Archiv

Italien
Salvini will Migrations- und Sicherheitspolitik verschärfen

Der italienische Innenminister Matteo Salvini setzt weiter auf strenge Law-and-Order-Politik. Dem Parlament hat er ein Gesetz zur Verschärfung der Migrations- und Sicherheitspolitik vorgelegt. Das Asylrecht soll strenger, die Bedingungen für Aufenthaltsgenehmigungen und Abschiebehaft geändert werden.

Von Jan-Christoph Kitzler |
    Matteo Salvini mit Mikrofon in der Hand auf einer Versammlung
    Matteo Salvini bei einer Veranstaltung der Lega-Partei in Pinzolo. (ANSA)
    Dieses Gesetz heftet sich Matteo Salvini, Italiens Innenminister, gewissermaßen selbst an die Brust - "Decreto Salvini" heißt der Text, der deutliche Verschärfungen in der Migrations- und Sicherheitspolitik vorsieht.
    Theoretisch sind das keine guten Zeiten für einen populistischen Law-and-Order-Mann, denn die Kriminalstatistik spricht eine deutliche Sprache: 2017 wurden so wenige Straftaten in Italien verübt, wie seit zehn Jahren nicht. Und auch die Migranten kommen längst nicht mehr in den großen Wellen über das Mittelmeer nach Italien, die Salvini gern in bunten Farben beschwört. Etwas über 20.000 waren es seit Jahresbeginn – und damit fast 90 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr – das hat gerade ausgerechnet Salvinis Innenministerium veröffentlicht. Und dennoch setzt der Innenminister auf die Politik der harten Hand:
    "Bei Asylbewerbern, die beim Dealen erwischt werden, bei Diebstahl oder Belästigung von Minderjährigen, wird das Verfahren gestoppt. Und wenn sie als gefährliche Subjekte gelten, werden sie in ein Abschiebezentrum gebracht. Das verletzt, wie ich glaube, kein Grundrecht: Wenn ich Dich in mein Haus lasse und Du dann bei mir zuhause Drogen an meine Kinder verdealst, dann bringe ich dich, mit aller Humanität, dahin, wo Du herkommst."
    Ziel: Migranten bis zu 180 Tage in Abschiebehaft
    Nicht nur das Asylrecht will Salvini verschärfen, Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen sollen gleich ganz abgeschafft werden – dafür soll es spezielle Aufenthaltsgenehmigungen geben, etwa für Opfer von Ausbeutung, häuslicher Gewalt oder Naturkatastrophen. Künftig sollen Migranten bis zu 180 Tage in Abschiebehaft festgehalten werden dürfen, doppelt so lang wie bisher. Und so wie Salvini gern alle, die über das Mittelmeer kommen als "Illegale" bezeichnet, macht er vor allem Stimmung mit kriminellen Migranten, wie gerade erst bei einem Auftritt in der Nähe von Udine:
    "Ich denke, dass mich die Italiener gebeten haben dafür zu sorgen, dass die Regeln in unserem Land wieder respektiert werden. Das mache ich. Nach Italien kommt, wer Respekt zeigt. Wenn Du Chaos machst, setze ich Dich auf das nächstbeste Boot und bringe Dich zurück nach Hause."
    Der Applaus ist ihm sicher – auch wenn das Gesetz noch vom Staatspräsidenten unterschrieben und vom Parlament beschlossen werden muss. Änderungen sind nicht ausgeschlossen.
    Derweil fährt Italiens Regierung auf dem Mittelmeer weiter eine harte Hand. Offenbar hat eine Beschwerde aus Italien – und möglicherweise weiterer Druck – dazu geführt, dass Panama dem Rettungsschiff "Aquarius 2" die Lizenz entziehen will. Die Aquarius wird von "SOS Mediterranée" und "Ärzte ohne Grenzen" betrieben, fährt unter panamaischer Flagge und hat 58 aus Seenot gerettete Migranten an Bord, sagt Verena Papke von SOS Mediterranée:
    "Letztendlich ist es aber keine Flaggendiskussion, wenngleich man eine Flagge braucht, sondern ein weiterer Schritt hin zur Eskalation, dass man Seenotrettung im Mittelmeer unmöglich machen will. Und es ist doch etwas erstaunlich, dass man uns die Flagge wieder entziehen will, just in dem Moment, nachdem man eine Rettung und Gerettete an Bord hat. Und wir fordern natürlich auch eine Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass man Libyen als nicht sicheren Ort anerkennt, und dass man nicht sagt, wir sollen Menschen nach Libyen zurückzubringen, das können wir nicht machen."
    So wenige Migranten übers Mittelmeer wie lange nicht
    Aber Italien verlangt, dass die vor der Nordafrikanischen Küste geretteten Migranten nach Libyen zurückgebracht werden müssen. Auch wenn beispielsweise die Vereinten Nationen Libyen nicht für ein sicheres Land halten. Die Aquarius hat jetzt Kurs auf die Französische Hafenstadt Marseille genommen, doch ob sie den Hafen anlaufen darf, ist noch völlig offen. Alle anderen Rettungsschiffe, die von NGOs betrieben werden, haben mehr oder weniger aufgegeben.
    So setzt Italien auch auf dem Mittelmeer auf Eskalation – obwohl so wenige Migranten über das Mittelmeer gekommen sind, wie schon lange nicht mehr – und obwohl auch dieses Jahr wieder bereits mehr als 1.700 ums Leben gekommen sind, die meisten zwischen Libyen und Italien.