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Israel
Parlament stimmt für Neuwahlen

Nur sieben Wochen nach der letzten Wahl ist die Regierungsbildung in Israel gescheitert. Das Parlament, die Knesset stimmte für die eigene Auflösung. Nun stehen Neuwahlen an - wahrscheinlich im September.

Von Benjamin Hammer |
Benjamin Netanjahu (M), Ministerpräsident von Israel, nimmt an einer Knesset-Sitzung teil. Zum zweiten Mal binnen eines halben Jahres soll in Israel am 17. September ein neues Parlament gewählt werden.
Israels Parlament debattiert über Auflösung und Neuwahl (picture alliance/dpa - Ilia Yefimovich)
Es war mitten in der Nacht, als die Abgeordneten namentlich aufgerufen wurden und eine schwerwiegende Entscheidung fällen mussten. Viele Parlamentarier schauten ernüchtert bis schockiert. Dennoch stimmte am Ende eine Mehrheit für die Auflösung der israelischen Knesset, ihrem eigenen Parlament. Nur sieben Wochen nach der letzten Wahl.
Netanjahu: "Avigdor Lieberman hat seine Wähler verraten"
Neuwahlen, wahrscheinlich im September. So will es auch der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu. Der israelische Präsident hatte ihm bis Mitternacht Zeit gegeben, eine neue Regierung auf den Weg zu bringen. Er schaffte es nicht. Drei mögliche Koalitionspartner konnten sich bis zuletzt nicht einigen. Avigdor Lieberman von der säkularen Partei "Unser Haus Israel" und zwei ultra-orthtodoxe Parteien. Die weigerten sich, Liebermans Forderung, dass mehr ultra-orthodoxe Juden Armeedienst leisten müssen, zu erfüllen. Für Benjamin Netanjahu steht fest, wer die Verantwortung für die Neuwahlen trägt:
"Avigdor Lieberman hat seine Wähler verraten. Vom ersten Augenblick an, hatte er nicht die geringste Absicht, das zu tun, was er sagte. Er hatte nie vor, sich zu einigen. Er wollte unbedingt diese Regierung stürzen, nur weil er sich ausrechnet, bei den Neuwahlen noch ein paar Stimmen dazuzugewinnen. Das denkt er – es wird ihm aber nicht gelingen. Er zieht einen ganzen Staat in ein weiteres halbes Jahr der Wahlen."
Was Netanjahu nicht sagte: Seine eigene Partei, der Likud, hatte die Auflösung der Knesset beantragt. Auch Netanjahu stimmte dafür. Soweit hätte es gar nicht kommen müssen. Der israelische Präsident hätte nach neuen Kandidaten suchen können, eine neue Regierung zu bilden. Er hätte einen Parteikollegen von Netanjahu beauftragen können. Oder Benny Gantz, den früheren Armeechef, dessen Wahlbündnis Blau-Weiß bei der letzten Wahl genauso viele Mandate errungen hatte, wie der Likud. Ein Albtraum für Netanjahu. Um zu verhindern, dass jemand anderes die Chance bekommt, eine Regierung zu bilden, werden nun Neuwahlen ausgerufen. Die Opposition: entsetzt.
"Dies ist ein trauriger Abend für den Staat Israel", sagte Benny Gantz. "Das Parlament wurde aufgelöst, damit niemand anderes eine Chance bekommen wird. Das Geld für die Neuwahlen wird nun nicht an die Menschen in den Krankenhäusern gegeben oder in die Bildung gesteckt, sondern an uns verteilt, damit wir einen neuen Wahlgang abhalten."
Netanjahu droht Anklage wegen Korruption
Ob die Neuwahlen Klarheit bringen werden? Unklar. Umfragen sagen ein ähnlich knappes Wahlergebnis voraus, wie beim letzten Mal. Benjamin Netanjahu kämpft um sein politisches Überleben. Ihm droht eine Anklage wegen Korruption. Im Wahlkampf wird er nun erneut vor einer linken Regierung warnen. Und fing schon in der Nacht damit an.
"Das ist unglaublich! Avigdor Lieberman gehört zu den Linken. Er gehört zum linken Block."
Da mussten die Journalisten vor Ort spontan lachen. Denn Avigdor Lieberman, das bestreitet niemand, steht politisch rechts. In vielerlei Hinsicht weit rechts. Israel steht nun weitere Monate ohne eine neue Regierung dar.
"Das ist die vielleicht schrägste Entscheidung, die es in den letzten Jahren in diesem Staat gegeben hat", sagte Motti Gilad vom Fernsehsender Kan. "Es sind unnötige Neuwahlen."
Auch die US-Regierung dürfte nicht erfreut sein. Ausgerechnet in dieser Nacht landete der Schwiegersohn des US-Präsidenten, Jared Kushner, auf dem Flughafen von Tel Aviv. Er wollte auch über den angeblichen Friedensplan von Donald Trump reden. Israelische Journalisten fragen sich nun, ob der überhaupt wie geplant im Juni vorgelegt wird. Denn eine neue israelische Regierung gibt es nicht.