Im vierten Stock des Stuttgarter Rathauses sitzt die Schlichtungsrunde, und einen Stock tiefer sitzen die Stuttgarter, die die Sache live miterleben wollen. Per Großleinwand folgen sie dem, was oben passiert - und alle finden, dass die Schlichtung eine gute Sache ist. Drei Stuttgarter Bürger:
"Ich finde das außerordentlich wichtig und für die Demokratie sehr zuträglich, die Klarheit, die gefehlt hat, die wird jetzt endlich erreicht."
"Ich bin hier, weil hier Geschichte abläuft."
"Es ist unglaublich interessant, weil ich hier Tag für Tag neue Details erfahre, die ich sonst nicht erfahren habe, obwohl ich täglich vier Zeitungen lese."
Die einen verfolgen jede Runde von morgen bis abends, die anderen kommen nur mal kurz in der Mittagspause für eine Stunde vorbei, wieder andere interessieren sich für einen speziellen Punkt oder wurden von den Gegnern oder Befürwortern zur Unterstützung mobilisiert. Fakt ist jedenfalls, dass das Interesse auch nach vier Sitzungen ungebrochen ist. Übrigens auch das Interesse der Fernsehzuschauer.
Und das ist eines der Ergebnisse, die die Schlichtung schon jetzt hat: Die Stuttgarter wollen mehr hören als politische Schaufensterreden zu Stuttgart 21, sie saugen Fakten und viele Details geradezu auf. Das bedeutet, dass die Schlichtung funktioniert, gemessen an dem Anspruch den Heiner Geißler zu Beginn formuliert hat und seitdem immer wiederholt:
"Dass hier ein Instrument geschaffen werden soll, das die Lücke zwischen Bürgergesellschaft und parlamentarischer Demokratie, die in den vergangenen Jahren entstanden ist, schließt."
Der frühere Verfassungsrichter Winfried Hassemer, der die Schlichtung seit Beginn verfolgt, stellt fest:
"Wir brauchen neue Verfahren, und wir müssen Erfahrungen damit machen. Beispielsweise, dass hier mittels Fernsehen jeder zuhören kann, dass auf eine geregelte Weise Pro und Contra diskutiert wird und dass hier nicht nur die Meinung auf den Tisch kommt, sondern auch Zahlen, sodass der Zuschauer merkt, dass er am Freitagabend mehr weiß, als am Freitagmorgen. Das nenne ich ein nachbesserndes Verfahren, von dem ich den Eindruck habe: Es hat ein paar Probleme milder gemacht."
In der Tat: Die Schlichtung hat die Wogen in Stuttgart geglättet. Die Tatsache, dass die Kontrahenten miteinander reden, hat dem Protest die Spitze genommen und das Klima in Stuttgart beruhigt. In den Worten von Schlichter Heiner Geißler nach Ende der vorigen Sitzung:
"Wir haben de Eindruck, dass die Schlichtung dafür gesorgt hat, dass die Diskussion auch außerhalb der Schlichtung in Stuttgart versachlicht ist. Die Gehässigkeiten sind verschwunden. Es hat sich gezeigt, dass es völlig falsch ist, wenn die einen als kriminelle Lobbyisten und die anderen als Steinzeitmenschen bezeichnet werden."
Nach vier Sitzungen steht außerdem fest, dass die Schlichtung keineswegs nur eine Fach- und Sachdiskussion ist, sondern auch eine hochpolitische Veranstaltung. Auf dieser politischen Bühne haben sich bislang zwei Politiker profiliert. Auf der Seite der Gegner: der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der sich als genauer Kenner der Materie und blendender Redner erwies. Auf der Seite der Befürworter sticht die baden-württembergische Verkehrsministerin Tanja Gönner heraus. Sie zeichnet sich durch rhetorische Wachheit und ungewöhnlich detailreiches Fachwissen aus. In der Partei weiß man um ihr Talent, sie gilt als klare Anwärterin auf eine Führungsrolle im Land oder im Bund.
Und natürlich hat der 80-jährige Schlichter Heiner Geißler gezeigt, dass er es noch kann. Beide Seiten loben ihn in höchsten Tönen und natürlich auch die Zuschauer im dritten Stock. Boris Palmer:
"Wie die gegenseitigen Meinungen berücksichtigt werden durch de Vermittler, das macht der sehr geschickt."
Tanja Gönner:
"Ich bin begeistert, wie der das macht. Ich bin ein sehr kritischer Mensch, aber besser geht’s nicht.
Geißler Nummer eins."
Geißler Nummer eins weiß aber auch, dass noch ein paar dicke Brocken vor ihn liegen: die Gesprächsrunden zur Geologie und zu den Kosten in dieser und der nächsten Woche. Und vor allem die große Frage, wie es nach der Schlichtung mit Stuttgart 21 weitergehen kann. Geißler selbst antwortet auf Fragen nach dem danach bis jetzt ausweichend:
"Das werden wir dann sehen. Da werde ich dann einen Vorschlag machen."
Eine Möglichkeit wäre eine Volksbefragung. Der ehemalige Verfassungsrichter Winfried Hassemer räumt ein, dass es schwierig wäre, weil die demokratischen Entscheidungen für den Bau schon getroffen sind. Er sagt aber auch, dass eine erneute Abstimmung eigentlich die logische Konsequenz aus der Schlichtung sein müsste:
"Müsste eigentlich. Ich halte das nicht nur für denkbar, sondern für wünschenswert. Das ist in Stuttgart zwar schwierig, weil das Verfahren schon so weit fortgeschritten ist. Aber dennoch: Wenn man schon so ein Verfahren macht, dann müssen diejenigen die da drin sitzen, auch was zur Sache zu sagen haben. Sonst ist das Täuschung."
