Nahost
Israel kritisiert angekündigte Anerkennung eines Palästinenserstaates durch Spanien, Irland und Norwegen

Der israelische Ministerpräsident Netanjahu hat die angekündigte Anerkennung Palästinas als eigenen Staat durch Norwegen sowie die beiden EU-Länder Irland und Spanien kritisiert. Dies sei eine Belohnung für Terrorismus, sagte Netanjahu. Ein palästinensischer Staat wäre ein Terrorstaat, warnte er.

    Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, gibt im Bundeskanzleramt eine Pressekonferenz.
    Die Anerkennung Palästinas durch Irland, Norwegen und Spanien sei eine Belohnung für Terrorismus, sagte Benjamin Netanjahu. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Israel zog als Zeichen des Protests seine Botschafter aus Spanien, Irland und Norwegen ab.

    Bundesregierung macht Zwei-Staaten-Lösung zur Bedingung

    In Deutschland sorgt die Erklärung der drei Länder für Diskussionen. Während die Bundesregierung eine Zwei-Staaten-Lösung zur Bedingung macht, drängen einzelne Politiker aus der SPD auf eine schnelle Initiative Deutschlands.
    Die Bundesregierung bekräftigte, dass eine Anerkennung eines eigenständigen Palästinenserstaates von deutscher Seite erst in Verbindung mit einer Verhandlungslösung über eine Zwei-Staaten-Lösung erfolgen soll. Die Zwei-Staaten-Lösung bleibe "der einzig gangbare Weg", sagte Regierungssprecher Hebestreit in Berlin. Es gebe keine Abkürzung. Ähnliche Äußerungen kamen aus dem Auswärtigen Amt. Man unterstütze eine Zwei-Staaten-Lösung, hieß es. Diese müsse allerdings am Ende eines Dialogs zwischen Israel und den Palästinensern stehen.
    Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wadephul nannte das Vorgehen der drei Länder "in höchstem Maße problematisch". Es fehlten die Grundlagen für eine palästinensische Staatlichkeit. Der FDP-Außenpolitiker Lechte sagte im Deutschlandfunk, er bedauere, dass die EU-Staaten in dieser Frage nicht mit einer Stimme sprächen. Die Anerkennungsfrage stelle sich nicht, solange die Existenz eines Palästinenserstaates noch nicht gegeben sei.

    Unterschiedliche Töne in der SPD

    Innerhalb der SPD gibt es unterschiedliche Positionen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Roth, kritisierte den Schritt als "falsches Signal zur falschen Zeit". Der SPD-Politiker sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es dränge sich auch der falsche Eindruck auf, dass der Hamas-Terrorangriff zu einer neuen positiven Dynamik zugunsten der Palästinenser geführt habe.
    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Cademartori ließ hingegen Sympathien für das Vorgehen erkennen. Deutschland sollte im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Initiative die Anerkennung Palästinas vorantreiben, vorausgesetzt die Geiseln würden freigelassen und ein Waffenstillstand vereinbart, sagte sie dem Magazin "stern". Die Anerkennung Palästinas könne ein wichtiger erster Schritt Richtung einer dauerhaften politischen Lösung des Nahost-Konflikts sein. Auch SPD-Außenpolitiker Stegner rief die Bundesregierung dazu auf, sich für eine Anerkennung Palästinas einzusetzen.

    Irland, Spanien und Norwegen preschen vor

    Die EU-Staaten Irland und Spanien sowie Norwegen haben die Anerkennung eines Palästinenserstaats zum 28. Mai beschlossen. Während Israel verärgert reagierte, begrüßte die Palästinensische Befreiungsorganisation den Schritt. In der EU herrscht Uneinigkeit.
    Norwegens Ministerpräsident Gahr Støre in Oslo erklärte, mit der Anerkennung eines Palästinenserstaates wolle sein Land moderate Kräfte unterstützen, die im Gaza-Krieg "an Boden verloren" hätten. Die Zweistaatenlösung solle am Leben erhalten werden. Der irische Regierungschef Harris sagte, dabei handele es sich um die einzige nachhaltige Lösung für Frieden in Israel und Palästina.
    Auch Spaniens Ministerpräsident Sanchez kündigte an, sein Land werde Palästina zum 28. Mai offiziell anerkennen. Der Entschluss sei nicht zugunsten der Terrororganisation Hamas gefällt worden. Alle drei Regierungen verurteilten deren Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober.
    Als Reaktion ordnete Israels Außenminister Katz die sofortige Zurückziehung der Botschafter aus den drei Ländern an. Israel werde nicht schweigen, wenn seine Souveränität untergraben und die Sicherheit gefährdet werde, erklärte Katz. Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) begrüßte den Schritt und sprach von einer historischen Entscheidung.

    EU uneinig über den Kurs - USA skeptisch

    Innerhalb der EU und unter den westlichen Staaten insgesamt ist der Kurs umstritten. In der EU erkennen bislang vor allem mittel- und osteuropäische Länder den Palästinenserstaat an. Die EU-Mitgliedstaaten Slowenien und Malta hatten in den vergangenen Wochen signalisiert, dass sie ebenfalls diesen Schritt gehen wollen. Die slowenische Regierung hatte bereits ein Anerkennungsverfahren in die Wege geleitet. Vollzogen werden sollte der Schritt aber erst, wenn er "bestmöglich zu einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten beitragen" könne, hieß es nun.
    Frankreich hält eine diplomatische Anerkennung für verfrüht. Es seien derzeit nicht alle Voraussetzungen erfüllt, erklärte das Außenministerium in Paris. Die Anerkennung von Palästina sei kein Tabu für Frankreich. Dieser Schritt müsse jedoch einen politischen Fortschritt ermöglichen.
    Skeptische Töne kamen auch aus den USA. US-Präsident Biden glaube, dass ein palästinensischer Staat durch direkte Verhandlungen zwischen den Parteien und nicht durch eine einseitige Anerkennung erreicht werden sollte, sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses in Washington.
    Mitte Mai hatte die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Palästinensergebiete mit zusätzlichen Rechten innerhalb der UNO ausgestattet. Von 193 UNO-Staaten erkennen bislang mehr als 130 Palästina als unabhängigen Staat an. Neben Deutschland gehören auch die USA nicht dazu.
    Diese Nachricht wurde am 22.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.