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Israels Botschafter Prosor
„Der dunkelste Tag in der jüdischen Geschichte“

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, sieht durch den Überfall der Hamas auf Israel eine "Zeitenwende" im Nahen Osten. Er kündigte an, Israel werde beim Kampf gegen die Hamas alles dafür tun, dass Unschuldige nicht verletzt würden.

Ron Prosor im Gespräch mit Sebastian Engelbrecht |
Ron Prosor, Botschafter Israels in Deutschland, steht vor einer israelischen Flagge und gestikuliert mit den Händen.
Der Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor, fordert von Katar, die Finanzierung der Hamas zu stoppen. (picture alliance / dpa / Fabian Sommer)
Der Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor, hat den Überfall der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung als „Zeitenwende“ in Israel und im Nahen Osten bezeichnet. Nichts werde von jetzt an mehr so sein wie vorher, sagte Prosor dem Deutschlandfunk. Der 7. Oktober sei der „dunkelste Tag in der jüdischen Geschichte“. „Barbaren“ hätten gegen die Zivilisation gehandelt.
Laut Prosor konzentriert sich Israel jetzt darauf, die Infrastruktur der Hamas zu zerstören. Dabei werde man alles tun, „damit Unschuldige nicht verletzt“ würden, sagte der Botschafter. Wenn die Bevölkerung des Gazastreifens unter den Luftangriffen Israels leide, seien nur die Hamas und ihre Führung und "niemand anders" dafür verantwortlich.

„Ideologie der Hamas vernichten“

Prosor betonte, der jüdische Staat sei gegründet worden, „damit wir diese grausamen Dinge nie wieder sehen“. Man werde sich nie wieder in eine Situation begeben, in der „diese Barbaren Juden hinrichten, schlachten und ihre Häuser in Brand setzen“.

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Die Ankündigungen der Hamas, Israel auslöschen zu wollen, seien kein „Kettengerassel“. Es habe sich gezeigt, dass man diese Ideologie nicht verharmlosen dürfe: „Diese Ideologie muss man ganz klar vernichten.“
Die Männer der Hamas seien keine Kämpfer, sondern Terroristen, sagte Prosor. Sie hätten in Israel „schlimmer als der Islamische Staat“ gehandelt. Prosor sagte wörtlich: „Niemand hat das Recht, noch weiterzuleben, der diese Taten getan hat.“

Katar müsse Finanzierung der Hamas stoppen

Der Botschafter zeigte sich enttäuscht, dass der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, den „bestialischen, grausamen“ Angriff der islamistischen Hamas auf Israel nicht verurteilt habe. Auch Ägypten, Jordanien und Katar hätten dies nicht getan, kritisierte der Botschafter.
Katar bezeichnete Prosor als „Club Med of Terror“: Das Land müsse die Finanzierung des Terrors der Hamas stoppen, forderte er. Die Hamas habe den Zement, der nach Gaza geliefert worden sei, nicht für den Bau von Schulen, Moscheen und Krankenhäusern verwendet, sondern damit ein Tunnelsystem für seine militärische Infrastruktur errichtet - und aus geliefertem Stahl für den Hausbau hätten die Islamisten Waffen hergestellt.

