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Jagd
Ein Schieß-Freizeitpark entzweit die Eifel

Tausende Jäger sollen hier für Drückjagden auf Schwarzwild üben, Schießtouristen aus Westeuropa sollen sich hier austoben dürfen. In Landscheid in der Eifel ist ein Mega-Freizeitpark für Schützen geplant: mit Schießbahnen aller Art, Schießkino und Hotel. Doch viele Anwohner wollen das Projekt um jeden Preis verhindern.

Von Ludger Fittkau |
    Die Barockkirche der Abtei Himmerod in Grosslittgen. Das Zisterzienser-Kloster wurde im 12. Jahrhundert gegründet.
    Viele Eifelbewohner in Landscheid fürchten um ihre Ruhe und die Touristen - in der Abtei Himmerod suchen Touristen in der Regel Ruhe, keine Jagdgründe. (picture alliance / dpa / Franz-Peter Tschauner)
    "Wenn man sich Mittags hinlegt und die Fenster sind geschlossen, dann hört man dieses Ballern. Es stört mich. Ich habe sowieso Probleme, weil ich nachts nicht so lange schlafen kann, deswegen lege ich mich mittags mal hin. Und das stört dermaßen, dass man innerlich kocht und dann sagt: Ne, es geht nicht."
    Emmi Sommer stammt aus Düsseldorf. Vor Jahrzehnten ist sie in die Eifel gezogen, weil sie Ruhe suchte. Doch die hat sie nicht gefunden.
    "Und jetzt kommen wir hier rein: Da ist die Autobahn, später gebaut. Die Kiesbaggerei und jetzt noch dieser Schießstand dazu."
    Schon jetzt gibt es einen Schießstand ein paar hundert Meter von Emmi Sommers Haus entfernt - am Rande des Eifelortes Landscheid. Doch die Kugeln fliegen dort bisher nur an zwei Tagen in der Woche. Nun will ein Investor an dieser Stelle eine Art Schützen-Freizeitpark samt Hotel bauen, eine Mega-Anlage:
    "Landscheid würde in seiner Gesamtheit sicherlich auch in Rheinland-Pfalz eine Einmaligkeit darstellen, die für uns beste Trainingsvoraussetzungen bietet," schwärmt Peter Clemens, Landesobmann für das Schießwesen im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz. Der Verband will mehrere tausend Jäger hier üben lassen.
    "Es sind vorgesehen Jagdparcoursstände. Es sind Wurfscheibenstände vorgesehen. Es sind Kugelstände vorgesehen in allen Variationen inklusive laufendem Keiler. Und es ist ein Schießkino vorgesehen."
    "Die Lebensqualität ist gleich Null"
    Schießkino heißt: Man sitzt im Kinosaal und ballert auf eine Leinwand, über die gefilmte Wildschweine flitzen. Eine gute Übung für Drückjagden im Herbst, sagt der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz. Und der Lärm bleibt im Kinosaal. Bei den Wurfscheibenständen im Freien sieht die Sache aber anders aus. Damit die Investitionen in die Anlage sich lohnen, soll täglich geschossen werden können. Gerade davor graut es vielen Anwohnern:
    "Das ist ja nicht so, dass die abends mal schießen. Die schießen sieben Tage in der Woche! Sieben Tage in der Woche. Von morgens bis abends. Muss man sich mal vorstellen."
    3.000 Schuss pro Tag.
    "Himmerod, ich meine, die Wandern dort. Dieses Schießen hört man doch überall."
    Himmerod - so heißt das fast 900 Jahre alte Zisterzienser-Kloster, das drei Kilometer von der geplanten Schießanlage entfernt liegt. Thomas Simon ist Vorsitzender des Fördervereins des Klosters, das vor wenigen Jahren vor der Insolvenz stand. Der IT-Unternehmer Simon hat ehrenamtlich mitgeholfen, die Abtei zu retten. Jetzt sammelt er mit einer Online-Petition Unterschriften gegen die geplante Schießanlage. Denn im Gästehaus von Himmerod übernachten viele Menschen, die Ruhe suchen. Auch der jetzige Schießstand ist da schon eine Belastung, so Thomas Simon:
    "Definitiv. Es gibt Stand heute etliche Gruppen, die eine Woche lang im Kloster sind, die sich zu einer Fastenwoche treffen. Und die immer auch mal zwei halbe Tage Wanderungen in der Region haben. Und da weiß ich auch heute schon von Gruppen, die darüber berichten, wenn sie heute Mittwochs oder Samstags wandern, das es zu enormen Lärmbelästigungen kommt. Das ist mir mehrmals persönlich berichtet worden, mit E-Mail berichtet worden und liegt auch im Kloster vor."
    Eine leise Schießanlage?
    Die neue Schießanlage werde jedoch leiser sein als die alte, versichert der Landesjagdverband. Auch Anwohner und die Gäste des Klosters Himmerod werden davon profitieren, glaubt Jäger-Schießobmann Peter Clemens:
    "Wenn wir jetzt an die Emissionen denken, ist geplant, dass die Kugelstände sehr stark abgeschirmt werden, also keine Lärmemissionen emittieren. Und so werden hier die Emissionen für die Anwohner, zumindest laut der Gutachten, die wir haben, deutlich reduziert."
    Aber die Menschen, die in den Dörfern rund um die geplante Mega-Schießanlage leben, sind lärmgeplagt. Auch die noch vergleichsweise neue Autobahn von der Mosel Richtung Lüttich sowie der US-Militärflughafen Spangdahlem zerren bereits sehr an den Nerven der Dorfbewohner in Landscheid und Umgebung.
    Bauer Hartwig Lautwein hat deshalb ein mehrere Meter langes Transparent gegen das geplante Schießzentrum auf einer Wiese am Straßenrand aufgehängt und auch im laufenden Genehmigungsverfahren Widerspruch eingelegt:
    "Ja, das wird ein gigantischer Schießstand und wir sind schon belastet. Durch die Autobahn, da haben wir 48 Dezibel. Durch den Flugplatz, wir sind Lärmschutzzone 2, haben wir noch mal 48 Dezibel. Und jetzt kommt noch der neue Schießstand. Die Lebensqualität ist gleich Null."