. Ein Problem, dass der Verwaltung schon ohne Kürzungen großes Kopfzerbrechen bereitet.
    Im vergangenen Jahr sind die Redakteure bereits zusammengerückt, sitzen eng an eng in Großraumbüros, damit ganze Etagen im Rundfunkhaus fremdvermietet werden konnten. Auch über Verkauf von Grundstücken wird nachgedacht. Doch all das wird nicht reichen, sagt Verwaltungsdirektorin Margrét Magnúsdóttir und mahnt in Richtung Regierung:
    "Wir sagen bereits: Verstehen Sie wirklich, was diese Entscheidung bedeutet? RÚV ist so in so einem kleinen Land enorm wichtig, weil wir hier die isländische Sprache und Kultur mit eigenen Produktionen fördern. Das gibt es sonst nicht mehr."
    Die Geschäftsleitung hat den Ball somit wieder zurückgespielt an das Parlament und die Regierung. Diese sollen entscheiden, worauf die Hörer und Zuschauer in Island künftig verzichten sollen: Ob etwa Sport, Nachrichten, isländische Hörspiele, Filme oder die wochentägliche investigative Hintergrundsendung Kastljós.