"Ich finde das außerordentlich wichtig und für die Demokratie sehr zuträglich, die Klarheit, die gefehlt hat, die wird jetzt endlich erreicht."
"Ich bin hier, weil hier Geschichte abläuft."
"Es ist unglaublich interessant, weil ich hier Tag für Tag neue Details erfahre, die ich sonst nicht erfahren habe, obwohl ich täglich vier Zeitungen lese."
Die einen verfolgen jede Runde von morgen bis abends, die anderen kommen nur mal kurz in der Mittagspause für eine Stunde vorbei, wieder andere interessieren sich für einen speziellen Punkt oder wurden von den Gegnern oder Befürwortern zur Unterstützung mobilisiert. Fakt ist jedenfalls, dass das Interesse auch nach vier Sitzungen ungebrochen ist. Übrigens auch das Interesse der Fernsehzuschauer.
Und das ist eines der Ergebnisse, die die Schlichtung schon jetzt hat: Die Stuttgarter wollen mehr hören als politische Schaufensterreden zu Stuttgart 21, sie saugen Fakten und viele Details geradezu auf. Das bedeutet, dass die Schlichtung funktioniert, gemessen an dem Anspruch den Heiner Geißler zu Beginn formuliert hat und seitdem immer wiederholt:
"Dass hier ein Instrument geschaffen werden soll, das die Lücke zwischen Bürgergesellschaft und parlamentarischer Demokratie, die in den vergangenen Jahren entstanden ist, schließt."
Der frühere Verfassungsrichter Winfried Hassemer, der die Schlichtung seit Beginn verfolgt, stellt fest:
"Wir brauchen neue Verfahren, und wir müssen Erfahrungen damit machen. Beispielsweise, dass hier mittels Fernsehen jeder zuhören kann, dass auf eine geregelte Weise Pro und Contra diskutiert wird und dass hier nicht nur die Meinung auf den Tisch kommt, sondern auch Zahlen, sodass der Zuschauer merkt, dass er am Freitagabend mehr weiß, als am Freitagmorgen. Das nenne ich ein nachbesserndes Verfahren, von dem ich den Eindruck habe: Es hat ein paar Probleme milder gemacht."
In der Tat: Die Schlichtung hat die Wogen in Stuttgart geglättet. Die Tatsache, dass die Kontrahenten miteinander reden, hat dem Protest die Spitze genommen und das Klima in Stuttgart beruhigt. In den Worten von Schlichter Heiner Geißler nach Ende der vorigen Sitzung:
"Wir haben de Eindruck, dass die Schlichtung dafür gesorgt hat, dass die Diskussion auch außerhalb der Schlichtung in Stuttgart versachlicht ist. Die Gehässigkeiten sind verschwunden. Es hat sich gezeigt, dass es völlig falsch ist, wenn die einen als kriminelle Lobbyisten und die anderen als Steinzeitmenschen bezeichnet werden."
Nach vier Sitzungen steht außerdem fest, dass die Schlichtung keineswegs nur eine Fach- und Sachdiskussion ist, sondern auch eine hochpolitische Veranstaltung. Auf dieser politischen Bühne haben sich bislang zwei Politiker profiliert. Auf der Seite der Gegner: der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der sich als genauer Kenner der Materie und blendender Redner erwies. Auf der Seite der Befürworter sticht die baden-württembergische Verkehrsministerin Tanja Gönner heraus. Sie zeichnet sich durch rhetorische Wachheit und ungewöhnlich detailreiches Fachwissen aus. In der Partei weiß man um ihr Talent, sie gilt als klare Anwärterin auf eine Führungsrolle im Land oder im Bund.
Und natürlich hat der 80-jährige Schlichter Heiner Geißler gezeigt, dass er es noch kann. Beide Seiten loben ihn in höchsten Tönen und natürlich auch die Zuschauer im dritten Stock. Boris Palmer:
"Wie die gegenseitigen Meinungen berücksichtigt werden durch de Vermittler, das macht der sehr geschickt."
Tanja Gönner:
"Ich bin begeistert, wie der das macht. Ich bin ein sehr kritischer Mensch, aber besser geht’s nicht.
Geißler Nummer eins."
Geißler Nummer eins weiß aber auch, dass noch ein paar dicke Brocken vor ihn liegen: die Gesprächsrunden zur Geologie und zu den Kosten in dieser und der nächsten Woche. Und vor allem die große Frage, wie es nach der Schlichtung mit Stuttgart 21 weitergehen kann. Geißler selbst antwortet auf Fragen nach dem danach bis jetzt ausweichend:
"Das werden wir dann sehen. Da werde ich dann einen Vorschlag machen."
Eine Möglichkeit wäre eine Volksbefragung. Der ehemalige Verfassungsrichter Winfried Hassemer räumt ein, dass es schwierig wäre, weil die demokratischen Entscheidungen für den Bau schon getroffen sind. Er sagt aber auch, dass eine erneute Abstimmung eigentlich die logische Konsequenz aus der Schlichtung sein müsste:
"Müsste eigentlich. Ich halte das nicht nur für denkbar, sondern für wünschenswert. Das ist in Stuttgart zwar schwierig, weil das Verfahren schon so weit fortgeschritten ist. Aber dennoch: Wenn man schon so ein Verfahren macht, dann müssen diejenigen die da drin sitzen, auch was zur Sache zu sagen haben. Sonst ist das Täuschung."