Das Interview im Wortlaut

Sebastian Engelbrecht: Herr Botschafter, haben die israelischen Geheimdienste und die israelische Armee versagt? Sie waren ja durch die Ägypter gewarnt und informiert, gewarnt worden vor einem großen Angriff der Hamas.
Ron Prosor: Ich glaube, dass die Frage eine gute Frage ist und wir werden dieser Sache natürlich nachgehen. Sie kennen uns. Wir werden uns sehr gut im Spiegel sehen und wir werden uns mit dieser Sache auseinandersetzen, aber nicht jetzt. Jetzt ist es klar, dieser Terrorangriff der Hamas verändert, aus meiner Sicht, alles. Das ist ein Wendepunkt in der Art und Weise wie wir, unsere Nachbarschaft … und ich hoffe, dass auch dieser Wendepunkt in Europa und in westlichen demokratischen Staaten auch stattfindet.
Ich glaube sogar, dass das eine Zeitenwende ist in Israel und in unserer Region. Warum? Weil ab jetzt wird nichts, aber gar nichts sein wie vorher. Nicht in Israel. Und ich hoffe ganz sicher nicht im Gazastreifen und auch in der Welt. Und wir beginnen, glaube ich, wenn ich das jetzt mal direkt analysiere, gerade erst aus unserem Albtraum auf der einen Seite und auch dieser Traum, den wir als Paradigmen irgendwie jahrelang … wo wir mit denen irgendwas machen können.
Das sind Barbaren. Was sie getan haben, muss wirklich geteilt … Zivilisation und Barbaren. Was sie getan haben … natürlich wird der Samstag, der 7. Oktober der dunkelste Tag in der jüdischen Geschichte sein, und wir werden noch jahrelang darüber sprechen. Aber aus meiner Sicht ist es auch eine Zeit, wo wir ganz klar – und die Welt –, dass Terroristen wie Hamas, diese Ideologie nicht verharmlost sein kann.

Hamas für Leid der Bevölkerung verantwortlich

Engelbrecht: Für Golda Meir war der Jom-Kippur-Krieg 1973 der Anfang vom Ende ihrer politischen Karriere oder ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin. Muss nicht Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aus diesem Scheitern auch die Konsequenz ziehen und zurücktreten?
Prosor: Wie gesagt, also wer dafür zuständig war, werden wir ganz klar … Sie kennen uns. Wir werden der Sache ganz klar nachgehen. Aber heutzutage müssen wir mit unserer Realität also wirklich darüber uns selber und auch … die Welt muss verstehen, dass wieder … wir können jetzt nicht über Frieden sprechen und was in der Zukunft, obwohl es intelligente Leute eigentlich tun sollen. Nicht? Aber nein, hier muss es klar werden, dass Hamas-Infrastrukturen und Hamas selber mit wirklich zynischem Kalkül … also, es ist ganz klar, dass sie verstanden haben, dass das Wohl ihrer eigenen Bevölkerung … für die ist das vollkommen egal. Und wie der Bundeskanzler übrigens in der Regierungserklärung, die wirklich zur Sache war, sagte: Hamas bietet – und das sage ich auch – der eigenen Bevölkerung nichts als Armut und Leid.
Und das ist das Einzige, was sie anbieten können. Und Sie wissen, also es gab die zwei Grenzübergänge, wo Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente … die haben beide Grenzübergänge in die Luft gesprengt und natürlich sind sie ja so zu uns gekommen in diesen Massen durch diese Grenzübergänge. Das heißt, die Bevölkerung wird noch mehr leiden. Das muss man ehrlich sagen. Und dafür ist die Hamas und die Hamas-Führung verantwortlich – niemand anders.
Engelbrecht: Jetzt aktuell leidet die palästinensische Bevölkerung natürlich auch unter den israelischen Luftangriffen. Ist das überhaupt sinnvoll? Die israelische Armee hat in den vergangenen Tagen mehr als 2000 Ziele angegriffen. Sind das wirklich alles militärische Ziele?
Prosor: Hier muss ich etwas ganz klarstellen. Ich habe es gesagt und ich wiederhole es, weil vielleicht Sie und andere das nicht wirklich gehört haben. Nichts wird sein wie vorher. Und wir sind jetzt konzentriert ganz klar gegen die Hamas-Infrastruktur … alles das zu zerstören. Wir sind in einem demokratischen Staat. Wir werden alles tun, damit Unschuldige wirklich nicht verletzt sind. Aber das ist jetzt etwas völlig anderes. Wir haben gesehen … denken Sie einmal nach.
Der jüdische Staat wurde gegründet, damit wir das, was wir gesehen haben, diese grausamen Dinge, nie wieder sehen. Also, übrigens dieser Satz "Nie wieder", nie wieder werden wir uns wieder in eine Situation geben, wo diese Barbaren eigentlich Juden hinrichten, schlachten und ihre eigenen Häuser in Brand stecken – nie wieder. Und Sie sehen, also, es ist Wut auf meiner Seite. Es ist Wut, weil es wirklich, jeder Mensch, der ein Mensch ist, kann das, dieses barbarische Verhalten … also, ich habe überhaupt keine Worte, um das übrigens zu erklären. Und es kann nicht…, dass wir jetzt wieder zu diesem, also, ja, was in der … und zwei Seiten und Spirale der Gewalt. All diese Begriffe sind jetzt nicht am Tisch.

