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Italien
Machtkampf bei den Demokraten

Die "Demokratische Partei" von Italiens Regierungschef Enrico Letta bestimmt am Sonntag ihren neuen Parteisekretär und Spitzenkandidaten für die nächste Wahl. Als Favorit gilt der ehrgeizige Bürgermeister von Florenz. Letta tritt nicht mehr an.

Von Kirstin Hausen |
    Die drei Kandidaten für das Amt des Parteisekretärs der Demokratischen Partei sind in dieser Woche auf Ochsentour durch sämtliche Fernsehsendungen. Vor allem zwei von ihnen, Giuseppe Civati und Gianni Cuperlo, müssen sich der breiten Öffentlichkeit noch vorstellen, denn auf der Straße kennt sie kaum jemand.
    Eine Passantin in Turin hat wenig für Politik übrig und kennt keinen der Kandidaten. Auch ein vorbeilaufender Mann muss passen, dann fällt ihm doch noch einer ein: Renzi.
    Matteo Renzi ist der große Favorit, doch Giuseppe Civati hat in den vergangenen Tagen aufgeholt. Jahrgang 1975, blonde Haare, blaue Augen, Typ: netter Junge von nebenan, ist jovial im Umgang, aber hart in der Sache. Zur Politik kam er als Philosophiestudent mit knapp 20 Jahren, als er Romano Prodis erfolgreiche Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten unterstützte. Danach machte er sich lokal einen Namen, als Stadtrat in Monza, später als Abgeordneter des Parlaments der Region Lombardei. Für ihn ist die Regierungskoalition mit den Rechten ein Fehler gewesen, den die Demokratische Partei mit gesunkenen Umfragewerten bezahlt.
    "Wenn die Umfragewerte schlecht für uns ausfallen, dann liegt das vielleicht daran, dass unsere Wähler diese Entscheidung nicht mitgetragen haben. Vieles, was wir im Wahlkampf versprochen hatten, haben wir über Bord geworfen für diese Koalition, mir scheint das nicht korrekt unseren Wählern gegenüber."
    Civati führt das Heer der parteiinternen Regierungsgegner an. Statt sich auf eine Koalition mit der Rechten einzulassen und so das Wahlversprechen, nie wieder mit Berlusconi zusammenzuspannen, zu brechen, hätte er eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der Fünf Sterne Bewegung vorgezogen. Er hat immer noch gute Beziehungen zu den Abgeordneten von Beppe Grillo, nur ihren Anti-EU-Kurs unterstützt er nicht. Giuseppe Civati wird in der bevölkerungsreichen Lombardei sicher mehr Stimmen bei den Vorwahlen erhalten als Matteo Renzi, der Bürgermeister von Florenz. Einfach, weil die geografische Verbundenheit vieler Italiener stärker ist als ideologische Differenzen. Renzi ist als "rottamatore", also "Verschrotter" der alten Führungsriege innerhalb der Demokratischen Partei bekannt geworden, als Mann mit Visionen.
    "Das schönste Start-up, das die Welt je gesehen hat"
    "Italien kann das werden, was es einmal war. Geburtsstätte von Schönheit und Begeisterungsfähigkeit. Ein Land, in dem Ideen entstehen und umgesetzt werden. Eine Art Start-up, das schönste Start-up, das die Welt je gesehen hat."
    Das klingt naiv und bringt Italiens Intellektuelle zum Schmunzeln. Doch es spricht die Herzen vieler Menschen an. In gewisser Weise repräsentiert Matteo Renzi heute das, was Silvio Berlusconi vor 20 Jahren darstellte: das Neue, Dynamische, Positive in der Politik. Er hat Charisma, ist jovial und liebt das Bad in der Menge. Seine markigen Sprüche werden ihm aber teilweise aber auch als leere Versprechungen ausgelegt.
    "Dumm ist Renzi sicher nicht. Mir scheint, er sagt das, was die Leute hören wollen."
    Gianni Cuperlo, der dritte Kandidat für das Amt des Parteisekretärs und Spitzenkandidaten bei den nächsten Wahlen, ist das Gegenteil von Renzi. Statt nach vorne schaut er gerne nach hinten. Er vertritt den nostalgischen Teil der Wählerschaft, denn seine politische Heimat war die Kommunistische Partei, die in der Demokratischen Partei aufgegangen ist.
    Für Silvio Berlusconi steht der Sieger der Vorwahlen bereits fest. Während der Präsentation des neuen Buches seines Journalistenfreundes Bruno Vespa wurde er auf Matteo Renzi angesprochen. Mit einem dünnen Lächeln sagte Berlusconi, er äußere sich niemals schlecht über einen politischen Herausforderer. Damit hat er erstens bestätigt, dass er selbst bei den nächsten Wahlen in den Ring steigen will, obwohl er eigentlich sechs Jahre lang nicht für ein politisches Amt kandidieren darf. Und zweitens, dass er mit Mattero Renzi als Sieger der Vorwahlen rechnet.