Guy Pitchon: Tel Aviv ist wie eine Blase. Es ist nicht Israel. So wie New York nicht Amerika ist; und Berlin nicht Deutschland. Es ist jünger und offener. Die meisten Kunsthochschulen sind hier – und die Galerien und all das.
Vardit Gross: Tel Aviv ist wie ein Staat im Staat. Hier sind die Bars und Clubs. Hier ist die Szene, das pralle Leben.
Tel Aviv ist aber mehr als eine Party-Stadt. Niemand kann sich hier komplett abschotten vom Nahostkonflikt. Dennoch beginnt dieses Corso-Spezial dort, wo es einen zunächst hinzieht, wenn man ankommt: an den Strand.
Yali Sobol: Für mich ist das der friedlichste Ort in Tel Aviv. Wenn ich in einer Schreibphase bin, versuche ich jeden Morgen hier zu sein. Schwimmen, Spazierengehen oder Laufen – egal, danach bin ich konzentrierter.
Willkommen am Strand, auf einem Friedhof oder einer Industriebrache, willkommen im kreativen, bunten und progressiven Tel Aviv.
Ein politisch-popkultureller Strandbesuch mit dem Schriftsteller und Popmusiker Yali Sobol
"Ich bin Yali Sobol. Ich bin Musiker und Schriftsteller. Ich lebe in Tel Aviv und bin 41 Jahre alt. Mein Werk bis jetzt: acht Alben und drei Romane."
Fast jeder kennt ihn in Israel, besonders in Tel Aviv. Er sieht gut aus, er ist groß und durchtrainiert. Ein herzlicher Typ, offen und einnehmend. Dass er über 40 ist, sieht man ihm nicht an. Vor allem Frauen beneiden mich ums Interview mit Yali Sobol. Und dann auch noch am Strand.
Ich hatte Yali Sobol nach seinem Lieblingsort in Tel Aviv gefragt. Dort wollte ich ihn treffen. An einem Ort, der ihn als Mensch, als Autor, als Musiker geprägt hat. Er hat Dutzende Interviews gegeben in seinem Künstlerleben – aber es ist sein erstes am Strand. Meins übrigens auch.
Hebräische Rettungsschwimmerdurchsage: "Get out of the water! No lifeguards! - Toda!"
Wir sitzen vor einer Hochhauskulisse. Die Metropole geht nahtlos über in den Strand. Manchmal bin ich einfach nur gerührt angesichts der vielen gut aussehenden jungen Menschen. Als wäre ihr Leben auf den Strand ausgerichtet. Der Strand ist womöglich das Herz dieser Metropole. Vor 70 Jahren noch ging es ums nackte Überleben. Hier kamen sie an: Juden aus ganz Europa, auf der Flucht vor dem Nazi-Terror. Heute wollen extreme Islamisten erneut Juden vertreiben – diesmal vom Strand hinaus aufs Meer. Aber das wird nicht passieren, sagt Yali Sobol.
Yali Sobol: Ich bin da wirklich zuversichtlich. Vielleicht müssen wir noch durch ein paar schmerzhafte Krisen; aber dann werden wir uns zusammenraufen. Ich halte nichts von apokalyptischen Szenarien. Das nützt nur Politikern, die Leute einschüchtern wollen.
Diese Aussage überrascht mich, denn Sobols jüngster Roman ist eine düstere Vision. "Die Hände des Pianisten" spielt in einem Tel Aviv der Zukunft nach dem nächsten Krieg: Tausende von Israelis sterben bei Luftangriffen seitens arabischer Nachbarn. Die Demokratie kollabiert. Der Held des Romans, ein unpolitischer Pianist, will nur noch raus aus Israel.
Yali Sobol: Das ist das erste Mal, dass ich ein politisches Buch geschrieben habe – direkt und unverblümt. Wobei ich schon die persönliche Geschichte eines Paares schreiben wollte, nichts platt Politisches. Was Politik mit Menschen macht, darum ging es mir.
Aber die eigene Regierung zu kritisieren, nicht nur wegen der Nahostpolitik, das ist ein israelischer Volkssport - besonders in Tel Aviv.
Yali Sobol: Tel Aviv ist zur Zeit so attraktiv. Es wird ein bisschen wie New York oder London: eine Stadt der Reichen. Für Künstler wird es immer härter. Viele meiner Freunde sind raus gezogen, weil sie dem wirtschaftlichen Druck nicht mehr standhalten.
Bald könnte Tel Aviv nur noch ein Ort für Wohlhabende sein, der Strand dann kein öffentlicher Raum mehr für alle, sondern nur noch für wenige.
Yali Sobol: In meinen Büchern kommt der Strand immer vor. In meinem ersten Roman gibt es die Szene, in der dieser junge Schriftsteller seine Wohnung verliert. Er geht schwimmen und ertrinkt fast – da drüben an den Wellenbrechern. Und mein dritter Roman "Die Hände des Pianisten" – der endet im Yachthafen, da hinten. Da wo die Boote sind. Der Pianist will sich aus dem Land schmuggeln lassen. Aber ein Polizist erwartet ihn und nimmt ihn fest.
