Nahost
Israelische Angriffe auf Libanon dauern an - Hisbollah verliert Kontakt zu möglichem Nasrallah-Nachfolger

Die israelische Armee hat weitere Angriffe auf Ziele im Libanon durchgeführt und dabei erstmal auch den Norden des Landes beschossen. Die Hisbollah-Miliz solle keine Ruhepausen bekommen, erklärte Generalstabschef Halevi. Dabei ist womöglich auch ein aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge des getöteten Anführers Nasrallah ums Leben gekommen.

    Schäden nach einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort von Beirut
    Schäden nach einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort von Beirut (picture alliance / Anadolu / Houssam Shbaro)
    Die Hisbollah-Miliz hat nach eigenen Angaben den Kontakt zu ihrem führenden Kommandeur Hashem Safieddine verloren, der als möglicher Nachfolger des getöteten Hisbollah-Chefs Nasrallah gehandelt wurde. Die Verbindung zu Safieddin sei seit den israelischen Luftangriffen im Süden von Beirut in der Nacht zum Freitag "verloren" gegangen, sagte am Samstag ein hochrangiger Hisbollah-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP. Aus Hisbollah-Kreisen hieß es zudem, Safieddin sei in Begleitung von Hadsch Mortada gewesen, dem Geheimdienstchef der Hisbollah.

    "Weiterer ernsthafter und bedeutender Rückschlag"

    Der Professor für Nahost-Studien an der Georgetown-Universität, Nader Hashemi, sagte dem Sender Al-Jazeera, der Kontaktverlust sei ein "weiterer ernsthafter und bedeutender Rückschlag" für die Hisbollah. Man wolle die Unterstützer mit so einer Nachricht wohl auf die mögliche Bestätigung seines Todes vorbereiten.
    Safieddin wurde nach der Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah bei einem israelischen Luftangriff in der vergangenen Woche als dessen möglicher Nachfolger gehandelt. Das US-Nachrichtenportal "Axios" und das israelische Portal "Ynet" hatten am Freitag unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter berichtet, dass sich die israelischen Angriffe im Süden Beiruts gegen Safieddin gerichtet hätten. Die israelische Armee bestätigte diese Berichte nicht.
    Israels Armeechef Halevi verteidigte das Vorgehen im Libanon: "Wir müssen weiterhin Druck auf die Hisbollah ausüben und dem Feind weiteren und kontinuierlichen Schaden zufügen, ohne Zugeständnisse und ohne Ruhepause für die Organisation." Der israelische Staatspräsident Herzog erklärte hingegen in einer Fernsehansprache, Israel werde das Streben nach Frieden mit den Nachbarländern nicht aufgeben.

    Hisbollah-Kommandozentrum beschossen

    Die Kämpfe zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah im Libanon gingen unterdessen unvermindert weiter. Nach Angaben der israelischen Armee beschoss ihre Luftwaffe in der Nacht zum Samstag mit Hilfe von Informationen des Militärgeheimdienstes ein Hisbollah-Kommandozentrum innerhalb einer Moschee, die an das Salah-Ghandur-Krankenhaus im Süden des Libanon grenzt.
    Israelische Bodentruppen zerstörten des Weiteren Tunnel und Waffenlager der Hisbollah. Sie hätten sich in dicht bebauten und mit Sprengstofffallen versehenen Gebieten befunden, hieß es. Auch Munition sei oft in Wohnhäusern versteckt.
    Die israelische Armee griff zudem erstmals seit Beginn ihrer Offensive im Libanon auch im Norden des Landes an. Libanesischen Angaben zufolge wurde ein Ziel nahe der Stadt Tripoli getroffen. Dabei seien ein Anführer der Hamas sowie drei Familienmitglieder getötet worden.
    Die Schiitenmiliz beschoss ihrerseits nach eigenen Angaben den israelischen Armeestützpunkt Ramat David in der Nähe der nordisraelischen Küstenstadt Haifa mit Raketen vom Typ Fadi-1. Außerdem feuerte sie mehrere Raketen auf die nordisraelische Stadt Safed ab.

    Irans Außenminister Arakchi in Damaskus: "Waffenstillstand dringlichstes Problem"

    Derweil reiste der iranische Außenminister Arakchi nach einem Besuch im Libanon weiter nach Syrien. In der Hauptstadt Damaskus betonte Araghchi, dass er einen Waffenstillstand im Libanon und im Gazastreifen für das derzeit dringstlichste Problem halte. "Wir hoffen, dass die Bemühungen diesbezüglich auch Früchte tragen", sagte Araghchi laut staatlichen Medien. Er bezeichnete Israel als das Haupthindernis und forderte die internationale Gemeinschaft auf, sich gegen die - Zitat - israelischen "Kriegsverbrechen" zu stellen, um einen Frieden zu ermöglichen. Der Iran gilt als wichtigster Verbündeter der militant-islamistischen Hisbollah-Miliz.

    Macron fordert Stopp von Waffenlieferungen an Israel

    Frankreichs Staatschef Macron forderte einen Lieferstopp von Waffen an Israel. Es sei vorrangig, zu einer politischen Lösung zurückzukehren und Waffenlieferungen für die Kämpfe im Gazastreifen einzustellen, sagte Macron im Radiosender "France Inter". Frankreich werde keine liefern. Der französische Präsident bedauerte, dass sich in dem Konflikt trotz aller diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand, insbesondere mit Israel, nichts bewege.
    Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat unterdessen 17 Tonnen Arzneimittel in den Libanon geliefert.
    Diese Nachricht wurde am 05.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.