Zwischen Israel und dem US-Bundesstaat Utah liegen über 11.000 Kilometer. Dennoch ließen sich zwei israelische Frauen dort im November trauen. Was gar nicht schwierig war, denn die beiden Frauen saßen zu Hause auf dem Sofa in Israel. Die Beamtin war in Utah. Dort können Ehen auch über das Internet geschlossen werden.
Nur religiöse Eheschließungen in Israel
Die beiden Israelinnen reichten die Hochzeitsurkunde aus den USA bei der zuständigen israelischen Behörde ein. Und die erkannte die zivile Ehe an. Obwohl die beiden Frauen Israel für die Eheschließung gar nicht verlassen hatten. Yael Shilo, eine der beiden Frauen, war im israelischen Sender KAN voller Optimismus: "Ich erwarte, dass eines Tages auch in Israel zivile Eheschließungen möglich sein werden, die auch auf israelischem Boden geschlossen werden."
1948. David Ben-Gurion verkündet die Gründung des Staates Israel. Ben-Gurion war ein Vertreter des säkularen Judentums. Doch der Premierminister war auch auf die Unterstützung der orthodoxen Rabbiner angewiesen. Und so sicherte er ihnen zu, dass der Status Quo gewahrt bleiben würde. Dass die Rolle, die Religion in der Verwaltung des britischen Mandatsgebietes Palästina gespielt hatte, im Staat Israel nicht verändert werden würde.
Deshalb sind Eheschließungen in Israel bis heute eine Sache der Religion. Sie können nur über das Oberrabbinat, in Moscheen oder in von Israel anerkannten Kirchengemeinden erfolgen.
Hochzeit im Ausland
Die Konsequenzen sind für viele Israelis enorm: Gleichgeschlechtliche Ehen können in Israel nicht geschlossen werden. Hochzeiten zwischen zwei Menschen, die verschiedenen oder gar keinen Religionen angehören, werden vom Staat ebenfalls nicht anerkannt. Eine Zivilehe gibt es nicht. Der einzige Ausweg führte viele Israelis bisher ins Ausland. Sie heirateten zum Beispiel auf Zypern. Die Zivilehe aus dem Ausland konnte dann in Israel registriert werden.
In Zukunft könnte alles einfacher werden. Das ist zumindest die Hoffnung von jenen Israelis, die in ihrer Heimat nicht heiraten können oder wollen. Denn drei Internet-Eheschließungen wurden in den vergangenen Wochen von israelischen Behörden anerkannt. "Ich bin auf diese Internetseite gestoßen und über die haben wir dann geheiratet", sagt die Israelin Shira Chofesh dem Sender KAN. "Die israelische Behörde hat dann unsere Unterlagen geprüft und gesagt, dass wir unsere israelische Eheurkunde im Amt abholen können. Aber als ich dort erschien, hieß es plötzlich, dass das doch nicht geht."
Online-Ehen auf dem Prüfstand
Die Anerkennung der Online-Ehen wurde von Innenminister Arye Dehri gestoppt. Sein Ministerium teilte mit, die Bearbeitung der entsprechenden Anträge sei ausgesetzt. Dehri ist ein Vertreter des ultra-orthodoxen Judentums. Dessen Rabbiner lehnen zivile Ehen in Israel ab. So äußerte sich zum Beispiel der Rabbiner Chaim Druckman im Jahr 2017: "Ich hoffe, dass es hier niemals zivile Eheschließungen geben wird. Das wäre eine Katastrophe für das Volk Israels. Die Tatsache, dass Eheschließungen und Scheidungen seit Staatsgründung gemäß der Thora durchgeführt werden, stellt die Basis für die Besonderheit und Einheit des Volkes Israel sicher", so Druckman.
Innenminister Dehri ließ mitteilen, dass der Sachverhalt der Online-Ehen nun geprüft werde. Dann werde er eine Entscheidung treffen. Die Befürworter der Online-Eheschließungen ahnen nichts Gutes. Weil Dehri einer ultra-orthodoxen Partei angehört. Und sie argumentieren, dass Dehri eine Anerkennung der Online-Ehen gar nicht verbieten darf.
Wird die Zivilehe in Israel möglich?
"Die Eheurkunden des Staates Utah unterscheiden sich in keiner Weise von denen anderer US-Bundesstaaten", sagt der Anwalt einer Agentur für Ehen im Ausland. "Hunderte von Paaren haben sich bereits bei uns registriert. Wir werden diese Paare trauen und es gibt keinen rechtlichen Grund, uns davon abzuhalten."
Aus Sicht des Anwalts ist es nicht relevant, ob die Paare für die Eheschließung physisch im Ausland sind, oder über das Internet in Israel getraut werden. Und so ist die Hoffnung bei vielen groß, dass das Schlupfloch für Zivilehen offen bleibt. Das Thema könnte auch im gerade anlaufenden Wahlkampf eine Rolle spielen. Säkulare Parteien wollen sich dafür einsetzen, dass auch ganz regulär Zivilehen in Israel möglich werden. Das wiederum lehnen die religiösen Parteien ab. Und die ultra-orthodoxen haben ein jahrzehntealtes Argument: Das Versprechen von Ben Gurion, dass der Status Quo gewahrt bleibt. Aus dem Jahr 1948.