"Das tun, was wir längst tun hätten müssen"

Engelbrecht: Wie will Israel jetzt denn die Sicherheit seiner Bevölkerung wiederherstellen, militärisch? Muss das eine Bodenoffensive sein?
Prosor: Wir werden alles tun, um diese Infrastruktur zu beseitigen, wenn es auch Bodentruppen … das heißt, das muss jeder verstehen. Das sind unsere eigenen Söhne und Töchter. Die werden hineingehen, um diese Infrastruktur zu beseitigen. Wie wir es tun, wann wir es tun, das überlasse ich natürlich denjenigen, die jetzt dafür zuständig sind. Aber es ist klar, das Ziel ist, Hamas-Infrastruktur zu zerstören, damit sie in der Zukunft nicht die militärische Fähigkeit haben, das zu tun, was sie getan haben.
Engelbrecht: Entscheidend wird ja sein, das unterirdische System, ein Tunnel-System, das die Hamas errichtet hat und in dem ihre Kämpfer agieren, zu zerstören, ein System aus Tunneln und Bunkern im Gaza-Streifen. Die Hamas agiert ja sinnbildlich im Untergrund. Also, ist das überhaupt möglich, so ein System zu zerstören? Es ist ja auch bisher nicht gelungen.
Prosor: Es ist bisher nicht gelungen, weil wir nicht das als Ziel gesetzt haben. Und wenn wir darüber, über diesen Tunnel mal sprechen, denken Sie mal nach, all dieser Beton oder Zement, der in Gaza hineingegangen ist – von wohlhabenden Leuten – dieser Beton und Zement, statt Schulen und Moscheen und Krankenhäuser zu bauen, ist, um diese Tunnels zu bauen. Jeder Stahl, der hineinging, um Häuser zu bauen, Raketen, Waffen, da muss ein Ende sein. Schwierig, natürlich ist es schwierig. Aber wer … also, letztendlich müssen wir das tun, was wir längst tun hätten müssen.

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Engelbrecht: Aber die Frage ist doch, lassen Sie uns noch ein bisschen bei der militärischen Seite bleiben: Ist das möglich? Kann Israel diesen Krieg gewinnen?

Kritik an Mahmud Abbas: "kein Mucks"