Der Strand ist auch beliebter Schauplatz in seinen Liedern. Yali Sobol zitiert eine Textzeile aus einem Song seiner Band "Monica Sex":
Yali Sobol: "Manchmal schwimme ich auf der Welle, manchmal tauche ich unter – wie auch immer: Ich liebe das Meer."
Und in einem Refrain auf dem jüngsten Album singt "Monica Sex":
Yali Sobol: Lass uns durch die Stadt laufen. Vielleicht landen wir am Strand. Denn immer, wenn wir ohne Ziel durch die Stadt laufen, landen wir am Meer. Also, auf zum Meer.
Yali Sobol: Matkot, Matkot – Strandtennis – das ist ein sehr jüdisches Spiel, dieses Matkot. Weil es keinen Sieger gibt. Und keinen Verlierer. Dieses Spiel hat kein Ende. Es ist wie eine nicht enden wollende Unterhaltung zweier alter Juden. Sie schlagen den Ball hin und her, hin und her. Ohne Ende. Punkte werden nicht gezählt. Es geht nur darum, den Ball in der Luft zu halten. Wer den Ball fallen lässt, fühlt sich schuldig. Es geht um Schuld, deshalb ist es ein jüdisches Spiel. "Oh, sorry, schlecht geschlagen. Ich bin schuld. Mein Fehler. Mein Fehler!" Man hebt den Ball auf und weiter geht's: Tschak, tschak, tschak. "Oh, mein Fehler". Es ist ein zielloses Spiel rund um Schuld.
Musik 2: Adi Ulmansky – Work It
Ein Ausschnitt aus dem Song "Work It" - aus dem Album "Hurricane Girl" von Adi Ulmansky. Alle reden über sie zur Zeit – auch diese beiden: Alma und Lior.
Lior und Alma, junge Tel Avivim, die jobben, um Künstler sein zu können
Lior Abel: Hallo, ich bin Lior Abel. 26 Jahre alt. Aus Tel Aviv. Ich bin Musiker – tagsüber arbeite ich in der Kanzlei eines Patentanwaltes. Und für die Musik bleiben mir nur der Nachmittag und der Abend.
Alma Elliott-Hofmann: Ich bin Alma Elliott-Hofmann. Ich bin auch 26 Jahre alt. Ich schreibe für ein Online-Kultur-Magazin in Tel Aviv. Wer hier jung und Künstler ist, muss einen festen Job haben, um künstlerisch das machen zu können, was einem wichtig ist.
Lior und Alma sind ein Paar. Sie waren meine Gastgeber. Sie vermieten ein Zimmer ihres Apartments an Tel-Aviv-Besucher, um sich etwas dazu zu verdienen. Denn die Stadt macht es jungen Künstlern nicht gerade leicht.
Lior Abel: Das Leben ist wirklich teuer hier. Ich fange morgens um sechs Uhr an in der Kanzlei. Täglich neun Stunden. Und danach kommt die Musik.
Musik: Drunk Machine - Until The Reel
Lior Abel: Ich habe eine Band. Die heißt "Drunk Machine". Wir haben zwei EPs veröffentlicht. Wir spielen im ganzen Land und auf einigen Festivals. Wir sind auch einmal durch Europa getourt. Was wir machen? So Richtung "Alternative Rock"! Wir sind ein Trio: Bass, Gitarre, Schlagzeug. Und wir arbeiten an unserem ersten Album. Ich habe aber auch eine weichere Seite, eher in Richtung Folk.
Liors Haar ist blau-grün gefärbt, Alma trägt gerne lange Röcke. Sie hat sich gerade Schulter und Oberarm tätowieren lassen: mit Care Bears, den guten alten Glücksbärchis aus einer Zeit, als Alma noch nicht geboren war. Die beiden haben mich bei der Musikauswahl beraten. Sie haben mir die Ohren geöffnet für die Musik der ganz Jungen in Tel Aviv. Wie viele ihrer Generation hören sie vor allem Elektro-Pop, Indie-Rock und Alternative Folk. Und da dominiert das Englische.
Alma Elliott-Hofmann: Mainstream-Künstler singen Hebräisch. Nur ganz wenige, die Englisch singen, sind hier erfolgreich. Wer im Radio gespielt werden und von Musik leben will, singt auf Hebräisch. Die meisten zumindest.
Denn die Älteren fühlen sich vor allem in ihrer Landessprache zu Hause, wie überall auf der Welt. Wobei: "Die Akzeptanz für Musik auf Englisch wächst", sagt Alma. Vor allem unter jenen in Tel Aviv, die jung und weltoffen sind.
Musik 3: Lior Abel & Alona Nof - Tonight you belong to me
Dazu gehört auch Lior Abel mit seiner Band "Drunk Machine". Wir hören jetzt eines seiner ruhigeren Stücke: "Tonight you belong to me".
