Angela Maraventano steht für einen Traum: Jahrelang hat die fremdenfeindliche Lega Nord für die Abspaltung des Nordens von Italien gekämpft. Die Fremden, das waren auch die Süditaliener – doch nun will Parteichef Matteo Salvini ganz Italien erobern.
Und ausgerechnet auf der Insel Lampedusa am südlichsten Punkt Italiens hat er einen Fan. Maraventano verbringt die Wintermonate in Anzio, südlich von Rom. Da gehe es zivilisierter zu, sagt sie. Und: Die Lega Nord würde Italien gut tun. Auch ihrer Insel, Lampedusa:
"Ich war stolz, dass sie den Norden befreien wollten, denn ich habe an das Projekt geglaubt. Denn ich habe gesagt: Wenn sie es schaffen, den Norden zu befreien, dann kann auch ich meine Insel befreien. Ich habe kein Vertrauen in die Sizilianer, denn sie wollen sich nicht weiterentwickeln."
Lega Nord könnte bis zu 15 Prozent der Stimmen erhalten
Matteo Salvini will Italiens Ministerpräsident werden. Deshalb präsentiert er sich weniger radikal als früher und fast schon klassisch als Law-and- Order-Mann. Italien den Italienern - sagt er, wo immer es geht. Und wenn er vom Kampf gegen das Verbrechen spricht, dann ist das Migrationsthema nicht weit.
Neulich, als ein italienischer Neofaschist in Macerata auf sechs Migranten geschossen hat, brachte er es fertig, nicht über die Opfer zu sprechen, sondern über die, die er massenhaft abschieben will:
"In dem Italien, das ich im Kopf habe, und das ich regieren will, wenn die Italiener uns das Vertrauen geben, wird das Verbrechen nicht verschwinden, wir alle werden nicht schöner, reicher, sympathischer. Aber: Man hält sich an die Regeln. Und wenn Du keine Aufenthaltsgenehmigung hast und vom Handel mit Drogen lebst, dann bist Du in einer Viertelstunde auf dem Weg nach Hause."
Die Lega Nord ist inzwischen die älteste Partei in Italiens Parlament. 13 bis 15 Prozent trauen die Wahlforscher ihr zu. Doch gerade im Süden, gegen den auch Salvini so lange hetzte, wird es wohl nicht viele geben, wie Angela Maraventano, die die Partei wählen.
Berlusconi hat in Italien nach dem 2. Weltkrieg am längsten regiert
Silvio Berlusconi hat es da leichter. Auf den Wahlplakaten seiner Forza Italia steht "Berlusconi Presidente", obwohl er bis Ende 2019 als verurteilter Steuerhinterzieher gar kein politisches Amt bekleiden darf. Flexibel war er schon immer – und mit der Wahrheit hat er es noch nie besonders genau genommen:
"Was die Versprechen angeht: Ich habe meine immer alle gehalten. 46 Reformen, die wir trotz der Schwierigkeiten mit den Verbündeten alle durchgesetzt haben. Sprich, für mich ist das oberste Gebot der Politik:
Die Versprechen, die die Parteien während des Wahlkampfes machen, werden eingehalten. Für mich sind das mehr Verpflichtungen als Versprechen."
Mit seinen inzwischen 81 Jahren ist er der, der Italien nach dem 2. Weltkrieg am längsten regiert hat. Trotzdem gibt er den Antipolitiker und schafft es offenbar immer noch einen Nerv zu treffen. Er wirbt um die Italiener, die vom Staat nicht viel halten, und von der Politik noch viel weniger, sagt Gino Scaccia, Professor für Verfassungsrecht in Rom:
"Berlusconi ist wie eine Art Maske, die aber viele Interessen der Wählerschaft symbolisiert. Zum Beispiel den Anti-Parlamentarismus.
Er hat langfristige Tendenzen früh erkannt und genutzt: die Antipolitik, die Wichtigkeit der Professionalität, also die Unternehmer an der Regierung und gleichzeitig nutzt er das Argument, das alle eint: die bürokratische und die steuerliche Unterdrückung."
Bündnis mit rechten Parteien
Und außerdem hat Silvio Berlusconi die Allianz mit den größten Erfolgsaussichten geschmiedet. Bis zu 40 Prozent werden dem Mitte-Rechts-Lager zugetraut. Dabei ist auch die Partei "Fratelli d’Italia", die noch immer die Flamme im Logo trägt, die für das Gedenken an Benito Mussolini steht.
Die Bewegung "Casa Pound" könnte sich anschließen – sie wollen so wörtlich den "Faschismus für das dritte Jahrtausend". Es sind die Geister der Vergangenheit, manche sagen die Zombies, die Untoten der Geschichte Italiens, die sich da verbündet haben. Und weil die andern Parteien es ihnen leicht machen, oft zerstritten oder unberechenbar sind, stehen die Chancen für diesen Zombie-Club am 4. März gar nicht mal so schlecht.