Eitam Luz zeigt in Richtung Küste. Tel Aviv und seine Vororte sind knapp 30 Kilometer entfernt. Der Hügel mit dem Haus, in dem Eitam, seine Frau und ihre sechs Kinder leben, liegt völkerrechtlich gesehen aber nicht in Israel, sondern in einer der Siedlungen im besetzten palästinensischen Westjordanland. Eitam und seine Frau Avital sind national-religiöse jüdische Siedler. Für sie ist klar, dass das jüdische Volk einen historischen Anspruch auf das Westjordanland hat, das sie nur Judäa und Samaria nennen.
Dass im Friedensplan von US-Präsident Trump dieser Anspruch anerkannt wird, findet Avital gut: "Dieses ganze Gerede, das heute in Europa so aktuell ist, zu sagen: 'Das sind Besatzer, lasst uns Siedlungen räumen, lasst uns jeden Juden aus seinem Haus zerren.' Dieses Gerede wird es Trumps Plan zufolge nicht mehr geben. Für mich ist das sehr wichtig. Ich verstehe diesen Plan als freudige Botschaft. Ich freue mich darüber und sehe ihn zumindest in Teilen positiv."
Siedler hoffen auf Netanjahu und Trump
Israels Premier Netanjahu will die Siedlungsgebiete so schnell wie möglich annektieren und sie offiziell zu einem Teil Israels machen. Darauf hofft der Siedler Eitam Luz. Mit den Palästinensern in der Nachbarschaft will Eitam zusammenleben – in Frieden, aber nicht gleichberechtigt:
"Mein Israel basiert auf einem sehr alten Entwurf, den es schon in der Bibel gegeben hat. Demnach gehört das Land dem Volke Israel und in diesem Land gibt es Bewohner, die individuelle Rechte besitzen, die ihnen auf keinen Fall abgesprochen werden dürfen. Sie haben aber keine Bürgerrechte."
Eitam und Ehefrau Avital sind beide Mitglieder in Benjamin Netanjahus Likud-Partei. Sie hoffen, dass der Likud die Wahlen gewinnt. Die Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu sind politisch motiviert, sagt Avital:
"Ich glaube wirklich, dass er ein großer Staatsmann ist und ich fürchte mich davor, was passieren wird, wenn er die Bühne räumt. Denn wenn ich nach rechts oder links, 360 Grad um mich herum schaue, sehe ich niemanden, der seine politische Macht, seine Weitsicht und sein Charisma besitzt."
"Wir stehen an einer Kreuzung"
Zu Gast bei Alon Alsheich und Frau Tair. Mit seinen zwei Kindern lebt das Paar im Kibbutz Nir Am, im Süden Israels, direkt an der Grenze zum palästinensischen Gaza-Streifen. Regelmäßig schießen Palästinenser Raketen und Granaten in Richtung Israel. Wenn es Alarm gibt, haben wir nur 15 Sekunden um die Schutzräume im Haus oder draußen zu erreichen, erzählt Alon:
"Gerade bist du mit fünf, sechs Kindern noch auf dem Spielplatz und dann sitzt du auf einmal 20 Minuten im Schutzraum. Mit den Kindern und Dutzenden Raketen über deinem Kopf. Wenn Du danach rauskommst, bist du nicht mehr derselbe und wirst es nie wieder sein."
Alon und Tair ist wichtig, zu betonen, dass sie nicht als Opfer gesehen werden wollen. Sie leben bewusst in Nir Am und sind bereit, mit der Situation umzugehen. Sie möchten von der Politik aber gerne wissen, wie es weitergehen soll. Keiner hat einen Plan, sagt Alon und damit meint er nicht nur die Lage an der Gaza-Grenze. Ihm fehlen Visionen für die Zukunft Israels:
"Wir stehen an einer Kreuzung und müssen entscheiden ob wir, nach 70 Jahren immer noch das nationale Heim der Juden sind, ein Zufluchtsort vor Antisemitismus. Oder ob wir ein anderes Land sind. Das ist das wirkliche Dilemma und in drei Wahlkämpfen hat niemand irgendwas dazu gesagt. Das ist die Tragödie."
Netanjahu spaltet Israel
Es gibt einen Mangel an Führungsstärke, sagt Alon bedauernd. Er wird bei der Wahl voraussichtlich für das Oppositionslager stimmen, auch wenn er von Benny Gantz, dem Ex-Armeechef und Spitzenkandidaten des Bündnisses Blau-Weiß nicht überzeugt ist. Benjamin Netanjahu will er auf keinen Fall unterstützen. Den kann man nicht wählen, sagt Alons Frau Tair:
"Seine Zeit ist vorbei. Er hat viel Gutes erreicht - für die Wirtschaft und in anderen Bereichen, aber nicht für die wirklichen Bedürfnisse Israels in 2020. Ich glaube nicht, dass seine juristische Lage ihm erlauben wird, so zu arbeiten, wie man es erwartet."
Die Person Netanjahu spaltet Israel und ob die bevorstehende Wahl das politische Patt im Land beendet, ist unsicher. Den Umfragen zufolge wird weder Netanjahus Regierungslager noch die Opposition um Herausforderer Benny Gantz eine eigene Parlamentsmehrheit erreichen.