In den letzten Monaten des Jahres 2019 dominierte auf den ersten Blick vor allem eine Thema die Literaturwelt: Die Debatte um den Literaturnobelpreis für Peter Handke. Der österreichische Schriftsteller ist wegen seiner proserbische Haltung während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien bis heute umstritten. Kritiker sind der Meinung, dass man Handke den Nobelpreis nicht hätte verleihen dürfen.
Darüber allerdings möchte Literaturkritikerin Maike Albath nicht weiter sprechen – sie meint, dass man es versäumt habe, "über Inhalte zu reden und viel zu wenig über Texte" gesprochen habe. Außerdem sei die andere Preisträgerin des Literaturnobelpreises, Olga Tokarczuk, durch die Diskussion über Handke in den Hintergrund gerückt worden.
Viele beeindruckende Werke von Autorinnen
Grundsätzlich sei 2019 ein Jahr mit vielen hervorragenden Werken von Autorinnen gewesen. "Mir scheint es ein großer Moment dieses weiblichen Erzählens zu sein", so Albath. Sybille Lewitscharoff habe einen "großer Roman" veröffentlicht, und Barbara Honigmann habe eindrücklich darüber geschrieben, was es hieß, jüdisch in der DDR zu sein.
Als Neuentdeckung nennt Albath die 40-jährige Kenah Cusanit, deren Debüt von der Ausgrabung Babylons handelt. Insgesamt hätten gerade die Autorinnen "sehr viele verschiedene Annäherungsweisen an die Welt" vorgelegt.
Mischung aus Autobiografie und Fiktion
Den Deutsche Buchpreis ging 2019 an Saša Stanišić für seinen Roman "Herkunft". Stanišić‘ Werk ist laut Albath ein Beispiel für sogenannte "Hybrid-Formen", bei denen die Autorinnen und Autoren sich nicht auf Fiktion beschränken, sondern autobiografische und dokumentarische Elemente in ihr Werk mischen.
Zu den Hybrid-Büchern gehöre auch David Wagners "Der vergessliche Riese" - gleichzeitig ein Buch über die Demenzerkrankung des Vaters und die alte Bundesrepublik.
Es gebe außerdem inzwischen eine ganze Reihe Autorinnen und Autoren, die in mehreren Sprachen verankert seien, zum Beispiel Terézia Mora und Matthias Nawrath. Deren Werke seien eine Bereicherung für die Literaturszene in Deutschland.
Stadtleben versus Landleben
Neben Romanen, die in Berlin spielen, gebe es auch eine "Tendenz zum Dorfroman". Diese Entwicklung hat laut Albath schon vor einigen Jahren eingesetzt: Sie beobachtet eine Renaissance des Dorflebens.
Das "Buch des Jahres" dazu sei Jan Brandts Roman "Ein Haus auf dem Land". Brandt habe sowohl eine Wohnung in der Stadt als auch ein Haus auf dem Land und nehme die sozialen Hintergründe in den Blick - und die dazugehörigen "Absurditäten".