Ein architekturhistorischer Stadtspaziergang mit Shlomit Gross, der Begründerin des Bauhaus Centers
Okay, gehen wir weiter!
Unterwegs in einer Seitenstraße des Dizengoff Boulevards. Ein kalkweiß gestrichenes Gebäude reiht sich an das andere. Der Putz bröckelt. Die schlichte Architektur der Häuser mit schnörkellosen Fassaden und geraden Linien ist typisch für Tel Aviv.
Shlomit Gross: Ich bin Shlomit Gross. Ich bin die Besitzerin des Bauhaus Centers.
Shlomit Gross führt durchs Quartier. Sie hat das Bauhaus Center im Jahr 2000 gemeinsam mit ihrem Mann gegründet. Mit Führungen, Ausstellungen und einem Laden haben sie es geschafft, dass dieses kulturelle Erbe heute in Tel Aviv Beachtung findet– inklusive seiner deutsch-jüdischen Wurzeln.
Shlomit Gross: So, viele Architekten sind hierhergekommen, weil Hitler an die Macht gekommen ist, und es könnte sein, dass, wenn Hitler nicht an die Macht gekommen wäre, dann hätten wir kein Bauhaus hier. Das ist ein Resultat von dieser politischen Situation.
Viele deutsch-jüdische Architekten hatten am Bauhaus in Weimar studiert, beziehungsweise in Dessau und Berlin. Nach ihrer Flucht aus Deutschland haben sie die gesamte Architekten-Szene im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina beeinflusst. Auch nach der Gründung Israels wurde weiter im Bauhaus-Stil gebaut:
Shlomit Gross: Deswegen haben wir nur in Tel Aviv 4.000 Bauhaus-Häuser. Mehr als in anderen Städten in der Welt. Mehr als in Deutschland zum Beispiel, sicher
Diese 4.000 Häuser – sie werden auch Weiße Stadt genannt. Die Weiße Stadt ist Weltkulturerbe. Die Architektur passte zur gesellschaftlichen Stimmung im jungen Israel. Der neugegründete Staat war sozialistisch ausgerichtet.
Shlomit Gross: Das Dach. Immer sie haben überall das Dach war flach. Die Idee war, dass das Dach gemeinsamer Besitz wird. Wieder die sozialistische Ideologie. So, die Waschküche war auf dem Dach. Die Leute haben ihre Wäsche auf dem Dach gemacht, aufgehängt, manchmal sie haben Partys, Hochzeiten auf dem Dach gefeiert. So, es war wirklich gemeinsamer Besitz. Und Israel war am Anfang sozialistisch.
Diese Zeiten sind vorbei, doch eines ist geblieben: Israel erfindet sich permanent neu. Auch in der Stadtplanung. Und weil Israel so klein ist wie etwa das Bundesland Hessen, wollen die Bauherren heutzutage lieber in die Höhe. Das Bauhaus steht da im Wege.
Shlomit Gross: Am Anfang die Leute haben gesagt, es ist besser alles kaputt zu machen, Hochhäuser zu bauen, weil: jedes Stück Land in diesem Ort kostet so viel Geld. Ich glaube, erst in den letzten zehn Jahren haben die Leute verstanden, kann man auch von diesen Bauhaushäusern etwas verdienen.
Dieses Umdenken ist auch dem Bauhaus Center zu verdanken, das sich komplett privat finanziert.
Shlomit Gross: Dieses Haus heißt das Thermometer-Haus, weil: diese Sprossen sehen aus wie ein Thermometer. Auf einer Seite ist es eine Dekoration für das Haus. Auf der anderen Seite, es ist auch funktional. Es gibt Schatten zu dem Fenster.
Shlomit Gross hat länger in der Schweiz gelebt, geboren vor 52 Jahren in Tel Aviv.
Wir stehen vor einem Gebäude: Nichts scheint zusammenzupassen. Alle Erwartungen, wie ein Haus auszusehen hat, sind durchbrochen.
Shlomit Gross: Und man sieht zum Beispiel hier in diesem Haus, dass das Haus ein asymmetrisches Haus ist. Auch hier, es ist nicht symmetrisch. 90 Prozent von den Bauhaus-Häusern sind asymmetrische Häuser. Und warum sie haben asymmetrische Häuser gebaut? Diese Leute wollten die Gesellschaft ändern. So, wenn man etwas ändern will, macht man das umgekehrt von das, was man gemacht hat. So, wenn immer alle waren symmetrisch, jetzt sind sie asymmetrisch. Er wohnt hier. Ma ... (Sie spricht hebräisch.) Beseder. Ciao.
Beseder. Ciao. Abschied vom Bauhaus – und hin zur Musik der Sängerin und Gitarristin Luna Abu Nasser. Sie stammt aus Nazareth, ist arabische Israelin, lebt in Tel Aviv. Sie singt Hebräisch und Arabisch. Und auch wenn Tel Aviv überwiegend jüdisch geprägt ist, nun also eine palästinensisch-israelische Stimme. Luna Abu Nasser und ihr Song Bint Meen, ein arabisches Lied.
