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Jamaika-Bündnis
Koalitonsvertrag in Kiel unterzeichnet

In Deutschlands nördlichstem Bundesland machten CDU, Grüne und FDP nun den Weg für eine schwarz-gelb-grüne Regierung frei. Damit haben die Vertreter den Grundstein für die erste Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein gelegt - und arbeiten bereits an Kompromissen für die kommenden fünf Jahre.

Von Johannes Kulms |
    Die Verhandlungsführer der schleswig-holsteinischen Koalitionsverhandlungen, (l-r) Heiner Garg (FDP), Monika Heinold (Bündnis 90/Die Grünen) und Daniel Günther (CDU), hantieren am 16.06.2017 in Kiel (Schleswig-Holstein) mit den Koalitionsverträgen.
    FDP, CDU und Grüne: Nach stockenden Verhandlungen Anfang Juni ist nun den Weg zur Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein frei. (dpa/picturealliance/Carsten Rehder)
    Am Dienstagvormittag war es vollbracht: In Kiel unterzeichneten die Vertreter von CDU, Grünen und FDP endgültig den Koalitionsvertrag. Zuvor war dieser nur unter Vorbehalt geschlossen worden, weil die Parteien die Einigung noch absegnen mussten. Daniel Günther, Schleswig-Holsteins designierter Ministerpräsident, hebt hervor: "Jede Partei hat, glaube ich, in diesem Koalitionsvertrag sehr viele Punkte drin, wo man aus Überzeugung sagen kann: Genau dafür haben wir um Vertrauen bei den Wählerinnen und Wählern geworben."
    Erst im vergangenen Herbst war Günther kurzfristig zum Spitzenkandidaten der CDU ausgerufen worden, nachdem der dafür nominierte Sylter Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing das Handtuch geworfen hatte. Günther trommelte rasch für das, was er nun geschafft hat: ein Jamaika-Bündnis. Rasch schwor er seine Partei auf einen Kurs der gesellschaftspolitischen Modernisierung ein. So trat Günther für die vollständige Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare inklusive Adoptionsrecht ein. Ein Punkt, der auch im Kieler Koalitionsvertrag verankert wurde - und durch den überraschenden Vorstoß der Bundeskanzlerin und die für Freitag von der SPD angesetzte Abstimmung im Bundestag nun rascher Realität werden könnte als gedacht.
    Stockende Verhandlungen
    Personell schienen die Voraussetzungen also günstig für die Verhandlungen, zumal sich das Spitzenpersonal von CDU, Grünen und FDP im Kieler Landeshaus schon länger gut versteht. Und doch erinnerte der Grüne-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz beim Parteitag in Neumünster am 23. Mai seine Partei daran: "Wir müssen als Partei sagen: 'Wir verhandeln, aber wir verhandeln ergebnisoffen. Das heißt, wir können auch sehr selbstbewusst Nein sagen!'"
    Doch zunächst votierten die Grünen erst mal mit großer Mehrheit für die Koalitionsverhandlungen mit Liberalen und Christdemokraten. Diese begannen vielversprechend und zunächst sah es so aus, als könne der äußerst ambitionierte Zeitplan tatsächlich eingehalten werden. Beim Thema Finanzen waren sich die drei Parteien rasch einig und auch im persönlichen Umgang überwog der Eindruck: "Die verstehen sich!"
    Umso größer war für viele die Überraschung, als die Verhandlungen Anfang Juni plötzlich stockten. Mehr noch: Sie wurden ausgesetzt und das für drei Tage. Die FDP und die Grünen hatten sich in die Haare bekommen wegen der Verkehrspolitik. Der Streit schaukelte sich hoch, am Ende stellten beide Parteien gegenseitig das Vertrauen infrage. Den Verhandlungen drohte das aus.
    Das es anders gekommen ist, führen viele an den Gesprächen beteiligte aus allen Lagern vor allem auf das diplomatische Geschick von Daniel Günther zurück. Am Ende wurden nicht nur Kompromisse bei Themen wie dem Weiterbau der Autobahn A20 oder der Festen Fehmarnbeltquerung gefunden, sondern auch auf anderen Feldern, auf denen die Parteien teilweise weit auseinander lagen - allem voran dem Ausbau der Windkraft, der Flüchtlingspolitik aber auch in der Schulpolitik.
    Unterschiedliche Philosophien vereinen
    Heiner Garg, Verhandlungsführer der FDP und designierter Sozialminister in Günthers Kabinett, machte nach dem Abschluss der Gespräche klar: "Dass wir ganz unterschiedliche Herangehensweisen haben, weil wir drei unterschiedliche Parteien sind mit unterschiedlichen Philosophien. Das war die Kunst, diese unterschiedlichen Herangehensweisen zu einer gemeinsamen politischen Handlungsempfehlung zusammenzuschreiben und sich darauf zu verständigen, in den kommenden fünf Jahren auf dieser Basis Politik für die Menschen in Schleswig-Holstein zu machen."
    Eine Aussage, die für alle Koalitionsverhandlungen gilt – und im Falle eines Jamaika-Bündnis doch noch mal in einem besonderen Licht erscheint. Und so scheint jetzt schon eines klar: Mit der Wahl von Daniel Günther zum Ministerpräsidenten stehen Schleswig-Holstein politisch spannende Jahre bevor - aber auch konfliktreiche.