Antisemitismus
Makkabi-Präsident: "Die Mehrheit unserer Gesellschaft muss lauter werden"

Alon Meyer, der Präsident des jüdischen Sportverbands Makkabi, hat an die "anständige Mehrheit" der Gesellschaft appelliert, sich den antisemitischen Entwicklungen zu widersetzen. Man habe es versäumt, Sport zur Demokratiestärkung zu nutzen.

Alon Meyer im Gespräch mit Marina Schweizer |
Der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer bei einem Fototermin in Frankfurt.
Die Arbeit der Aufklärung und Sensibilisierung in den Makkabi-Ortsvereinen funktioniert gut und trägt Früchte, sagte der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer. Problematisch sei, dass sich die Politik jahrelang aus dem Sport rausgehalten habe. (IMAGO / Martin Hoffmann)
Am 7. Oktober 2023 überfiel die Hamas Israel - eine neue Gewaltspirale im NAhen Osten begann. Der Angriff hatte auch Auswirkungen auf den Sport. Ein Jahr danach sei eine spürbare Zunahme der antisemitischen Gewaltexzesse in den jüdischen Sportvereinen in Deutschland zu vernehmen, sagte Alon Meyer, Präsident des jüdischen Sportverbands Makkabi Deutschland im Deutschlandfunk.
Dennoch sei positiv anzumerken, dass die Mitgliederzahlen in den Makkabi-Ortsvereinen leicht gewachsen seien, trotz der Zunahme an Anfeindungen. „Die Leute verstehen langsam, dass wir ein Zeichen setzen müssen für unsere demokratische Werteordnung", sagte der Sportfunktionär.

Appell an die Mehrheit der Gesellschaft

Die Zahl der neu gewonnen Mitglieder sei aber immer noch viel zu gering, sagte er. "Die anständige Mehrheit unserer Gesellschaft ist viel zu leise und widersetzt sich diesen fortgeschrittenen Anfängen, viel zu wenig und viel zu leise", kritisierte Meyer im Deutschlandfunk.
Dabei seien die Makkabi-Ortsvereinen keine rein jüdischen Sportvereine. „Die Mehrzahl unserer Mitglieder in den Makkabi-Ortsvereinen ist nichtjüdisch“, sagte Meyer. Auch streng gläubige Moslems, die im Makkabi-Trikot Sport treiben, würden gehänselt, beschimpft, mit Baseballschlägern angegriffen oder seien Messerattacken ausgesetzt. „Das muss man sich mal vorstellen, 2024 in Deutschland!“

Botschafter für die Communities

Manchmal koche der Dialog auch in den Makkabi-Mannschaften bei Diskussionen in der Kabine oder im Vereinsheim über, stellte Meyer heraus. Dabei würden viele Menschen auf beiden Seiten stehen, auf den Seiten der Palästinenser und Israelis.
„Man muss sich nicht für die eine Seite entscheiden und dann gleichzeitig dementsprechend gegen die andere sprechen. Das ist eben der Irrsinn und Irrglaube, den viele haben", sagte der Makkabi-Präsident. Es sei daher immer wichtig, respektvoll auf Augenhöhe miteinander zu reden. "Dass man die Meinung des Anderen anhört, sich vielleicht überzeugen lässt, vielleicht aber auch nicht."
Dabei funktioniere die Diskussion im geschützten Bereich der Makkabi-Ortsvereine sehr gut. Meyer hofft dadurch, dass die Menschen ihre Meinungen und Erfahrungen als Botschafter in ihre Community weitertragen.

Politik hat Sport übersehen

Die Arbeit der Aufklärung und Sensibilisierung in den Makkabi-Ortsvereinen funktioniere gut und trage Früchte, dies sei aber natürlich nicht überall möglich, weil es so viele gebe, sagte Meyer.
Der 50-Jährige kritisierte, dass die Politik sich jahrelang aus dem Sport rausgehalten habe, weil sie gedacht habe, er sei unpolitisch. Man habe es versäumt, den Sport positiv zur Demokratiestärkung zu nutzen. "Die Mehrheit unserer Gesellschaft muss lauter werden, um uns für die nächsten Jahre ein ein Stück weit besser vorzubereiten."