Musik 4: Luna Abu Nasser – Bint Meen
Gesamtkunstwerk "Terry Poison": Louise Kahn und die Popkultur in Tel Aviv
Louise Kahn: Alles ist grau, es gibt kein Richtig oder Falsch. Hier kann man das am eigenen Leib erleben. Viele Besucher kommen nach Israel und haben eine feste Meinung. Und wenn sie fahren, sind sie komplett verwirrt. Verwirrung ist gut. Verwirrend – so ist die Welt. Es gibt mehr als Schwarz und Weiß.
Louise Kahn, die Frontfrau der dreiköpfigen Elektroband "Terry Poison". Eine Band, die in ihren Videos oder auf der Bühne exaltiert wirkt: schrille Kleidung, schrille Frisuren, schrille Show. Wir sitzen - gar nicht exaltiert – in Louise Kahns Wohnung in einem ruhigen Wohnviertel mitten in Tel Aviv und denken nach über Pop und Startups.
Terry Poison ist inzwischen mehr als eine Band. Die drei haben monatelang experimentiert an der Schnittstelle von Musik und Technologie. Ihre neueste Idee: ein interaktives Musikvideo. Die Zuschauer können spielerisch ins Video eingreifen.
Louise Kahn: Wir verkörpern etwas von dieser Energie hier. Jeder baut gerade ein Startup-Unternehmen auf; jeder hat eine Band. Ich bin viel rumgekommen, kenne aber keinen Ort mit so viel Unternehmergeist. Auch unsere Band - für mich ist das so was wie ein Startup. Das ist typisch Tel Aviv: Wir machen einfach. Auch wenn nicht ganz klar ist, was draus wird. Denn Fehler gibt es nicht, nur lebenslanges Experimentieren.
Louise Kahn ist um die 30, sie hat weißblondes Haar, ist geboren im norwegischen Trondheim. Ihre Eltern sind nach Oslo gezogen, wo die jüdische Minderheit nicht ganz so klein ist wie in Trondheim. Doch das reichte Louise Kahn nicht, sie wanderte aus: nach Israel. Mit 18 Jahren. Allein. Sie konnte kein Wort Hebräisch.
Louise Kahn: Folge Deinem Traum; dass Du lebst, ist nicht selbstverständlich! Diese Haltung ist überall präsent – deswegen bin ich hier hin gezogen, vor 13 oder 14 Jahren. Damals ist die Intifada ausgebrochen. Die Wirtschaft kollabierte, der Shekel stürzte ab. Eine harte Zeit. Aber anstatt in Depression zu verfallen, wie das weltweit geschieht in Rezessionszeiten, geschah hier das Gegenteil. Jeder gründete eine kleine Firma. Deshalb ist Tel Aviv heute so attraktiv. Und ich bin stolz dazuzugehören. Diese Innovationskraft erstaunt mich immer wieder.
Terry Poison hat auf internationalen Festivals gespielt. Die Band war Vorgruppe von Depeche Mode.
Louise Kahn:Wir arbeiten immer in einem internationalen Kontext. Anders kann ich nicht leben. Denn Israel ist eine Insel. Eine großartige Insel, aber eine kleine Insel. Israel ist meine Heimat. Punkt. Als Kreative muss ich aber immer wieder meinen Horizont erweitern. Sonst werde ich depressiv. Deshalb ist es gut – auch für das ganze Land –, dass so viele Leute eine Zeitlang weggehen, um dann wieder zurückzukommen.
Terry Poison wirkt auf den ersten Blick wie eine Fun-Band. Pop pur. Doch auch und gerade in Israel kommen Künstler an politischen Fragen nicht vorbei.
Louise Kahn: Wir werden immer mit diesen Fragen bombardiert. Weil wir nun mal aus einer Gegend kommen, in der es viele Konflikte gibt. Als Band denken wir uns dann: Müssen wir das beantworten? So Fragen wie: Seid Ihr Pazifisten? Als sähe ich aus wie ein Warlord. Manchmal sind wir richtig sauer: Mann, wir sind eine Popband! Wir singen über die Liebe und das Leben. Dann sagen wir uns aber: Sich politisch zu äußern – das ist Teil unserer Verantwortung. Ich will ja nicht verbergen, dass ich aus Israel bin. Einige Künstler tun das. Ich finde das idiotisch. Ich bin stolz auf vieles hier. Tel Aviv ist Kunst, Tel Aviv ist das pralle Leben. Und wo so ein Lebenswille ist, wo so viel Kunst ist – da wird es irgendwann Frieden geben. Oder zumindest Normalität. Ganz klar! Auch wenn es Zeit braucht. Und in diesem Sinne ist unsere Kunst politisch. Ich singe zwar nicht von der Besatzung oder vom palästinensisch-israelischen Konflikt. Das wäre für mich als Künstlerin sinnlos. Aber was hier in Tel Aviv an Kunst entsteht, das wird auf lange Sicht vieles verändern.