Prosor: Natürlich können wir diesen Krieg und wir werden diesen Krieg gewinnen.
Engelbrecht: Aber sie führen den doch schon seit 2005.
Prosor: Ja, aber diesmal … wir haben also immer in der Vergangenheit gesagt, ja, sie werden es verstehen, sie haben es verstanden, wir werden jetzt mit mehr Arbeitsgenehmigungen – übrigens in Klammern, damit die Leute wissen – der Freitag vor diesem Angriff, bestialischen Angriff haben wir 18.500 Arbeitsgenehmigungen gegeben für Leute, Bevölkerung in Gaza, damit sie in Israel arbeiten. So denken normale Menschen, normale Demokraten. Nein – wir müssen also unsere Denkweise völlig ändern. Also, diese Hamas-Führung … klar, übrigens, das habe ich mir versprochen, von jetzt an werde ich diese Ideologie von Hamas und auch von den anderen nicht verharmlosen. Das heißt, sie sagen es, sie schreiben es: Sie wollen Israel auslöschen. Sie wollen uns ins Meer werfen. Sie sagen – und ich zitiere: „Jeder Jude, der sich versteckt hinter einem Baum, soll hingerichtet werden.“ Und was haben wir gesagt? Ja, Kettengerassel. Die werden es verstehen. Also, wenn man denen jetzt Arbeit gibt, dann wird es besser. Nein. Diese Ideologie muss man ganz klar – es tut mir leid – vernichten. Diese Ideologie kann nicht mehr da sein. Und übrigens auch diejenigen, die das irgendwie erklären, warum und wieso und welche Umstände – nein, so was kann nicht da sein. Und übrigens, es tut mir … ja. Man muss auch sehen, wer dieses Bestialische, Grausame, wer das nicht verurteilt hat. Und Nr. 1 ist natürlich Mahmud Abbas. Kein Mucks – kein Mucks. Das ist die palästinensische Gesellschaft.
Engelbrecht: Also, Sie meinen den Palästinenserpräsidenten, der in Ramallah sitzt und der Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde ist?
Prosor: Genau. Kein Mucks – gar nichts, hat gar nichts verurteilt. Und er muss sich wirklich … er muss sich schämen. Es ist beschämend. Und er ist nicht der einzige. Also, obwohl ich 65 Jahre alt bin und ich höre nicht so gut – keine Verurteilung aus Ägypten, gar nichts aus Jordanien, auch nicht aus Katar. Und wir hören sehr gut zu. Diejenigen, die solche menschlichen, verbrecherischen, unhumanitären Dinge getan haben, wenn Leute das nicht verurteilen können, also auch … denken Sie mal nach. Im religiösen Sinne, ja, das sind wirklich Moslems, die da … Hamas ist wie IS. Das ist der Vergleich. Und die sind schlimmer als IS. IS kann also davon noch lernen. Wirklich grausam.

Kritik an Begriffen "Militante" und "Kämpfer" in den Medien

Engelbrecht: Sie erwähnten eben die 18.000 Arbeiter, denen Israel jüngst die Genehmigung erteilt hat, in Israel zu arbeiten. Stimmt es, dass unter denen auch welche sich an den Ereignissen am 7. Oktober und den Tagen darauf beteiligt haben?
Prosor: Die Antwort ist: ja. Es gab diejenigen, die die Gelegenheit genutzt haben – es waren nicht nur Terroristen – übrigens, man muss auch den Medien … wirklich, also den Begriff Militante oder Kämpfer rausnehmen. Das sind keine Militanten, auch keine Kämpfer. Das sind Terroristen und, ja, es gibt … ich weiß nicht jetzt in Zahlen, aber wir wissen genau, dass mit Hamas auch Teile der Bevölkerung aus Gaza das benutzt hat und in Häuser hineinzugehen, Dinge, Möbel und andere Dinge nach Hause zu nehmen und natürlich alles andere auch in Brand zu stecken.
Engelbrecht: Herr Prosor, was sich jetzt viele fragen werden, ist: Wie kann die israelische Armee bei ihren Angriffen verhindern, unschuldige palästinensische Zivilisten zu treffen? Diese Frage muss sich doch die Armee nach wie vor stellen, denn sie ist ja eben nicht die Hamas, sondern die Menschenrechte sind ein Maßstab auch für Israel.
Prosor: Ja, wir haben es auch in der Vergangenheit getan und wir werden versuchen, das auch jetzt zu tun. Aber es muss klar sein, dass das bei uns … es ist eine andere Realität, und ich glaube, dass die Zuhörer und auch man in Europa das verstehen muss. Und ich wiederhole wieder: Jetzt wird nichts sein wie vorher – nicht in Israel, nicht im Gazastreifen und hoffentlich nicht in der Welt. Ich wiederhole es, ich weiß, zum dritten Mal, weil es klar sein muss, jetzt sind wir völlig … ganz klar werden wir diese Infrastruktur von Hamas zerstören, damit sie diese Fähigkeit nicht mehr haben, ihre eigene Bevölkerung als Geisel zu nehmen und die ganze Welt – und uns besonders als Israelis, als Juden – wirklich so zu schlachten – nie wieder.

