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Jahreswechsel
Köln bereitet sich auf Silvesternacht vor

Landes- und Bundespolizei, Feuerwehr und Ordnungsamt: Mit hohem Personaleinsatz will Köln zwei Jahre nach den Übergriffen in der Silvesternacht für Sicherheit sorgen. Doch die Stadt bemüht sich auch um ein positives Image - mit Rahmenprogramm und Respektkampagne.

Moritz Küpper im Gespräch mit Ulrich Gineiger |
    Polizisten am Hauptbahnhof am Silvesterabend.
    Schon im letzten Jahr war die Polizei an Silvester mit verstärktem Polizeiaufgebot im Einsatz (imago stock&people)
    Ulrich Gineiger: Es mag grotesk anmuten, dass in vielen Städten ein massives Polizeiaufgebot dafür sorgen muss, dass wir sorglos unter freiem Himmel Silvester feiern. Besonders in Nordrhein-Westfalen und hier in Essen und Köln wird die Polizei auf öffentlichen Plätzen wie Bahnhöfen Präsenz zeigen, nachdem es in der Silvesternacht vor zwei Jahren zu massiven Übergriffen gegenüber Frauen gekommen war. Frage an unseren Landeskorrespondenten Moritz Küpper: Sind solche wirklich massiven Sicherheitsaufgebote aus ihrer Sicht angebracht?
    Moritz Küpper: Naja, Sie haben es gesagt: Fakt ist erst einmal, dass es sie gibt. Und zwar in dem von Ihnen ebenfalls geschilderten großen Ausmaß: Also ein paar Zahlen an der Stelle vielleicht mal: Alleine in Nordrhein-Westfalen sind insgesamt knapp 6.000 Beamtinnen und Beamten der Landespolizei im Einsatz, die meisten davon eben in Köln, rund 1.400. Dazu kommen noch mal rund 800 Bundespolizisten, die sind ja für die Bahnhöfe und Strecken letztendlich zuständig - ebenfalls landesweit diese Zahl, aber auch hier liegt bei denen der Schwerpunkt in Köln. Auch die Feuerwehr in Köln, das Ordnungsamt sind teilweise mit größeren, teilweise mit doppelten Kontingenten im Einsatz. Das war ja auch bereits im vergangen Jahr der Fall. Sozusagen dem ersten Jahreswechsel seit der sogenannten Kölner Silvesternacht 2015/2016, bei der es ja hunderte von Übergriffen gegeben hat - aber nicht nur in Köln, sondern auch andernorts.
    Seitdem wird in Köln, aber eben auch in NRW großflächig am Hauptbahnhof kontrolliert, werden böllerfreie Zonen eingerichtet, eben mehr Sicherheitskräfte eingesetzt. Da sind dann in Köln beispielsweise Polizisten mit gelben Warnwesten in Dreierteams unterwegs, wollen immer ansprechbar sein.
    Und Sie haben mich eingangs nach meiner Einschätzung gefragt: Ich denke, dass das angebracht ist. Denn letztendlich geht es ja darum, dass sich jedermann, also Frau und Mann, möglichst wohl und sicher fühlt - und dafür sind diese massiven Kräfte nun auf der Straße.
    Nationalität von Tätern soll nun doch genannt werden
    Ulrich Gineiger: Es ist in Teilen der Öffentlichkeit gefordert worden, aus Gründen der politischen Korrektheit, die Herkunftsländer der Täter zu verschweigen. Ist das Ihre Auffassung?
    Moritz Küpper: Das war natürlich ein, wenn nicht das große Thema im Nachgang zu dieser Kölner Silvesternacht. Und darauf folgend ist ja auch eine große Debatte entbrannt. Der Presserat, sozusagen die Institution, die Ratschläge für den Umgang an die Medien gibt, hat seine Vorschriften geändert, sagt nun: Wenn es der Kontext hergibt, dann solle die Nationalität genannt werden.