Musik 5: Terry Poison – Gorgeous
Und das war "Gorgeous" von Terry Poison.
Ihr Klassiker in Tel Aviv: die Illustratorin und Comic-Künstlerin Rutu Modan über den Trumpeldor Friedhof
Rutu Modan: Ich bin Rutu Modan. Ich bin Comic-Künstlerin, und ich mag Friedhöfe – besonders alte. Wir sind auf dem Trumpeldor-Friedhof. Er ist mehr als 110 Jahre alt. Viele berühmte Menschen sind hier begraben. Ein kleiner Friedhof - mitten in Tel Aviv, umgeben von Wohnhäusern.
Rutu Modan ist in Israel die Nummer Eins unter den Comic-Autoren. Und sie spielt auch international mit in der Ersten Liga, spätestens seit ihrer Graphic Novel "Das Erbe". Darin sucht eine junge Israelin gemeinsam mit ihrer Großmutter nach ihren Wurzeln in Polen. Auf dem Cover: ein katholischer Friedhof in Warschau im dunklen November.
Und wir stehen hier in der Sonne in einem jüdischen Gräberfeld. Hier gibt es keinen Grabschmuck. Alles ist steinern. Und überall diese - für mich - unlesbaren Schriftzeichen. Direkt hinter der Friedhofsmauer stehen Wohnhäuser und ein paar Hotels. Flugzeuge fliegen über uns hinweg. Und doch ist es ruhig. Sehr ruhig.
Rutu Modan: Ich mag das, dass dieser Friedhof mitten in der Stadt liegt. Wir sind hier umgeben von den Seelen der Toten. In gewisser Weise leben sie weiter; hier sind sich Tote und Lebende nah. Diese Verbindung zur Vergangenheit - die kann ich spüren.
Auf einem Friedhof spazieren zu gehen – das findet Rutu Modan alles andere als traurig.
Rutu Modan:Es gibt eh kein Happy End. Der Mensch stirbt. Das ist ein Problem. Und Ironie und Humor sind der einzige Weg, das zu überleben. Um nicht durchzudrehen.
Sie kichert oft, wenn sie liest, wie die Verstorbenen auf den Grabsteinen beschrieben sind. Kleine Geschichten, die ihre Fantasie freisetzen.
Rutu Modan: Hier: Heinrich Steiner. - Er kam wohl aus Deutschland. - Da steht auch sein hebräischer Name. - Ein Schriftsteller. - "Ein wahrer Kämpfer für Zion, für Israel, für die Einheit der Nationen." - Wahrscheinlich ein Kommunist. - "Er fand Frieden und starb in dem Land, das er liebte. Er starb 1933."
Rutu Modan ist Professorin für Illustration an der Kunstakademie Bezalel in Jerusalem. Dort hat sie auch studiert. Sie lebt aber in Tel Aviv mit ihrer Familie, hat zwei Kinder.
Rutu Modan: Ich liebe diese Stadt. Für mich ist sie perfekt - auch, weil alle Hebräisch sprechen. Dort zu leben, wo meine Muttersprache gesprochen wird - für mich als Schriftstellerin ist das wichtig. Tel Aviv ist klein und groß zugleich. Tel Aviv ist einerseits eine sehr freie, offene, pluralistische Stadt, aber die Leute halten auch zusammen.
Rutu Modan hat für die "New York Times", den "New Yorker" und "Le Monde" gezeichnet, ihre Geschichten sind komplex und mehrdeutig. Vor 20 Jahren hat sie ein Verlagshaus für Comicautoren mitgegründet. "Actus Tragicus" war der Startschuss für die israelische Comic-Szene – die es aber rein wirtschaftlich nicht immer leicht hat.
Rutu Modan: Die Szene ist sehr lebendig und voller Energie. Es geht wirklich voran. Allerdings nur in künstlerischer Hinsicht. Nicht mit Blick auf den Markt.
Und das ist eher alte israelische Schule: Ehud Banai singt seinen "Blues Knaanite"
Musik 6: Ehud Banai: Canaanite Blues
Artport – das Künstlerrefugium im Süden Tel Avivs
Vardit Gross: Also, mein Name ist Vardit Gross. Ich bin Direktorin des Artports. Das ist eine Künstlerresidenz. Gegründet 2012. Es gibt nichts Vergleichbares in Israel. Vor allem nicht für israelische Künstler.
Vor meinem Treffen mit Vardit Gross hatte ich schicke Lofts erwartet. Jetzt stehen wir in einer Industrie-Brache im Süden Tel Avivs - zwischen Büro-Containern. An den Wänden: Graffiti. Zwischen den Containern: Blumenkübel und lange Tische.
Vardit Gross: Das war mal das Gelände eines Telefon-Anbieters. Die haben ihre Container zurück gelassen, und wir haben die in Ateliers umfunktioniert. Wir haben hier sechs israelische Künstler, für je ein Jahr. Und wir laden internationale Künstler ein – für je drei Monate. Das ist eine interessante Mischung.Israelische Künstler haben einen speziellen Blick, wenn es um Politik geht. Israel ist ein rauer und sehr politischer Ort. Wenn israelische Künstler Politik außen vorlassen, dann ist das auch ein politisches Statement.
