Er ist selbst ultraorthodoxer Jude: Israels ehemaliger Vize-Bildungsminister Menachem Eliezer Moses. Er gehört der Allianz Vereinigtes Thora-Judentum an. Ein Zusammenschluss zweier ultraorthodoxer Parteien, die Allianz ist Teil der aktuellen Regierungskoalition. Und Menachem Eliezer Moses ist davon überzeugt: Der Einfluss von Haredim, so heißen die Ultraorthodoxen in Israel, ist momentan groß wie selten.
"Für uns ist diese Regierung die Beste, seit Menachem Begin im Jahr 1977 Ministerpräsident wurde. Damals haben wir erstmals Licht am Ende des Tunnels gesehen, denn wir haben uns unter anderem beim Gesetz zum Wehrdienst für Frauen durchsetzen können. Damals wurden wir alle Probleme, die uns seit Staatsgründung auf der Seele lagen, los."
Streitpunkt Militärdienst
Unter Menachem Begin wurde ein Gesetz verabschiedet, das religiöse Frauen vom verpflichtenden Militärdienst befreit. Thora-Schüler, also ultraorthodoxe Männer, die ihr Leben religiösen Studien widmen, konnten sich schon zuvor während ihrer Studien vom Wehrdienst freistellen lassen – Israels erster Ministerpräsident David Ben Gurion wollte so Unterstützung von ultraorthodoxen Rabbinern für den neuen Staat bekommen.
Damals ging es nur um ein paar hundert Männer, doch ultraorthodoxe Familien sind oft kinderreich - mittlerweile ist einer von neun Israelis ultraorthodox. Der Militärdienst ist zu einem Gradmesser geworden: 2014, als die Ultraorthodoxen nicht an der Regierung beteiligt waren, wurde ein Gesetz verabschiedet, das sie zum Wehrdienst zwingen sollte. Der Einfluss der Haredim schien geschwächt, der damalige Finanzminister Yair Lapid, der im Wahlkampf versprochen hatte, die Ultraorthodoxen mehr an gesellschaftlichen Lasten zu beteiligen, jubelte:
"Innerhalb von drei Jahren werden 70 Prozent der jungen Ultraorthodoxen einberufen sein. Jeder, der nicht in der Armee ist, wird Ersatzdienst leisten, bei der Feuerwehr oder der Polizei sein oder Holocaustüberlebenden helfen."
Shabbat vor Shopping
Doch heute, rund drei Jahre später, sieht die Situation ganz anders aus. Seit 2015 sind ultraorthodoxe Parteien wieder Teil der Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Das Gesetz, das Ultraorthodoxe zum Wehrdienst zwingen soll, ist ausgesetzt. Auch in anderen Bereichen versuchen ultraorthodoxe Parteien, das Leben in Israel mehr nach religiösen Gesetzen auszurichten. Ganz aktuell in Tel Aviv: Der Streit um das Shabbat-Gesetz. Diskutiert wird konkret darüber, ob die säkulare Stadt Tel Aviv selbst entscheiden kann, dass bestimmte Läden am Shabbat öffnen dürfen. Erziehungsminister Eliezer Menachem Moses und seine Allianz kämpfen mit aller Macht dagegen:
"Der Shabbat ist wichtiger als alles andere. Das ist immer schon so gewesen."
Zurück in die Vergangenheit
Und, daran werden Macht und Einfluss der Ultraorthodoxen deutlich: Der Rest der nationalreligiösen Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steckt bei diesem Thema in der Zwickmühle: Einerseits wollen sie die ultraorthodoxe Öffentlichkeit und ihre orthodoxen Koalitionsmitglieder nicht verärgern. Andererseits auch die größtenteils säkulare Bevölkerung in einer der größten Städte Israels nicht gegen sich aufbringen. Der israelische Journalist Janir Kozin glaubt: Die Ultraorthodoxen haben beim Shabbat-Gesetz keinen schlechten Stand:
"Die ultraorthodoxen Parteien befinden sich an einem Punkt, an dem ihre Wählerschaft von ihnen erwartet, diesbezüglich bis zum Ende zu gehen. Alle Koalitionspartner wissen, dass die gegenwärtige Regierung sehr bequem ist für die ultraorthodoxen Parteien, da die Koalitionspartner bestrebt sind, die Erlasse von Yair Lapid wieder rückgängig zu machen, und die Zeit wieder zurückzudrehen."
Wie der Konflikt ausgeht, ist noch unklar. Klar ist aber: Der politische Einfluss der Ultraorthodoxen in der israelischen Politik ist nicht zu unterschätzen.