Historiker
Italien bei Faschismus-Aufarbeitung besser als sein Ruf

Italien ist bei der Aufarbeitung seiner faschistischen Vergangenheit nach Meinung des Historikers Martin Baumeister deutlich besser als sein Ruf. Der scheidende Direktor des Deutschen Historischen Instituts (DHI) in Rom, Baumeister, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, auch die seit zwei Jahren amtierende rechtsnationale Regierung Meloni habe die Arbeit seiner Forschungseinrichtung nicht spürbar verändert.

    Der "Duce" Benito Mussolini auf der Piazza Venezia in Rom 1932 während einer Ansprache zur Feier der zehnjährigen faschistischen Machtergreifung.
    Auch Italien bemüht sich um die Aufarbeitung des Faschismus unter Benito Mussolini (picture-alliance / dpa / dpa)
    Baumeister sagte, während die Deutschen beim Umgang mit der NS-Zeit als "Weltmeister" gälten, werfe man den Italienern gerne vor, "ihre Hausaufgaben nicht zu machen“. Man verweise dann etwa auf den unbefangenen Umgang mit faschistischer Architektur und Denkmälern. Das sei jedoch eine grobe Vereinfachung. Italien sei nicht gefeit gegen antideutsche oder antifranzösische Ressentiments, so Baumeister. "Allerdings sehe ich aktuell keinen Anlass zur Besorgnis, dass die Wissenschaftsfreiheit gefährdet ist."
    Das 1888 gegründete DHI in Rom ist das älteste von weltweit sechs Deutschen Historischen Instituten. Aktuell ist es an Projekten beteiligt, die auf Empfehlungen der deutsch-italienischen Historikerkommission zu den Folgen des Zweiten Weltkriegs entstanden. Unter anderem sei jetzt ein Atlas der von den Deutschen verübten Massaker in Italien digital abrufbar.
    Baumeister leitete das DHI seit 2012. Am 1. Oktober tritt Petra Terhoeven, Professorin für Europäische Kultur- und Zeitgeschichte in Göttingen, seine Nachfolge an.
    Diese Nachricht wurde am 29.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.