"Israel ist ein demokratischer Staat"

Engelbrecht: Verstehe ich vollkommen – und es bleibt doch dabei, dass Israel als demokratischer Staat auch auf der internationalen Bühne dem Völkerrecht und dem humanitären Recht verpflichtet bleibt.
Prosor: Aber denken Sie mal nach. Sie stellen diese Frage jetzt mit … also, es ist immer … also, irgendwie Israel jetzt … Israel ist ein demokratischer Staat. Das haben wir ja in der Vergangenheit auch gezeigt. Wir zeigen es jeden Tag, von Demonstrationen wie unsere demokratischen Strukturen … und jetzt immer wieder müssen wir … also, haben Sie dieselben Fragen also gestellt an den Amerikaner oder Aserbaidschanis oder Kataris oder ich … also, es ist immer, wenn man jetzt in der Welt mal anschaut, also es ist immer wieder, als ob wir jetzt – wir jetzt – schuldig sind, bevor es überhaupt anfängt. Damit die anderen das irgendwie an uns anhängen können und zu sagen: Ja, wir haben genau – genau. Und wir haben das auch in der Vergangenheit gehabt. Wir versuchen alles, damit Unschuldige … aber, wenn zum Beispiel die Bevölkerung als Schutzschild benutzt wird und auch … übrigens, da haben wir alle ein Problem, jetzt auch die Geiseln. Wir werden alles versuchen. Aber man muss verstehen. Und die Welt muss verstehen, dass sie ganz klar … also, sie benutzen diese Menschen als Schutzschild, absichtlich. Und da müssen wir alles tun, um Unschuldige nicht zu treffen. Aber wir sind wirklich sehr klar, und diesmal werden wir diese Hamas-Infrastruktur zerstören. Die kommen raus, nicht wieder, damit sie in zwei Jahren wieder, nachdem sie Raketen und Geld … sich wieder rüsten, uns wieder zu terrorisieren. Nie wieder.
Engelbrecht: Sie erwähnten die Geiseln. Wie will die Armee diesen Krieg jetzt führen und zugleich das Leben der etwa 120 Geiseln, unter denen ja sich vor allem Israelis befinden, aber auch Amerikaner, Deutsche und andere Nationalitäten – ja, und gleichzeitig das Leben dieser Geiseln erhalten? Wie kann das überhaupt möglich sein?
Prosor: Es muss möglich sein. Wir müssen es versuchen. Aber wie gesagt, denken Sie mal nach. Sie haben Geiseln, fünf-, sechsjährige Kinder, eine 85-jährige Großmutter. Es gibt da Deutsche, Amerikaner. Sie haben elf Nepalis also hingerichtet. Es gibt da auch Geiseln aus Thailand. Und Sie werden es sehen. Sie werden es natürlich benutzen und sie als Menschenschutz wirklich darstellen. Wir haben keine Wahl. Wir müssen natürlich das in Kauf nehmen und auch versuchen, alles zu tun. Und das ist klar. Das muss klar sein, dass wir alles versuchen werden, um diese Geiseln wirklich nicht zu treffen. Aber es ist unser … seit der Gründung des Staates versuchen wir alles, damit Zivilisten sich nicht verletzen. Aber, wie gesagt, diesmal haben wir ganz klar eine Aufgabe, solche Leute, Führung … die sind alle, auch die Führung … niemand hat das Recht, noch weiterzuleben, der diese Taten getan hat.

