Man sollte nicht immer nur nach Fehlern suchen. Zunächst haben die Kuratoren der Leipziger Jahresausstellung durchaus einiges richtig gemacht: Sie haben dem Druck, der sich in der Leipziger Szene gegen die Einladung von Axel Krause aufbaute, anfänglich mit einer Begründung widerstanden, die nach wie vor Bestand hat: "Wir können nicht die Gesinnung unserer Künstler recherchieren, um zu schauen, ob sie ausstellungswürdig sind."
Umso fataler waren die totale Kehrtwende von Rainer Schade und seinen ehrenamtlichen Kuratorenkolleginnen und -kollegen und ihre Absage der Leistungsschau.
Kunst wird nicht mehr autonom betrachtet
Hat Axel Krause also recht, wenn er sich nun als Opfer eines Tribunals sieht und deshalb auch die für gestern geplante öffentliche Podiumsdiskussion platzen ließ? Die "Ausgewogenheit und die Berücksichtigung meiner Wünsche, hinsichtlich der Gesprächspartner" seien nicht gegeben gewesen, erklärte der Maler auf "Facebook".
Nein, hat er nicht. Aber von jemandem, der offenkundig so einfach gestrickt ist wie dieser Künstler, kann man auch nicht viel mehr als eine zutiefst eindimensionale Weltsicht erwarten. Kunst kann heute niemand mehr ohne weiteres als autonom ansehen. Sie muss immer auch in ihrem historischen, sozialen, politischen Kontext verstanden werden. Gut zu sehen ist das an der aktuellen Debatte um Emil Nolde und die Verstrickungen der Expressionisten in den Nationalsozialismus.
Das macht die Beurteilung von Kunst nach gewohnten Maßstäben schwer und spiegelt sich auch im Umgang mit Axel Krause wider: Wie stark soll in einem künstlerischen Werk die politische Haltung gewichtet werden? Die einen sagen: Gar nicht! Die anderen: Die politische Haltung sagt alles! Der Schlingerkurs der Kuratoren in Leipzig offenbart diese Unsicherheit.
Diskussionsbereitschaft zahlt sich aus
Der Vorschlag des Direktors des Museums der Bildenden Künste, Alfred Weidinger, in einer solchen Situation eine "gut vorbereitete" Debattenreihe zu beginnen, war der einzig richtige. Das Beispiel Dresden, wo man sich im Albertinum ja auch im letzten Jahr mit heftiger Kritik aus der Pegida-Ecke auseinandersetzen musste, zeigt: Sorgfältig vorbereitete, öffentliche Diskussionsveranstaltungen, die niemanden ausschließen und geduldig mit den Parolen von Ideologen aller Art umgehen, können auf Dauer einen guten Effekt haben. In Leipzig scheint das - jedenfalls zurzeit - nicht möglich zu sein.