Al Jazeera als Sprachrohr der Hamas? So sieht es die Israelische Regierung und hat deshalb beschlossen, den international bekannten arabischen Fernsehsender abschalten zu lassen - wann das passiert, ist noch nicht bekannt.
Noch sei der Sender empfangbar, sagt Nahost-Korrespondent Jan-Christoph Kitzler. Allerdings gebe es nach einer Razzia beim Al-Jazeera-Büro in Jerusalem und der Beschlagnahmung von Equipment keinen Sendebetrieb in Israel mehr und auch Schalten mit Korrespondenten könnten nicht mehr stattfinden.
Grundlage für Israels Vorgehen ist ein Gesetz, das die vorübergehende Schließung von internationalen Rundfunksendern ermöglicht, wenn diese als Bedrohung für die nationale Sicherheit eingestuft werden.
Journalistenverbände sehen Pressefreiheit bedroht
Von Medienschaffenden und Menschenrechtlern kommt scharfe Kritik. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" spricht von "Zensur" und fordert die Aufhebung des verabschiedeten Gesetzes. Sie sieht einen Präzedenzfall, der den gesamten Journalismus in Israel bedrohe. Ähnlich äußerte sich das Komitee zum Schutz von Journalisten (Committee to Protect Journalists/CPJ).
Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Verband der Auslandspresse in Israel (FPA) forderte die israelische Regierung auf, ihr Verbot des Senders "umgehend zurückzunehmen".
Al-Jazeera-Programm geprägt von palästinensischen Sichtweisen
Korrespondent Kitzler spricht von einer schon lange währenden Kampagne Israels gegen Al Jazeera. Die Israelische Regierung vermute nicht nur, dass der in Katar ansässige Sender Verbindungen zur Hamas habe - ihr passe auch seine Berichterstattung nicht, die gerade im englischsprachigen Programm von der Sichtweise der palästinensischen Opfern im Gazastreifen geprägt sei.
In den arabischen Programmen würden noch härtere Töne noch gegenüber Israel angeschlagen. Insgesamt werde auch wenig über die Israelische Sichtweise oder den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober berichtet - eine Einseitigkeit, die dem Sender immer wieder vorgeworfen werde.
"Das hat auch dazu geführt, so mutmaßt man zumindest, dass auch Kollegen, die aus dem Gazastreifen für Al Jazeera berichten, immer wieder ins Fadenkreuz geraten sind. Da gab es auch tote Kollegen von Al Jazeera, die für diesen Sender gearbeitet haben. Und das ist schon ein großer Schlag, wenn jetzt eben das Büro in Israel noch geschlossen wird", so Kitzler.
Im Januar 2023 hatte zum Beispiel der Fall zweier getöteter palästinensischer Journalisten für Diskussion gesorgt. Nach Angaben von Al Jazeera waren Hamza Al-Dahdouh und Mustafa Abu Thurayya bei einem israelischen Angriff in getötet worden. Der Sender warf Israel daraufhin vor, „die Grundsätze der Pressefreiheit zu verletzen“.
Der allgemeine Sendebetrieb von Al Jazeera, der von Doha aus stattfindet, werde ungeachtet von der Schließung weiterlaufen, schätzt Kitzler - und das Programm auch aus Israel via Satellit oder mit VPN-Zugang auch Online zu erreichen sein.