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Jamaika-Sondierungen
Eine Reform unseres Bildungsföderalismus?

Die Unterhändler von Grünen, FDP und Union verhandeln in dieser Woche nicht nur über Verkehr und Landwirtschaft, sondern auch über Bildung und Forschung. Was geht daraus hervor? Bisher: der Wunsch, ganz vorne mit dabei zu sein und ein Versprechen auf viel Geld und viele Pakte.

Von Paul Vorreiter |
    Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen (l-r), Nicola Beer, FDP-Generalsekretärin, Peter Tauber, CDU-Generalsekretär und Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär.
    Michael Kellner (Grünen), Nicola Beer (FDP) , Peter Tauber (CDU) und Andreas Scheuer (CSU) informieren über den Stand der Sondierungsgespräche (pa/dpa/Kappeler)
    Bei der Bildung haben die Jamaika-Parteien einiges vor: Peter Tauber, Generalsekretär der CDU, teilte zu Beginn der Woche mit, woran sich die vier möglichen Koalitionäre orientieren:
    "Wir wollen natürlich, dass Deutschland gerade beim Thema Forschung und Bildung nicht nur in Europa, sondern weltweit führend bleibt, dort aufschließt, wo wir nicht ganz vorne mit dabei sind."
    Bis 2025 sollen die gesamtstaatlichen Ausgaben für Bildung und Forschung mehr als 10 Prozent der Wirtschaftsleistung, also des Bruttoinlandsproduktes, ausmachen. Für Forschung und Entwicklung sollen es mehr als 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung sein. Geld, bei dem sich die Frage stellt, woher es stammen soll und wer genau was bezahlt. Nicola Beer von der FDP:
    "Gerade, wenn man in Bildung investieren will, gerade wenn man auch sieht, dass die Frage der digitalen Bildung ein ganz wichtiger Aspekt ist, der quasi beide Themenbereiche miteinander verbindet, dann muss man auch schauen, wie diese Mittel vor Ort in die Bildungseinrichtungen gelangen, und deswegen auch die Frage nach der grundlegenden Reform unseres Bildungsföderalismus"
    Gelockertes Kooperationsverbot?
    Im Klartext heißt das: Ob und wie weit das Kooperationsverbot von Bund und Ländern weiter gelockert werden soll, das müssen die Sondierer noch ausdiskutieren. Wenn es nach der FDP geht, sollen einzelne Bildungseinrichtungen eigenständiger arbeiten können, eine Absage an Bildungszentralismus des Bundes.
    Die Betätigungsfelder der möglichen Koalitionen scheinen jedenfalls schon festzustehen. So soll es unter anderem einen Berufsbildungspakt geben. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer teilte mit, wozu der gut ist:
    "Wir wollen klar machen, dass wir Nachholbedarf bei der beruflichen Bildung haben, wir wollen es gleich stellen zur akademischen."
    CDU, CSU, FDP und Grüne bekennen sich darüber hinaus zu lebenslangem Lernen, das heißt in der Praxis: Weiterbildung soll qualitativ besser und attraktiver werden.
    Nachfolge-Regelwerk zum Hochschulpakt
    Auch die Hochschulen sollen stärker unterstützt werden. Auf den bisherigen Hochschulpakt soll ein Nachfolgeregelwerk folgen. Im Hochschulpakt reagierten Bund und Länder vor einigen Jahren auf die vielen Studienanfänger, die durch doppelte Abiturjahrgänge und durch den Wegfall der Wehrpflicht an die Hochschulen gekommen waren. Über die Gesamtlaufzeit von 2007 bis 2023 wird der Bund insgesamt in diesem Rahmen mehr als 20 Milliarden Euro und die Länder gut 18 Milliarden Euro ausgegeben haben.
    Die Sondierungspartien wollen außerdem das Bafög erweitern, so dass mehr Studierende davon profitieren können. Auch Stipendien sollen ausgebaut werden. Die Exzellenzstrategie an Hochschulen; auch die wollen CDU CSU FDP und Grüne fortsetzen.
    Forschung und Entwicklung soll in Zukunft steuerlich gefördert werden, der Pakt für Forschung und Innovation erweitert werden. Ein Fazit: Bei Bildung und Forschung versprechen die möglichen Jamaika-Koalitionäre nach bisherigem Stand viel Geld und viele Pakte. Doch weil die Ziele längerfristig angelegt sind, könnte es gut möglich sein, dass Jamaika nach nur einer Legislaturperiode keine Rechenschaft ablegen wird und viele der Versprechungen vorerst unerfüllt bleiben.