Paolo Gentiloni ist kein Politiker, der Begeisterungsstürme auslöst: Seit etwas über einem Jahr ist er Italiens Ministerpräsident, und in seiner Bilanz zum Ende dieser Legislaturperiode zeigte er sich besonders stolz über ein erreichtes Ziel, das für Italien nicht selbstverständlich ist:
"Ich kann sagen, dass meine Regierung ein entscheidendes Ziel erreicht hat. Und ich halte das für sehr wichtig. Nämlich diese Legislaturperiode geordnet zuende zu bringen."
Dann sprach der 63-jährige noch davon, dass er den Reformkurs von Matteo Renzi fortgesetzt habe, dass Italiens Wirtschaft wieder anläuft, dass Italien Großes leistet in der Migrationskrise.
Soweit, so gut. Aber jetzt braucht Italien eine neue Regierung. Die Wahl könnte im Chaos enden – eine eindeutige Mehrheit zeichnet sich nicht ab. Nach den Umfragen würde die Fünf-Sterne-Bewegung zwar stärkste Einzelpartei, die Anti-Establishment-Truppe, will aber keine Koalition eingehen. Das Mitte-links-Lager rund um den Partito Democratico hat sich mit diversen Abspaltungen selbst zerlegt. Einer Regierungsmehrheit am nächsten käme zur Zeit ein Bündnis das Silvio Berlusconis Forza Italia mit rechten und rechtsextremen Parteien eingegangen ist.
Stabile Mehrheit nicht in Sicht
Stabile Mehrheit: Nicht in Sicht, doch genau die bräuchte Italien, sagt der Herausgeber der Tageszeitung "Il Fatto Quotidiano", Antonio Padellaro.
"Das Land bräuchte sicherlich eine solide Mehrheit als Wahlergebnis, leider scheint das Wahlgesetz aber absichtlich so beschlossen worden zu sein, dass es breite Mehrheiten verhindert. Das ist ein extravagantes Wahlgesetz, man versteht nicht wirklich, warum es so verabschiedet wurde, dass es sehr wahrscheinlich für Unsicherheit sorgen wird."
Andererseits ist das Unnormale nicht seit Jahren schon der Normalzustand in Italien? Und ist das Land damit nicht inzwischen auf Augenhöhe mit anderen europäischen Ländern? Marcella Panucci, Generaldirektorin des Industrieverbandes Confindustria klingt gar nicht mal so negativ:
"Deutschland, auch Großbritannien, Spanien und Belgien haben dieselben Probleme. Bis auf Frankreich, wo das Wahlsystem dafür sorgt, dass es einen klaren Wahlsieger gibt. In den anderen Ländern haben wir immer mehr die Situation, dass man Koalitionen bilden muss. In Italien sind wir an derartige Wahlergebnisse schon seit Jahren gewöhnt und auch, mit ihnen umzugehen."
Die Bedingungen sind, für welche Regierung auch immer, günstig, sagt Antonio Padellaro, denn Italiens Wirtschaftsdaten zeigen in Richtung Aufschwung. Langsamer als im europäischen Durchschnitt, aber dennoch deutlich:
"Man muss sagen, dass es Italien besser geht. Wir haben immer die Vorstellung eines Landes auf der Intensivstation, aber dem ist nicht so. Es hat ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Aufschwung gegeben, das Bruttoinlandsprodukt wird 2018 die vorsichtigen Schätzungen Europas und unserer Forschungsinstitute übersteigen.
Wenn es Italien schafft, das Wachstum ein wenig in Gang zu bringen, dann fängt der Motor langsam wieder an zu laufen. Das Land braucht eine Regierung, die dazu beiträgt, dass der italienische Motor wieder läuft."
Paolo Gentiloni könnte der große Gewinner sein
Der große Gewinner könnte am Ende ausgerechnet Paolo Gentiloni heißen. Sein unaufgeregter, langweiliger Regierungsstil ist offenbar für immer mehr Italiener eine gute Aussicht. Dank Sätzen, wie diesen:
"Ich versichere euch, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, dass die Regierung nicht die Segel streicht. Im Rahmen dessen was die Verfassung, die Gesetz und die Praxis vorsehen, wird die Regierung regieren."
Das ist im chaotischen Politikbetrieb in Rom schon viel wert. Das Problem ist nur: dass Paolo Gentiloni sich gar nicht zur Wahl stellt. Er wird seinem Parteifreund Matteo Renzi den Vortritt lassen. Aber auch das Problem könnte am Ende lösbar sein, egal wie kompliziert die Lage nach dem 4. März wird.