Rolle des Katar "nie wieder verharmlosen"

Engelbrecht: Sie versuchen alles, um das Leben dieser Geiseln zu erhalten. Ich erinnere auch an die langjährigen Versuche der israelischen Regierung, Gilad Schalit, der in Hamas-Geiselhaft sich jahrelang befunden hat, zu retten. Das ist mit sehr hohem Aufwand gelungen. Wenn Sie sagen, Sie tun alles, wäre Israel auch bereit, Katar da als Vermittler einzuschalten?
Prosor: Katar und … jahrelang finanziert Hamas, ist auch in der Ideologie. Und ich habe vorher gesagt, ich werde es nie wieder verharmlosen. Die Kataris sind wirklich im Bereich der Finanzierung des Terrors und auch Finanzierung und der Ideologie der muslimischen Bruderschaft, also wirklich schlechte Spieler. Und es tut mir leid, dass ich Ihren Zuhörern das sage, aber ich habe, als ich Botschafter war bei der UNO, einen Artikel in der "New York Times" geschrieben. Ich glaube, dass es 2012 oder 2013 war. Katar, the Club Med of Terror. Diese Worte könnten nicht aktueller sein. Das muss man heute den Kataris sagen, weil sie auch mit Al Jazeera diese Aufhetzung tagtäglich versuchen zu tun. Muss man ganz klar sagen, sie müssen diese Finanzierung von Terror und Hamas und auch anderen übrigens, also ganz klar stoppen.
Engelbrecht: Meines Wissens sind seit 2012 1,5 Milliarden Dollar aus Katar nach Gaza geflossen, offiziell für den Wiederaufbau des Gaza-Streifens, möglicherweise dann aber eben auch für die Aufrüstung der Hamas. Sie haben das erwähnt. In Berlin wird nun in diesen Tagen der Emir von Katar ehrenvoll empfangen, unter anderem von Bundespräsident Steinmeier. Protestieren Sie dagegen beim Bundespräsidenten, bei der Bundesregierung?
Prosor: Ich glaube, dass in diesen Gesprächen vom Bundespräsidenten und auch vom Kanzler … es ist wichtig, sich mit allen zu treffen, aber in diesen Treffen auch genau zu sagen, was uns alle also wirklich belästigt. Und wir sind in direktem Kontakt mit der deutschen Regierung in dieser Hinsicht, aber wie gesagt, also, wenn ich jetzt erstmals als Diplomat, zweitens als jemand, der strategisch denkt … also, dass man sich mit Leuten treffen soll, reden soll, ist wichtig. Die Frage ist, was man da in diesen Gesprächen auch sagt. Hier muss klare Sprache gesprochen werden.
Engelbrecht: Gestatten Sie mir noch eine Frage zur Situation in Deutschland. Immer, wenn Gewalt zwischen Israel und Palästinensern aufflammt, wenn diese Gewalt zunimmt, dann eskaliert die Situation auch auf den Straßen in Deutschland, zuletzt in Berlin. Palästinensische Gruppierungen verteilen Süßigkeiten vor lauter Freude über den Überfall der Hamas auf Israel, gefolgt von Demonstrationen und Tumulten. Reicht es Ihnen da aus, was der Kanzler im Kampf gegen diese Gruppierungen angekündigt hat?
Prosor: Im Bundestag hat der Kanzler gesagt, dass Samidoun in Deutschland verboten wird. Das heißt, diejenigen, die wirklich auf die Straßen – nicht nur von Berlin – mit Parolen wie „Tod den Juden, Tod Israel“, also dieses krasse Jubeln auf den Straßen, wenn Juden geschlachtet werden, das muss strafbar sein. Und wir haben es gehört im Bundestag, jetzt wird es auch in die Tat umgesetzt.
Engelbrecht: Herr Botschafter, schwere Zeiten, schwere Zeiten für Israel und seine Verbündeten. Auf jeden Fall vielen Dank, dass Sie gekommen sind, vielen Dank für dieses Gespräch.
Prosor: Ich bedanke mich. Und ich bedanke mich insbesondere bei all denjenigen, die aus Solidarität mit dem Staat Israel, mit dem jüdischen Volk … und auch der deutschen Regierung, allen Parteien in Deutschland, die so klar auf der Seite Israels stehen. Ich bedanke mich und hoffe, dass ich das nächste Mal in anderen, besseren Zuständen zu Ihnen komme – toda raba.
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