Und nur wenige israelische Künstler können allein von ihrer Kunst leben, sagt Vardit Gross. Hier im Artport sollen sie zumindest ein Jahr lang an nichts anderem arbeiten müssen als an ihren Ideen. Die Künstler bekommen nicht nur das Studio, sondern auch ein monatliches Stipendium. Möglich macht das eine Stiftung.
Vardit Gross: Also, einer unserer Künstler ist Guy Pitchon. Er ist Skater und Fotograf. Er kann auch tätowieren. Und er hat ein gutes Karma.
Und was für eines: Von seinem Skateboard ist er kaum zu trennen. Er hat einen Drei-Tagebart und Tattoos an den Waden. Er lächelt viel – über sich und andere. Seit rund 20 Jahren fährt Guy Pitchon Skateboard. Seit er zwölf ist. Als er volljährig wurde, fing er an zu fotografieren. Bei der Armee drohte er durchzudrehen. Seine Dienstzeit wurde verkürzt. Dann fotografierte er für Magazine und Werbeagenturen. Beim Kunststudium schlug ihm ein Professor vor, sich mehr mit den Folgen des Skatens zu beschäftigen. Das hat er getan.
Guy Pitchon: Das ist das Foto eines Jungen mit aufgeplatzter Augenbraue. Das Blut fließt. Eine Nahaufnahme. Vielleicht will ich meine Kindheit auf dem Skateboard dokumentieren – und fotografiere die Kids, die ein bisschen so sind wie ich damals.
Ich kann es in Guy Pitchons Bildern deutlich sehen: Da ist Vertrauen. Sonst gäbe es dieses Foto nicht – blutüberströmt. So auch bei den Tattoos.
Guy Pitchon: Ich tätowiere nur eigene Entwürfe. Wer ein Tattoo haben will, kriegt auch eins. Alles inspiriert von der Straße.
Guy Pitchon: hat in vielen Teilen Tel Avivs gewohnt. Als Kenner der Straße weiß er, welche Ecke der Stadt gerade cool ist.
Guy Pitchon: Neve Zedek ist schick: viele Mütter mit großen SUVs in kleinen Straßen. Da hat jemand wie ich nichts verloren. Schicke Cafes und Touri-Kram. Hübsch und teuer.
Dann also Florentin.
Guy Pitchon: Florentin – das Versprechen, das niemals wahr wird. Seit 15 Jahren sagt die Stadt: Jetzt geht es voran im Florentin. Aber nichts passiert. Dennoch glauben alle: Das ist das nächste große Ding. Das war mal eine richtig schlimme Gegend. Jetzt sind viele Künstler da – die Preise steigen – und wir Künstler können es uns nicht mehr leisten und ziehen noch weiter nach Süden. Ein Kreislauf.
Dann eben Jaffa.
Guy Pitchon: Jaffa – ich bin gerade erst hingezogen. Für mich eine Premiere. Im Grunde ist es ein arabisches Viertel.
Guy Pitchon kann sich nicht vorstellen, woanders als in Tel Aviv zu leben. Doch für ihn als Künstler ist es nicht leicht, hier zu sein. Noch nie konnte er sich ein eigenes Atelier leisten. Er musste immer zu Hause arbeiten. Das hat ihn eingeschränkt. Jetzt wagt er sich an größere Arbeiten. Das Jahr im Artport sei künstlerisch sein bestes Jahr, sagt er und genießt das: acht Stunden Arbeit am Tag auf dem Gelände. Mindestens.
Musik 7: Rotem Or – Secret Particles
Die Filmemacherin Hilla Medalia im Corso-Gespräch über das israelische Filmwunder
"Secret Particles" hieß der Song von "Rotem Or" – geheime Teilchen, um die geht es auch im Corso-Gespräch. Oder genauer: um ein Wunder. Filmkritiker rund um den Globus sprechen vom israelischen Filmwunder. Die meisten israelischen Filmemacher leben in Tel Aviv. So auch Hilla Medalia, die deutsche Vorfahren hat. Sie ist Dokumentarfilmerin, hat lange in New York gelebt, jetzt mit kleinem Kind wieder in ihrer Heimat. Ihre Doku "Dancing in Jaffa" hält allen Konflikten zum Trotz fest an der Vision: Palästinenser und Israelis können sich zusammenraufen. Ein Corso-Gespräch mit Hilla Medallia über Friedensgeschichten, ihren eigenen Weg zum Film und die boomende israelische Szene. Und als Erstes habe ich sie gefragt, ob das Filmwunder wirklich ein Wunder ist oder ob dieses Phänomen andere Gründe hat?
Hilla Medalia: Filmemacher überall auf der Welt denken nach über das, was um sie herum passiert. Das liegt in der Natur der Sache. Wir leben an einem Ort voller Spannungen. Israelische Filme reflektieren das. Außerdem zieht die Region internationale Aufmerksamkeit auf sich. Also interessiert sich die ganze Welt für unsere Filme.
