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Jahrestag der Auschwitz-Befreiung
Schülergruppe aus NRW besucht Gedenkstätte

Essener Gymnasiasten haben die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz besucht und dort gemeinsam mit NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann einen Kranz niedergelegt. Die Rote Armee hatte das Vernichtungslager vor 71 Jahren befreit.

Von Moritz Küpper |
    Besucher der Gedenkstätte des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau betrachten am 71. Jahrestag der Befreiung des Lagers Bilder von "Marsch der Lebenden".
    Besucher der Gedenkstätte des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau betrachten am 71. Jahrestag der Befreiung des Lagers Bilder von "Marsch der Lebenden". (picture alliance / dpa / Andrzej Grygiel)
    Es waren doch einige Meter, die Marvin Grahl, ein Schüler des Essener Gymnasiums am Stoppenberg, auf dem matschigen Boden in Auschwitz zurücklegen musste. Zusammen mit seiner Mitschülerin Mara Raasch und Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann, trug Marvin Grahl einen Kranz zum Gedenken an die Hinrichtungsmauer im Stammlager von Auschwitz. Seine Mitschüler aus Essen folgten in einigem Abstand - genauso wie eine Schülergruppe aus Polen.
    "Ich fand es wirklich komisch, als ich den Kranz nach vorne gebracht habe. Als diese polnische Schülergruppe uns einfach angeguckt hat, und man hat sich da schon ein bisschen wie dieser Straftäter gefühlt."
    Marvin Grahl ist 16 Jahre, seine Eltern, selbst Großeltern sind weit nach Ende des Zweiten Weltkrieges geboren - und doch geht diese Woche, in der die Schülergruppe des Essener Gymnasiums in Polen unterwegs ist, den Schülerinnen und Schülern sichtbar nahe: Schülerinnen, die sich während Blockbesichtigungen mit Tränen in den Augen umarmen, nachdenkliche Gesichter, mitunter verzweifelte Blicke. Es sei das eine, so der Schüler, die Geschichte aus Büchern zu erfahren - oder eben selbst vor Ort zu sein:
    "Wir standen ja in den Räumen gerade, wo wirklich Menschen gestorben sind. Und das ist wirklich echt ergreifend. Da denkt man dann halt auch mal nach und geht auch in sich. Was ging in den Leuten vor, die das machen konnten."
    Erinnerung als Verantwortung
    Er und seine Mitschüler, das wird an diesem Tag deutlich, begreifen die Erinnerung als Verantwortung:
    "Vielleicht ist für die heutige junge Generation eine offenere Auseinandersetzung möglich", sagt NRW-Schulministerin Löhrmann, sie begleitet zum fünften Mal Schülerinnen und Schüler rund um Gedenktag nach Auschwitz, "weil sie sich nicht mehr fragen müssen, wie wir: Was haben meine Eltern getan? Was haben meine Großeltern getan? Sie sind frei von persönlicher Schuld. Eindeutig. Aber gleichwohl nehmen sie ja den Auftrag an, mit für eine Gesellschaft zu arbeiten, in der sich so etwas eben nicht wiederholt. Und diese Übersetzungsleistung, gedanklich, gesellschaftlich, die vollziehen die jungen Leute ganz von alleine."
    Im vergangenen Jahr besuchten über 1,7 Millionen Menschen die Gedenkstätte Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz - es ist ein Besucherrekord. Und doch gibt es - 71 Jahre nach der Befreiung - nachdenkliche Töne:
    "In ein paar Jahren gibt es eigentlich keine Zeitzeugen mehr. Also, wir sind alle hier eigentlich schon die letzten Generationen, die noch die Chance hatten, Überlebende kennenzulernen, mit ihnen zu sprechen, zu erfahren, was damals geschah. Die Generationen nach uns haben diese Chance nicht mehr", sagt Fremdenführer Wieslaw Swiderski, der die Schüler durch das Lager geführt hat. Er erinnert an die späteren Gewalttaten im ehemaligen Jugoslawien, in Ruanda oder eben aktuell in Syrien - und zitiert immer wieder den spanischen Schriftsteller George Santayana: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verdammt sie zu wiederholen." Ein Satz, den auch Marvin kennt. Das Gespräch mit Zeitzeugen, der Rundgang in Auschwitz, die Kranzniederlegung, das alles ist für ihn auch ein Auftrag, diese Eindrücke aus Auschwitz weiterzutragen:
    "Dass das nie mehr passiert, das können wir halt erhalten."