Auf der einen Seite ein neuer Fahrgastrekord und auch steigende Umsatzzahlen, auf der anderen ein Gewinneinbruch um knapp 30 Prozent, zudem ist auch die Verschuldung des bundeseigenen Konzerns um gut 900 Millionen auf nun 19,5 Milliarden Euro gestiegen. Die Bilanz der Bahn für 2018 zeigt vor allem eines: In vielen Bereichen fehlt das Geld. Bahnchef Richard Lutz spricht deshalb von einer entscheidenden Phase für die Weiterentwicklung des Konzerns. Und wie schon so oft in den vergangenen Monaten fällt ein Wort immer wieder, auch heute in seiner Bilanzrede:
"Der Erfolg der Schiene birgt Nebenwirkungen. Nennen wir es Wachstumsschmerzen."
Jeder vierte Fernzug war 2018 verspätet
Diese Wachstumsscherzen seien zum Großteil dafür verantwortlich, dass im vergangenen Jahr nur rund drei Viertel der Fernzüge pünktlich ankamen. Denn um Kapazitätsengpässe im Schienennetz zu beheben, muss gebaut werden. Die Folge sind Verspätungen. Immerhin sind die Bruttoinvestitionen, also das, was Bahn und Bund gemeinsam ausgeben, auf über 11 Milliarden Euro gestiegen. Doch der Um- und Ausbau in allen Bereichen brauche Zeit:
"Es wird nicht so sein, dass man den einen Schalter umlegt und es macht puff - und nach Ostern ist alles besser. Gerade in solchen Situationen ist es wichtig, dass wir unsere Kunden verlässlicher informieren und einen besseren Komfort bieten. Wir haben insbesondere vor, die Attraktivität unserer Bahnhöfe zu steigern. Da sind wir guten Mutes, dass wir deutliche Fortschritte machen."
Auf der Suche nach Geldquellen
Gestern hat der Aufsichtsrat der Bahn grünes Licht für den Verkauf der Auslandstochter Arriva gegeben, angesiedelt in England und in 14 Ländern aktiv. Ein Gewinnbringer in den Bilanzen. Richard Lutz ließ das Thema in seiner Rede erst einmal außen vor, auf Nachfrage dann nur so viel: Bis Juli soll ausgelotet werden, ob ein Komplett- oder Teilverkauf oder auch ein Börsengang der Unternehmenstochter der beste Weg zu mehr Geld ist. Experten wie Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband "Pro Bahn" fordern mehr Ehrlichkeit und auch eine deutliche Aufstockung der Finanzen. Denn die Bahn gehöre auch zum Regierungskonzept einer klimafreundlichen Verkehrspolitik:
"Wenn ich die Verkehrswende will, geht es nur so, dass wirklich sehr viel mehr Geld hineinstecke. Dass auch die Planung vereinfacht wird. Es ist genauso wie bei der Energiewende: Energiewende ohne Solarzellen oder auch Windräder wird nicht gehen. Hier muss sich die Politik an die Front der Verkehrswende stellen. Sonst wird das nichts."
Ordentliche Finanzspritze vom Bund
In vielen Bereichen gibt der Eigentümer, der Bund, inzwischen mehr Geld. Etwa für die Digitalisierung des Netzes. Für den Ausbau der Infrastruktur sind inzwischen 50 Milliarden Euro, gestreckt auf die kommenden zehn Jahre, im Gespräch. Ein Anfang, sagt Vorstand Ronald Pofalla, früher Kanzleramtschef:
"Die verkehrlichen Investitionen in die Infrastruktur im Bundeshaushalt sind gewaltig. Dafür bedanken wir uns. Trotzdem sage ich hier offen: Wir verhandeln weiter. Ich bin gespannt, wie die nächsten Wochen und Monate laufen werden."
"Auf dem Weg zu einer besseren Bahn" - so lautete das Motto der heutigen Bilanzvorstellung. Es wird wohl ein längerer Weg - und zudem einer mit vielen finanziellen Fragezeichen werden.