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Jack London State Historic Park
Die abgebrannte Vision

Der Schriftsteller Jack London verwirklichte in den letzten Jahren seines Lebens den Traum von einer eigenen Ranch. Heute zeigt der "Jack London State Historic Park" seine Verdienste als nachhaltiger Farmer, aber auch die abgebrannte Ruine seines größten Projekts.

Von Julian Ignatowitsch |
    Zeitgenössisches Porträt des US-amerikanischen Schriftstellers Jack London. Durch seine Abenteuerromane "Der Seewolf" (1904) und "Lockruf des Goldes" (1910) wurde er weltberühmt. Jack London, der eigentlich mit bürgerlichen Namen John Griffith hieß, wurde am 12. Januar 1876 in San Francisco geboren und starb am 22. November 1916 in Glenn Ellen durch Selbstmord.
    Der US-amerikanische Schriftsteller Jack London (1876-1916) wurde mit seinen Abenteuerromanen "Der Seewolf" und "Lockruf des Goldes" weltberühmt. (picture-alliance / dpa)
    "Ich reite über meine schöne Ranch. Zwischen den Schenkeln habe ich ein prächtiges Pferd. Die Luft ist Wein. An den Hängen der welligen Hügel ist das Meer der Trauben mit flammender Herbströte übergossen. Seenebelfetzen stehlen sich über den Sonoma Mountain hinweg, und die Nachmittagssonne schwelt im schläfrigen Himmel. Ich habe alles, was ich brauche, um glücklich zu sein."
    Worte, mit denen der Schriftsteller Jack London seine Beauty Ranch im Herzen von Kaliforniens Weinbergen beschreibt. Von San Francisco braucht man hierher, wo Merlot und Cabernet Sauvignon gedeihen, etwa eine Stunde mit dem Auto, über die Golden Gate Bridge und weiter Richtung Norden. Diesen Weg von der Stadt aufs Land ging auch London.
    In der Nähe des Örtchens Glen Ellen liegt sein großes, unvollendetes Projekt. Nicht etwa ein Roman, wie man es bei einem weltbekannten Autor vermuten würde, sondern eine riesige Farm, die heute ein touristischer Nationalpark ist.
    In den vergangenen 100 Jahren hat sich hier nicht viel verändert. Londons altes Wohnhaus, ein gemütliches Cottage, steht inmitten eines blühenden Gartens und ausufernder Weinberge. Touristenführerin Rita Barry bittet die Besucher herein und führt durch die schmalen Gänge des Hauses:
    Hier haben Jack London und seine Frau Charmian gearbeitet und geschlafen. Und wenn wir eine Tür weiter gehen in das zweite Gebäude, das früher eine Weinkellerei war, dann kommen wir in die Küche und das Wohnzimmer."
    London hat hier die letzten zehn Jahres seines Lebens verbracht, ehe er mit bereits 40 Jahren starb. Die Führerin bleibt neben einer Filmaufnahme stehen - schwarz-weiß und natürlich ohne Ton - die London zeigt, wie er Schweine füttert und sein Pferd striegelt.
    "Er hat nach außen immer einen sehr starken Eindruck gemacht. Dabei war er ein kranker Mann und hat an einer Nierenkrankheit gelitten."
    Blick auf Londons Cottage und die Weinreben im Garten
    Blick auf Londons Cottage und die Weinreben im Garten (Julian Ignatowitsch )
    Zu Lebzeiten hat London stets gekämpft und unermüdlich gearbeitet. In nur 16 Jahren schrieb er über 50 Bücher, dazu Reportagen und Essays. Früh wurde er durch seine Bestseller "Ruf der Wildnis" (1903) und "Seewolf" (1904) zum vermögenden Mann und zu einer Berühmtheit.
    Und heute? Besucherin Deborah:
    "Seine Bücher werden in der Schule unterrichtet. Bevor ich hierher nach Sonoma gezogen bin, wusste ich aber kaum etwas über ihn."
    Die Beauty Ranch, seine autarke, familiäre Farm, sollte sein persönliches Utopia werden.
    "Er wollte hier eine Post und eine Schule errichten, er wollte, dass die Menschen hier geboren werden, leben und sterben. Leider hat er nicht lang genug gelebt."
    "Wenn es dir möglich ist, die Welt auch nur mit einem kleinen Funken zu bereichern, dann hast du nicht umsonst gelebt."
    London war ein nachhaltiger Landwirt, bevor der Begriff überhaupt existierte: Er düngte den ausgelaugten Boden mit dem Mist seiner Haus- und Nutztiere, staute einen See zur natürlichen Bewässerung, terrassierte die Hänge, um Erosion abzuschwächen, und beschäftigte seine Arbeiter zu fairen Bedingungen:
    "Er hat seine Angestellten nie ausgenutzt. Um 16.30 Uhr war Feierabend. Dann konnten alle schwimmen oder reiten gehen. Es war auch ihr zu Hause."
    Die Abkehr von der Zivilisation und die Hinkehr zu den Ursprüngen der Natur - sicher auch ein Motiv für das Farmleben. Und eines, das in seinen Romanen immer eine große Rolle spielt. Der Abenteurer London war in seiner Jugend selbst Goldsucher und Austernpirat, später durchsegelte er den Pazifik; Wölfe und Hunde sind in seinen Erzählungen omnipräsent.
    "Treue und Ergebenheit, Eigenschaften die die Menschen in ihm geweckt hatten, besaß er in hohem Maße, doch seine Wildheit und Verschlagenheit behielt er bei. Und aus den Tiefen der Wälder ertönte gebieterisch der Ruf."
    Durch einen dichten Eichenwald gelangt man dann zum Herzstück der Farm, dem legendären "Wolf House", das aber nur noch eine Ruine ist. Die große, vierstöckige Villa mit dicken Lavasteinwänden, einer Fassade aus Redwoodholz und spanischen Dachziegeln, brannte 1913 bis auf die Mauern ab, kurz bevor der Schriftsteller und seine Frau einziehen konnten. Für London ein emotionaler wie finanzieller Schock, von dem er sich bis zu seinem Tod nicht mehr erholte.
    Ruine des "Wolf House". Das Haus brannte ab, kurz bevor der Schriftsteller und seine Frau einziehen konnten.
    Ruine des "Wolf House". Das Haus brannte ab, kurz bevor der Schriftsteller und seine Frau einziehen konnten. (Julian Ignatowitsch)
    Das Grab von Jack London, einen kurzen Fußmarsch weiter, ist schließlich der Gegenentwurf zum gigantischen Haus: Eine versteckte Stelle im Wald, neben den Gräbern zweier Bauerkindern und nur durch einen roten Stein der Wolf House-Ruine gekennzeichnet so schlicht hat er es sich gewünscht.
    "Er will nicht dahingehen. Er will weiterleben, auch wenn er dafür sterben muss. Träume und Staub von Träumen, die verschwinden, wenn der Träumende verschwindet."
    Jack London war ein Visionär, der Träume in seinen Büchern und auf seiner Farm Wirklichkeit werden ließ, auch wenn er sie teilweise nicht vollenden konnte. Jemand der mitreißend formulierte, aber auch anpackte. Und das ist in unserem medialen Zeitalter voller Versprechen und Absichtsbekundungen ja auch eine ganz wichtige Botschaft: Einfach mal machen!