    Ursprüngliche Idee war und ist ja, dass Gruppen eben nicht stigmatisiert werden sollen. Deshalb ist diese Regelung vorhanden. Außerdem gibt es ja die Erkenntnis, die Dominic Kudlacek, Sozialwissenschaftler und stellvertretender Leiter des Kriminologischen Instituts in Hannover noch einmal so zusammengefasst hat: "Kriminalität ist nicht eine Frage des Passes, sondern von Belastungsfaktoren." Also: Nicht auf die Nationalität, sondern auf die Umstände komme es an.
    Allerdings, und jetzt gibt es eben auch andere Studien, bei denen hat sich gezeigt, dass viele Leserinnen und Leser, Hörerinnen und Hörer ohnehin davon ausgehen, dass Täter Asylbewerber seien, wenn keine Nationalität genannt sei. Insofern kann und gibt es teilweise schon ein komplettes Umdenken. Und wenn wir hier auf NRW, auf die Situation rund um Silvester schauen, dann gibt es sogar einen klaren Erlass durch den Innenminister Herbert Reul von der CDU. Der sagt, die Pressearbeit der Polizeibehörden habe offen, neutral und transparent zu sein und dann wörtlich: "Dazu gehört für mich auch, dass benannt wird, welcher Nationalität ein Tatverdächtiger ist - wenn das für den Fall bedeutsam ist."
    Polizeipräsident sieht sich gut gerüstet
    Ulrich Gineiger: Ja, klare Worte. - Welche Erfahrungen hat man denn mit der Tätergruppe nach den Ausschreitungen gemacht - kamen Warnungen bei den richtigen Leuten an?
    Moritz Küpper: Das ist schwer zu sagen. Es geht ja erst mal darum, damals Täter gefasst zu haben. Das ist ja ohnehin teilweise auch im Sand verlaufen, muss man sagen. Und nun ja, im vergangen Jahr gab es ja letztendlich keine großen Ausschreitungen, sondern einfach diese Situation, dass es nach den Vorfällen ein Jahr zuvor auf einmal wieder, für viele dann auch überraschend, gegen 22.30 Uhr, große Mengen junger Männer in Kleingruppen in Köln am Hauptbahnhof dort ankamen. Die wurden ja dann festgehalten, kontrolliert, wir kennen alle diese Bilder noch, und danach entbrannte ja eine sogenannte Racial-Profiling-Debatte, der sich die Kölner Polizei dann stellen musste.
    Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob sieht sich und seine Kolleginnen und Kollegen für dieses Jahr zumindest gut gerüstet:
    "Ich glaube, wir sind dieses Jahr noch besser vorbereitet. Wir haben die Erkenntnisse aus 2016 noch mal ausgewertet. Dort waren ja wieder tausende von jungen Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz und in der Altstadt. Wir wissen heute, dass es nicht dieselben waren, die 2015 hier waren. Wir gehen jetzt davon aus, auch dieses Jahr werden wieder viele Feiernde nach Köln kommen, auch Alkoholisierte, auch Aggressive, darauf haben wir uns vorbereitet."
    Respektkampagne der Stadt Köln
    Moritz Küpper: Soweit also Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob. Das klang da an: Die Kölner Plozie hat extra ein Symposium eingerichtet, hat sich genau mit den Silvestervorfällen 2015, aber auch 2016 beschäftigt und eine Erkenntnis war eben auch, aus diesen Umfragen, die da gemacht wurden: Köln ist weltweit als Partystadt bekannt, hat in NRW eine gute Verkehrsanbindung - diese Klientel, von der wir da mitunter ja auch sprechen, hat keinen Zugriff auf Fahrzeuge - und es ist die einzige im Westen Deutschlands wahrgenommene Metropole mit einer sogenannten "open society".
    Also all das sind Faktoren, weshalb man da auch in diesem Jahr mit einem großen Andrang rechnet und weshalb es eben diese Sicherheitsmaßnahmen gibt. Aber - und auch das muss man ja sagen - es gibt ein Rahmenprogramm, es gibt Lichtershows und es gibt eine Respektkampagne der Stadt Köln, denn die will natürlich auch positiv wirken, und diese Respektkampagne, die wird sich dann durch das ganze Jahr 2018 ziehen.