Der Iran hat seine Drohung wahrgemacht und in der Nacht zum 14. April Israel erstmals direkt angegriffen. Nach Angaben des israelischen Militärs feuerte das Land mehr als 300 Drohnen und Raketen auf Israel ab. Die Schäden sind offenbar gering, dennoch wiegt der Angriff schwer – der Nahostkonflikt könnte weiter eskalieren. Der Westen hat Israel Unterstützung zugesichert.
Warum hat der Iran Israel angegriffen?
Der Iran hatte Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Luftangriff auf seine Vertretung in Damaskus am 1. April angekündigt. Bei der Attacke wurde unter anderem ein hochrangiger Kommandeur der Revolutionsgarden getötet. Diplomatische Vertretungen sind nach internationalen Vereinbarungen von Angriffen ausgenommen. Auf den Angriff sollen laut Teheran keine weiteren Angriffe folgen.
Das iranische Staatsfernsehen zitierte die Revolutionsgarden mit der Erklärung, die Operation "Wahres Versprechen" sei ein Teil der Strafe für "israelische Verbrechen". Der Iran ist ein Verbündeter der radikal-islamischen Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen Krieg führt.
Landesweit haben Menschen im Iran ihre Führung für den Angriff gefeiert. Die Mehrheit der Menschen im Land steht jedoch nicht auf der Seite des Regimes und hält nichts von Angriffen auf Israel.
Welche Schäden hat der Angriff angerichtet?
Israels Militär hat nach eigenen Angaben 99 Prozent der Geschosse aus dem Iran abgefangen – der israelische Armeesprecher Daniel Hagari gab deren Zahl mit „mehr als 300“ an und sprach von einem „sehr bedeutsamen strategischen Erfolg“. Von 170 unbemannten Flugkörpern, die der Iran losgeschickt habe, sei keiner auf das israelische Gebiet vorgedrungen.
Dutzende seien von israelischen Kampfjets und von der israelischen Luftabwehr abgeschossen worden als auch von „der Luftwaffe und Luftabwehr unserer Partner“, so Hagari.
Nach Berichten halfen die USA, Großbritannien und Jordanien, den Angriff abzuwehren. Auch von mehr als 30 Marschflugkörpern, die der Iran abgefeuert habe, sei keiner nach Israel eingedrungen, sagte Hagari.
Auch ballistische Raketen wurden demnach in der Mehrheit abgefangen. Im Bereich der Flugbasis Nevatim entstand leichter Schaden an der Infrastruktur. In mehreren Orten in Israel wurde Luftalarm ausgelöst, darunter in Jerusalem und im Süden. Auch Explosionen waren zu hören. Zwölf Menschen wurden nach israelischen Angaben verletzt, darunter ein siebenjähriges Mädchen. Laut Hagari gab es auch Angriffe aus dem Irak und dem Jemen, aber die Geschosse hätten Israel nicht erreicht. Dutzende Raketen seien auch vom Libanon auf den Norden Israels abgefeuert worden.
Wie reagiert der Westen auf den Angriff?
US-Präsident Joe Biden hat Israel seine Unterstützung zugesichert. "Unsere Verpflichtung für Israels Sicherheit gegen Bedrohungen aus dem Iran und von dessen Stellvertretern ist unerschütterlich", erklärte Biden im Onlinedienst X. Er hatte zuvor eine Dringlichkeitssitzung mit seinem für Sicherheitsangelegenheiten zuständigen Team abgehalten. Nach Angaben des Weißen Hauses nahmen unter anderen Verteidigungsminister Lloyd Austin, Außenminister Antony Blinken und der Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, teil.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte die iranischen Luftangriffe auf Israel "mit aller Schärfe". "Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand", erklärte ein Regierungssprecher. "In diesen schweren Stunden steht Deutschland eng an der Seite Israels.“
In Berlin wurde der Krisenstab der Bundesregierung einberufen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einer "beispiellosen Eskalation". UN-Generalsekretär António Guterres forderte "eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten".
G7-Staaten rufen alle Seiten zur Zurückhaltung auf
Die G7-Staaten verurteilten nach einer von Italien einberufenen Videokonferenz den Angriff des Iran auf Israel "einhellig". Wie EU-Ratspräsident Charles Michel auf dem Kurznachrichtendienst X mitteilte, rufen sie zudem alle Seiten zur "Zurückhaltung" auf.
Der G7-Gruppe gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und das Vereinigte Königreich an.
Wie wird Israel auf den Angriff reagieren?
Trotz langer Beratungen hat das israelische Kriegskabinett bisher noch nicht über eine Reaktion entschieden. Laut israelischer Medienberichte ist mit einer „erheblichen Reaktion“ Israels zu rechnen. Dies berichten das israelische Fernsehen und die Zeitung „Haaretz“. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beriet mit seinem engsten Ministerkreis über das weitere Vorgehen. Außenminister Katz sagte in einem Interview des Armeesenders: "Wir haben gesagt: Wenn der Iran Israel angreift, werden wir im Iran angreifen. Und dieses Bekenntnis ist immer noch gültig." Ein Armeesprecher kündigte an: "Wir werden dem Iran mit Taten antworten, nicht mit Worten."
Die israelische Armee hat am Sonntag ein Gebäude der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Osten des Libanon unter Beschuss genommen. Die israelische Armee bestätigte, Kampfjets hätten eine "wichtige Waffenproduktionsstätte" der Hisbollah in der Umgebung des weit innerhalb des Libanon gelegenen Ortes Nabi-Tschit getroffen. Der Ort liegt nahe der syrischen Grenze und südlich der Hisbollah-Hochburg Balbeek.
Warum sind Israel und Iran Erzfeinde?
Der Nahe Osten ist ein Flickenteppich aus alten und neuen Feinden und Verbündeten. Einige sind Partner der USA und hoffen auf eine Koexistenz mit Israel - oder haben diese mit Abkommen und Friedensverträgen bereits besiegelt. Andere Kräfte wollen den jüdischen Staat vernichten und sehen in Israel und den USA – ganz nach Darstellung Teherans – den "kleinen und großen Satan".
Die Feindschaft zwischen dem Iran und Israel dauert bereits Jahrzehnte an – sie begann mit der Machtübernahme von Ayatollah Khomeini 1979 im Iran. Für den religiösen Führer war Israel die „größte Bedrohung für die islamische Welt und die Muslime“ - er machte den Hass auf Israel zur Staatsräson.
Seit dem Wandel zu einer schiitisch-muslimischen Theokratie sieht sich der Iran vielfach isoliert. Internationale Sanktionen haben Militär und Wirtschaft geschwächt. Das Atomprogramm, mit dem der Iran den Konkurrenten Saudi-Arabien überflügeln und mit Pakistan und Israel gleichziehen wollte, ist in der Vergangenheit immer wieder von Israel attackiert worden.
Um seine Lage zu festigen und Gegner zu schwächen, hat Teheran im Nahen Osten gleichgesinnte Milizen aufgebaut. Mit dieser als Vorwärtsverteidigung bezeichneten Strategie unterstützt Teheran vor allem die Hisbollah im Libanon, die Huthi im Jemen und die Hamas im Gazastreifen.