"Mein Ziel ist es, diese Hochschule zu einer der interessantesten Italiens zu machen. Mein Vorgänger hat bereits mit einem Reformkurs hier an La Sapienza begonnen und ich denke genauso wie er. Und wie Sie sehen: Wir werden für immer mehr Studierende interessant."
Eugenio Gaudio ist Rektor von La Sapienza, der größten Hochschule Italiens. So groß wie eine Kleinstadt, mit einer Mauer drum herum, errichtet von Benito Mussolini, und mit über 200 Tausend Studierenden. Eine Uni mit nicht gerade gutem Ruf und Image. Immer wieder berichten Medien über dringend restaurierungsbedürftige Aulen, mangelnde Finanzmittel für die simpelsten alltäglichen Aufgaben und über professorale Vetternwirtschaft. Auf der Liste des „Center for world university rankings", CWUR, findet man La Sapienza nur an 112. Stelle - vier Positionen hinter der altehrwürdigen Universität von Bologna.
Und doch interessieren sich immer mehr Studierende für La Sapienza. Nicht etwa Italiener, die sich fast immer nur über die Studienbedingungen beklagen. Bei Ausländern ist die römische Uni sehr beliebt. So beliebt, dass sich in diesem Jahr, im Vergleich zum Vorjahr, 40 Prozent mehr ausländische Studierende immatrikuliert haben. Ganze 1.400 Personen.
Darunter auch Amani Alif aus dem Oman:
"Ich bin hier her gekommen, um Industriedesign zu studieren. Das gibt es bei uns an keiner Hochschule und eine Freundin von mir, die bereits hier studiert, berichtete mir nur Gutes. Ich fühle mich hier sehr wohl. Sicherlich: ein bisschen chaotisch ist es in Rom schon, aber es gibt Schlimmeres. Mit den Italienern verstehe ich mich gut."
Nouf Adil kommt aus Saudiarabien und hat sich an La Sapienza für einen Robotik-Studiengang eingeschrieben:
"Hier ist alles anders für mich: ich kann ausgehen, ins Kino, zum Essen, und ich studiere zusammen mit Jungs, das gibt es bei uns nicht. Und hier wird Robotik auf einem hohen Level unterrichtet. Ich werde drei Jahre hier bleiben."
Fast alle ausländischen Studierenden kommen aus arabischen Staaten, dem Iran, Azerbaidjan, Schwarzafrika und auch aus Israel. An La Sapienza schreiben sie sich primär für englischsprachige Master-Studiengänge in den Bereichen Unternehmensmanagement, Medizin, Robotik und Computer- sowie Ingenieurwissenschaften ein.
Stipendien und finanzielle Vorteile
Die Hochschule kommt diesen Studierenden entgegen: mit Stipendien und finanziellen Vorteilen. Tests entscheiden darüber, ob ein Studierender aus einem sogenannten Entwicklungsland und einer minder bemittelten Familie pro Semester 5.000 Euro Zuschuss erhält. Solche Interessenten aus sogenannten Entwicklungsländern brauchen nur die Hälfte, 600 Euro, jährliche Immatrikulationsgebühren zu zahlen. Voraussetzung für alle: Die ausländischen Studierenden müssen fließend englisch sprechen.
Für einige ausländische Studierende ist La Sapienza eine ausgezeichnete Möglichkeit um Studien fortzusetzen, die sie in ihrer Heimat nicht beenden können. Wie Sarhan Kalil aus dem syrischen Damaskus:
"Für Leute wie mich, die eine gute Uni suchen und Frieden ist das hier der ideale Ort. In Damaskus kann ich nicht mehr studieren. Das ist zu gefährlich. Meine Eltern haben mich deshalb nach Rom geschickt. Dank des Stipendiums darf ich hier studieren. Ich studierte Ingenieurwissenschaften und mache jetzt einen Master in Business."
Das italienische Bildungsministerium versucht, gemeinsam mit dem Außenministerium, gerade jungen Leuten aus Krisengebieten, wie Syrien aber auch wie Libyen und der Ukraine, die Möglichkeit zu geben, ohne große bürokratische Probleme nach Italien zu kommen, um dort zu studieren. Roms La Sapienza ist dabei die beliebteste Uni – was wahrscheinlich vor allem daran liegt, dass diese jungen Leute, so Sarhan aus Syrien, auch "big fun" in einer "big city" suchen, wo ihr Alltag nicht von Angst bestimmt ist.