"Es ändert sich einfach nichts", kommentiert dieser ältere Herr die Nachrichten von Matteo Renzis Bitte in Brüssel um Geld für schwächelnde Kreditinstitute. Italiens Banken sind seit Jahren in der Krise, nach offiziellen Angaben führen sie faule Kredite in Höhe von 360 Milliarden Euro in ihren Bilanzen. Erst im Dezember 2015 rettete die Regierung vier regionale Banken vor der Insolvenz. Sie griff dazu auf das neu in der EU eingeführte Bail-in zurück, nach dessen Regeln Aktionäre, Anleger und Sparer in die Pflicht genommen werden, bevor der Staat das Portemonnaie öffnet.
Rund 150.000 Aktionäre und Anleihegläubiger verloren ihr Geld, insgesamt 750 Millionen Euro. Gustavo Peschici ist einer von ihnen. 35.000 Euro hatten er und seine Frau in Anleihen investiert. Geblieben ist davon nichts.
"Wir haben damals unsere Bank um eine Investitionsmöglichkeit mit niedrigem Risiko gebeten, und als ich meine Bankberaterin anrief, weil ich von einem Insolvenzrisiko in der Zeitung gelesen hatte, versicherte sie mir, dass wir nichts riskieren, weil der Staat Vermögen bis 100.000 Euro absichere."
Heftige Proteste seitens der Bevölkerung
Das tat er auch, bei Sparguthaben bis 100.000 Euro. Die Anleihen des Ehepaars Peschici wurden jedoch an die neu geschaffene Bad Bank abgestoßen und damit wertlos. Die italienische Bevölkerung reagierte mit heftigen Protesten gegen die Maßnahmen und zwang die Regierung, nach anderen Wegen zu suchen, um Bankenpleiten zu vermeiden.
Nun hat die EU-Kommission Rom nach Rücksprache mit der Europäischen Zentralbank bis zum Jahresende geltende Staatsgarantien von bis zu 150 Milliarden Euro zugesagt. Italiens Vize-Wirtschaftsminister Enrico Zanetti beteuert im Fernsehen, diese Garantien niemals einzulösen.
"Es ist nicht wahrscheinlich, dass wir sie brauchen werden und schon gar nicht in der Höhe der vereinbarten 150 Milliarden Euro. Wir bewegen uns damit jedoch innerhalb der Regeln, die die EU beschlossen hat. Diese Regeln besagen folgendes: Wenn eine Bank im Fall der Insolvenz eine Systemkrise auslösen würden, darf ihre Nachfrage nach frischem Geld bei der Europäischen Zentralbank oder auf dem Markt durch Staatsgarantien abgesichert werden."
Brexit als Verantwortlicher
Italiens Regierung macht den Brexit für ein erhöhtes Risiko verantwortlich.
"Durch den Brexit erwarten uns Ereignisse, die sich kaum voraussehen lassen und da ist es nur logisch, dass wir uns die Möglichkeit, den Banken zu helfen, jetzt von der EU absegnen lassen. So sind wir vorbereitet und müssen nicht verhandeln, wenn der Krisenfall bereits eingetreten ist."
Soviel Vorsorge macht viele Italiener skeptisch. Und die Vermutung liegt nahe, dass der Brexit eine willkommene Gelegenheit war, eine Forderung in Brüssel durchzudrücken, die unpopulär, aber notwendig ist. Denn die italienischen Banken befinden sich seit Langem in einer tiefen Krise und Besserung ist nicht in Sicht. Ihre Einnahmen, die Spareinlagen schwinden, weil die Menschen einerseits dank der zehnjährigen Wirtschaftskrise, aus der das Land sich langsam herauskämpft, kaum noch in der Lage waren, etwas auf die Seite zu legen, und andererseits, weil das Vertrauen schwindet. Die Finanzexpertin und Journalistin Carlotta Scozzari hält das verbreitete Misstrauen in der Bevölkerung den Banken gegenüber für verständlich.
"Uns Bürgern wurde gesagt, dass in den Banken aufgeräumt wurde, dass die Bilanzen in Ordnung gebracht wurden, und wir haben Kapitalerhöhungen gesehen. Und jetzt befinden wir uns trotzdem wieder dort, wo es vor Jahren los ging. Die Banken beklagen wieder zu viele faule Kredite, was ist also zu tun?
Das Problem ist nicht nur ein Problem der Banken. Auch die Wirtschaft kann nicht wachsen, wenn die Kreditinstitute den Geldhahn zudrehen und nicht mehr das machen, was ihre Rolle im Wirtschaftskreislauf ist: Kredite vergeben. Ein Drittel der italienischen Schuldner, Privatleute und Betriebe zusammen genommen, sind von den Banken als Risikoschuldner eingestuft und von einer weiteren Kreditvergabe ausgeschlossen worden. Ihnen steht das Wasser bis zum Hals. So wie den Banken.