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Super League vs UEFA
EuGH-Verfahren mit großer Bedeutung für Sportsysteme

Vor dem Europäischen Gerichtshof klagen Juventus Turin, Real Madrid und der FC Barcelona gegen den europäischen Fußballverband UEFA. Hintergrund: Die Vereine wollen sich gegen ein vermeintliches Kartell wehren, das ihre Pläne für eine Super League verhindert hatte.

Holger Jakob im Gespräch mit Astrid Rawohl |
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und der ECA-Vorsitzende Andrea Agnelli bei einer Pressekonferenz in Brüssel am 20.11.2018
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und Vorsitzende Andrea Agnelli - Präsident von Juventus Turin und bis zum Super-League-Vorstoß Vorsitzender der Clubvereinigung ECA. (imago sportfotodienst)
Im Verfahren gegen die UEFA gehe es um drei Komplexe, erklärt Sportrechtler Holger Jakob im Dlf. Zum einen sind die nicht-fehlenden Regeln der UEFA zu etwaigen privat geführten Ligen Thema. Dann geht es darum, dass die UEFA Kontrolleur, Veranstalter und Vermarkter gleichzeitig ist - etwa beim Europapokal oder der Europameisterschaft. Und schlussendlich lassen drei Klubs, die die "Super League" gründen wollten, in dem Verfahren überprüfen, ob die angedrohten Sanktionen gegen teilnehmende Klubs und Spieler der Liga durch FIFA und UEFA rechtmäßig gewesen wären.
Die Beantwortung dieser Fragen, die sich darum drehen, ob FIFA und UEFA ein Kartell darstellen, sei für das Sportsystem von großer Bedeutung, sagt Jakob. Wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen die Verbände entschiede, könnte das Ein-Platz-System in Gefahr sein, nach dem es nur einen globalen und einen europäischen Verband für einen Sport und darin nur einen nationalen Verband pro Land gebe. DFB-Präsident Bernd Neuendorf habe sich in einem Gastbeitrag in der Zeitung Welt zurecht alarmiert gezeigt, weil das Super League Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof wahrscheinlich das Wichtigste seit dem Bosman-Urteil sei, sagt Jakob.

"Gesellschaftspolitisch wichtige Bedeutung"

Möglicherweise gebe es im Anschluss neue Player. "Dann kann man nicht mehr in deutschen Meister feststellen, dann gibt's möglicherweise drei deutsche Meister oder drei Europameister", sagt Jakob.
Deutschland wird Regierungsvertreter zu dem Verfahren nach Luxemburg entsenden. Auch EU-Parlament und Europäischer Rat äußerten sich zu dem Thema, erklärt Jakob: "Da wurde eben noch mal klargestellt, dass dieses europäische Sportmodell im Gegensatz zum amerikanischen Modell, das ausschließlich Entertainment und Unterhaltung ist, immer den Link zwischen Amateursport und Profisport wahren soll und auch den Jugendbereich, Nachwuchsbereich, Breitensportbereich immer fördern soll. Und das ist wichtig, weil es so eine gesellschaftspolitisch wichtige Bedeutung hat in Deutschland." Die Bundesregierung sei allerdings erst spät aufgewacht, kritisiert er.

"Salomonisches Urteil" könnte kommen

Jakob rechnet damit, dass der EuGH in einigen Monaten dann ein salomonisches Urteil fällen wird, dass das europäische Sportsystem stütze, aber der UEFA einige Aufgaben auferlegt. Die Gründung einer privaten Liga sei grundsätzlich nicht zu verhindern. Es gehe um Sanktionsmöglichkeiten für die Verbände. Auch eine Veränderung der Aufgaben der UEFA als Vermarkter und Regulator von Wettbewerben hält er für realistisch. Auch die Verpflichtung zur Gründung einer unabhängigen Kontrollinstanz sei möglich.