Andreas Main: Dieses Phänomen finde ich manchmal etwas problematisch. Viele israelische Filme scheinen Erwartungen des westlichen Publikums zu bedienen. Kriegen nur linke Regisseure eine Chance auf dem internationalen Kinomarkt?
Hilla Medalia: Also, erstens gibt es eine große Vielfalt im israelischen Film. Und dass es möglich ist, unsere Gesellschaft zu kritisieren – darauf bin ich stolz. Unsere Demokratie funktioniert. Und es werden auch Filme produziert, die nicht so kritisch sind. Aber je kritischer, desto besser kommen sie an im Westen.
Andreas Main: Sie waren dreimal nominiert für einen Emmy-Award, Sie haben viele Preise gewonnen und an wichtigen Filmfestivals teilgenommen – wie etwa Sundance, Cannes oder München. Auch mit ihrem Dokumentarfilm "Dancing in Jaffa". Es geht um jüdische und arabische Kinder in Tel Aviv beziehungsweise in Jaffa, die gemeinsam tanzen lernen – jenseits aller Feindschaft. Dieses Emotionale – ist das Ihr spezieller Stil – oder ist das einfach der Nahe Osten?
Hilla Medalia: Also, ich erzähle diese Geschichten von einem eher persönlichen Standpunkt aus. Mich interessieren die Menschen und ihre Geschichten. Zum Beispiel 2007 mein Debüt: "To Die in Jerusalem" – "Sterben in Jerusalem". Es geht um einen Anschlag, bei dem sich 2002 ein palästinensisches Mädchen in einem Supermarkt in die Luft gejagt hat und wo auch ein israelisches Mädchen starb. Die beiden sahen sich ähnlich. Der Film ist wie eine Reise – bis die beiden Mütter der toten Mädchen sich schließlich begegnen. Auf diese beiden Frauen kam es mir an. Das verbindet meine Filme: Das Leben erzählt Geschichten, die viel größer sind als die, die wir uns ausdenken. Dieser persönliche Erzählstil macht es den Zuschauern auch leichter, sich mit den Helden meiner Filme zu identifizieren. Und ja, es ist der Nahe Osten, es geht um jüdische und palästinensische Israelis und das, was sie beschäftigt: Hass, Vorurteile, Gentrifizierung. Aber das sind Probleme, die gibt es überall.
Andreas Main: Sie sind in einem Vorort von Tel Aviv aufgewachsen. Aber sie haben in den Vereinigten Staaten Film studiert. Ist das ein Teil Ihres Erfolgs?
Hilla Medalia: Ich bin in Israel aufgewachsen. Direkt nach dem Militärdienst habe ich ein Stipendium für die USA bekommen. Das kam so: Ich war Athletin in der Armee. Ich war Dreispringerin in der Nationalmannschaft. Und dann bekam ich das Sport-Stipendium. Damit konnte ich an einem US-College studieren. Nach dem Film-Studium habe ich auch gearbeitet in den USA. Klar, ich weiß, wie der amerikanische Markt funktioniert; und ich habe gute Kontakte. Jetzt bin ich wieder hier in Tel Aviv. Wo man gerade lebt, das wird in der digitalen Welt immer unwichtiger. Als Filmemacher muss man eh viel reisen. Und dann ist es immer wieder schön, zu Hause zu sein.
Andreas Main: Es gibt die israelische Fernsehserie Hatufim – die wurde in den USA von HBO adaptiert: als "Homeland". Dann war da "Be Tipul", daraus wurde die HBO-Serie "In Treatment". Die lief in Deutschland auf ARTE. Israel ist ausgesprochen erfolgreich auf diesem Serienmarkt. In Deutschland haben wir keine Serie, die international so gut funktioniert. Was machen Israelis richtig, was wir falsch machen?
Hilla Medalia: Weil Israel so klein ist – und die Budgets auch –, gilt es immer, ins Ausland zu schauen. Israelische Serien-Macher orientieren sich immer am internationalen Markt. Und der Erfolg von Serien wie "Hatufim" und "Be Tipul" – das inspiriert natürlich. Da sagen sich manche: Das will ich auch. Und dann konzentrieren sich noch mehr Kreative darauf: Was könnte außerhalb Israels funktionieren?
Andreas Main: Mal losgelöst von Serien: Was ist Ihre Empfehlung fürs deutsche Publikum, auch für jene, die nicht so vertraut sind mit der israelischen Filmlandschaft?
Hilla Medalia: Also, ich empfehle einen großartigen, kleinen Film, den es in Deutschland auf DVD gibt. Und zwar "Life in Stills" von Tamar Tal. Es geht um einen Fotoladen in Tel Aviv und um die Beziehung einer Großmutter zu ihrem Enkel. Ein lustiger Film, der auch schön Tel Aviv widerspiegelt – und die Vielfalt von Charakteren, die hier leben.
