Israel-Experte Chatterjee im Interview
Die Gewalt in Amsterdam - und die Rolle der Maccabi-Fans

Die Ausschreitungen rund um das Spiel Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv sind für Nahost-Experte Robert Chatterjee ein Beispiel dafür, wie der Fußball auch in Israel politisch instrumentalisiert wird. Teile der Ultraszene von Maccabi seien ideologisch sehr nahe an der Regierung Netanjahu.

Robert Chatterjee im Gespräch mit Thomas Wheeler |
Fans von Maccabi Tel Aviv vor dem Europa-League-Spiel in Amsterdam
Maccabi-Fans in Amsterdam: "Ideologisch sehr nahe an dem, was Anhänger der Regierung Netanjahu äußern" (picture alliance / Anadolu / Mouneb Taim)
Die Ausschreitungen in Amsterdam rund um das Europa-League-Spiel zwischen Ajax und Maccabi Tel Aviv haben den europäischen Fußball, aber auch die Politik aufgeschreckt. In vielen Berichten wurden die Vorfälle, bei denen israelische Fans angegriffen worden waren, als Antisemitismus bezeichnet, stellenweise war auch von antisemitischen Hetzjagden die Rede.
Als Gesamtbild könne man dies, mehr als eine Woche nach den Ereignissen und entsprechender Aufarbeitung, jedoch nicht stehen lassen, sagte Robert Chatterjee, stellvertretender Chefredakteur des unabhängigen Nahost-Magazins "zenith". Im Deutschlandfunk-Interview verwies Chatterjee auch auf veränderte, vorsichtigere Formulierungen in der Berichterstattung in großen deutschen Medien.
Demnach habe in Amsterdam eine Sektion von Maccabi-Ultras eine palästinensische Flagge verbrannt. Die Fangruppierung habe provozieren wollen und sei mit Slogans durch die Stadt gezogen, die ganz klaren Bezug zum Gaza-Krieg hatten, sie hätten sich damit auch mit Menschenrechtsverbrechen gebrüstet. Äußerungen, so Chatterjee, die darauf abzielten, dass darauf reagiert wird.

Israel-Experte Chatterjee: "Teile der Maccabi-Ultras ideologisch sehr nah an Netanjahu-Anhängern"

Der Israel-Experte betonte, dass die betreffende Ultra-Gruppierung von Maccabi nicht zum ersten Mal in dieser Form bei Auswärtsreisen auffällig geworden sei. "Ideologisch ist das sehr nahe an dem, was auch Anhänger der Regierung Netanjahu äußern. Es wundert einen dann auch nicht, dass sie sich im Ausland ganz ähnlich verhalten. Und als zusätzliche Komponente noch das Leiden der Zivilbevölkerung in Gaza mitaufnehmen, was vor den 7. Oktober natürlich in der Form nicht der Fall war."
Chatterjee verwies im Dlf-Interview auf eine Untersuchung der NGO "New Israel Fund" über Rassismus in Israels Fußball. In einem Negativ-Ranking sei Maccabi auf Platz zwei gelandet, gleich hinter dem Klub Beitar Jerusalem. Deren Fans gingen so weit, dass sie Druck auf die Klubführung ausüben, keine muslimischen oder arabischen Spieler zu verpflichten. Aber auch bei Maccabi Tel Aviv, so Chatterjee, seien eigene Spieler in der Vergangenheit schon rassistisch beleidigt worden. "Slogans wie Tod den Arabern sind wirklich gang und gebe."

Maccabi-Fans auch bei politischen Demonstrationen in Tel Aviv aktiv

Ihre politische Einstellung und die zumindest teilweise Gewaltbereitschaft hätten diese Fangruppen auch außerhalb des Fußballs gezeigt, so Chatterjee: "Als es riesige Demonstrationen gegen die Regierung Netanjahu in Tel Aviv gab, waren diese Gruppen präsent und haben auf Demonstranten eingeschlagen." Chatterjee verglich die Fanszene bei Maccabi mit ihrem Anteil an rechtsgerichteten Ultras mit Fangruppierungen deutscher Vereine wie Hansa Rostock und Chemnitzer FC, oder auf europäischer Ebene Lazio Rom.
Israel-Experte und "zenith"-Journalist Robert Chatterjee im Studio von Deutschlandradio
Israel-Experte und "zenith"-Journalist Robert Chatterjee im Studio von Deutschlandradio (Deutschlandradio / Thomas Wheeler)
Er kritisierte dabei auch die Rolle der Vereine, auch bei Maccabi wisse man nicht genau: "Akzeptiert man das, steht man irgendwie dahinter? Oder ist man einfach zu schwach, sich gegen zum Teil auch gewaltbereite Fan-Gruppierungen zu stellen?" Auch die Fußballverbände wie die UEFA gingen nicht konsequent gegen rassistische und antisemitische Vorfälle vor, abgesehen von vereinzelten Fan-Ausschlüssen. "Die UEFA und der Fußball haben noch keine wirkliche Antwort auf diese politische Instrumentalisierung gefunden."