Autor: Hilla Medialia war das im Corso-Gespräch. Und um Vielfalt geht es auch bei der nächsten Band: Das ist System Ali, eine zehnköpfige HipHop-Formation, die auf Russisch, Englisch, Hebräisch und Arabisch singt.
Musik 8: System Ali - War / Vayina
Startup Nation – der kulturelle Humus der Kunst- und HighTech-Szene
Oren Zuckerman: Ich bin Oren Zuckerman. Ich bin Gründer des miLAB, des Media Innovation Labs – hier am IDC.
Wir laufen über den Campus des IDC. Studenten sitzen im Gras. Bäume spenden Schatten. Was mal eine Kaserne war, sieht heute aus wie ein Sommercamp.
Oren Zuckerman: Technik muss nicht in die Isolation führen. Sie kann Menschen menschlicher machen. Wir entwickeln Technologien, die uns gesünder machen, Kommunikation verbessern oder die Beziehung von Kindern und Eltern intensivieren.
Wir sind am miLab angekommen: 30 Studenten sitzen zusammen in einem Glaskasten, höchstens 40 Quadratmeter groß. Sie kommen aus drei Fakultäten: Informatik, Psychologie und Kommunikationswissenschaft: Ein Jahr lang arbeiten sie zusammen an verschiedenen Prototypen. Orad Weisberg, ein junger Dozent mit Fünftagebart, erklärt eines der Projekte – nämlich Twigger:
Orad Weisberg: Die Studenten haben eine Konsole entwickelt. Das blaue Ding da in ihren Händen ist eine Art Fernbedienung. Und sie passt in Kinderhände. Sie hat Ausbuchtungen. Kinder können die Finger da reinlegen. Es ist ein Spiel, mit dem sie ihre feinmotorischen Fähigkeiten verbessern können: Schuhe zubinden oder Jackenknöpfe zumachen – das wird spielerisch nachgeahmt.
Noch ist Twigger kein Produkt. Viele Absolventen aber machen aus ihren Projekten vielversprechende Startups.
Amit Golan: Ich bin Amit Golan. Ich lebe in Tel Aviv. Ich habe ein Startup-Unternehmen gegründet. Es heißt Spoteam. Ich habe hier studiert und vorher fast fünf Jahre in der Armee gedient. Jetzt bin ich 28 und arbeite seit zwei Jahren für mein Startup.
Spoteam wird den Nutzern aus der Masse der Internet-Videos die empfehlen, die zu ihnen passen.
Amit Golan: Wenn man einen Artikel liest in einer Zeitung oder im Internet, liest man erst die Überschrift. Dann entscheidet man, ob man weiter liest oder nicht. Bei Videos gibt es diese Möglichkeit nicht. Bisher. Wir durchkämmen die ganze Welt der Internetvideos und zwar automatisch.
Ortswechsel. Ein Café. Ich treffe einen Mann, der hauptberuflich die Startup-Szene beobachtet.
Saul Singer: In Hollywood dreht sich alles um Filme. In Hollywood wollen also alle Kellner Schauspieler werden. Und hier in Tel Aviv haben alle Kellner Ideen für Startups. Hier dreht sich alles um HighTech. Auch Theatermacher und Musiker mischen da mit. Die Grenzen zwischen Tech-Szene und Kunst-Szene – sie bröckeln.
Sagt Saul Singer. Er hat das Buch "Startup Nation" geschrieben. Es ist übersetzt in rund 30 Sprachen. Saul Singer hält Vorträge in aller Welt. Ihm geht es um die Frage, warum ausgerechnet ein kleines, junges Land mit acht Millionen Einwohnern, das von Feinden umgeben ist, mehr Startup-Unternehmen hervorbringt als etwa Japan, China oder Großbritannien. Einer der Gründe:
Saul Singer: Das Chaos hier. Wir mögen das Chaos, die Unsicherheit – und dass wir uns ständig neu erfinden. Und diese Mentalität, gerne Probleme zu lösen, dieses Nicht-Zufriedensein mit dem Status Quo – das schafft sowohl Chaos als auch Innovation.
Saul Singer, der vor 20 Jahren aus den USA nach Israel zog, führt viele Gründe an, warum es in Israel so viele Startups gibt. Einer sei noch abschließend genannt. Und der fällt in Tel Aviv besonders auf, ein Grund, der am Ende meiner Reise auch ganz gut auf den Punkt bringt, was Tel Aviv für mich zu einem inspirierenden und aufregenden Ort macht. Vielfalt und Individualität gehen hier zusammen mit Gemeinsinn.
Saul Singer: Hier leben extrem viele Kulturen zusammen. Das Jüdische verbindet uns. Die Menschen kommen aber aus hundert verschiedenen Ländern, mit völlig unterschiedlichem kulturellem, sozialem und wirtschaftlichem Hintergrund. Da entsteht kulturelle Synergie. Das gilt für ganz Israel und besonders für Tel Aviv.
Musik 9: Malox – Thai Long