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Jamaika-Sondierungen
Ringen um Regierungsbündnis geht weiter

Die Sondierungsgespräche wurden bis Sonntag verlängert: In Blöcken von ein bis zwei Stunden sollen bis zum morgigen Abend alle Themen aufgerufen werden. Vor allem bei der Zuwanderung, dem Klimaschutz und den Finanzen gibt es Uneinigkeit.

Von Gudula Geuther |
    Anton Hofreiter (l), Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, sitzt neben CSU Verkehrspolitiker Ulrich Lange am 08.11.2017 bei Beratungen in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. In verschiedenen Arbeitsgruppen beraten Politiker von CDU, CSU, FDP und Grünen Einzelthemen zur Vorbereitung auf die nächste große Runde bei den Sondierungsgesprächen am 10.11.2017 in Berlin. Foto: Michael Kappeler/dpa | Verwendung weltweit
    "Man muss sich Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen": Nächtliche Verhandlungsrunde in Berlin (picture alliance / Michael Kappeler/dpa)
    Die Belastung der vergangenen Tage ist sichtbar - und nicht nur das.
    "Ich muss mich entschuldigen, ich bin 40 Stunden ohne Schlaf, mein Erinnerungsvermögen lässt langsam ein bisschen nach."
    "Ich glaube, die Nacht hat uns alle ein bisschen Kraft gekostet. Denn Schlaf wird zwar überbewertet, aber ein bisschen braucht man schon", sagt der FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Und sagt Julia Klöckner, die um halb acht Uhr abends, nach den Verhandlungen der vier Parteien, noch weiter berät. Mit ihrer CDU und der Schwesterpartei CSU. Die haben - wie die anderen Parteien - ihre Gremiensitzungen abgesagt, nachdem die Sondierung zu möglichen Jamaika-Koalitionsgesprächen verlängert worden waren. Und tatsächlich gibt es offenbar noch viel zu klären.
    "Wir gehen jetzt noch einmal durch alle Themenfelder durch. Es gibt Themen, wo wir uns angenähert haben und andere Themen, wo man sagen muss: Jetzt muss einer mal springen."
    Kubickis gewohnte Schnoddrigkeit
    In Blöcken von ein bis zwei Stunden sollen die Themen aufgerufen werden, bis zum Sonntagabend. Gesprochen wird dann über das, was in eckigen Klammern steht, das Zeichen dafür, dass mit dem betreffenden Satz nicht alle einverstanden sind. Die Zahl dieser eckigen Klammern sei nicht kleiner, sondern größer geworden, sagt in gewohnter Schnodderigkeit Wolfgang Kubicki.
    "Kommst Du mir da entgegen, komm ich Dir da entgegen, das ist das Spiel. Und deshalb ist die Zahl der Klammern nochmal erhöht worden, damit aufgrund der Höhe der Einsätze auch mehr verteilt werden kann."
    CDU-Generalsekretär Peter Tauber geht es in einem Youtube-Video ernsthafter an: "Keine Frage, die Gespräche sind schwierig. Wir müssen beim Thema Klima, beim Thema Migration, beim Thema Finanzen wirklich nochmal hart miteinander ins Gericht gehen. Aber an anderen Stellen sind wir gut miteinander vorangekommen."
    Wie weit man gekommen ist, ist dabei offen. Einzelergebnisse sollten nicht verkündet werden, sagt Julia Klöckner. Der Zeitplan dagegen ist bekannt. Die Grüne Katrin Göring-Eckart: "Wir haben heute geredet über zwei schwierige Themen, Außen und Europa. Und wir werden morgen nochmal reden über Asyl und über Klima. Und dann schauen wir, ob wir da weiter gekommen sind, ja oder nein."
    Kretschmann: "Sieht mir grad nicht nach Einigung aus"
    Zur Migration äußerte sich dagegen ihr Parteifreund Winfried Kretschmann. Kretschmann, der als Ministerpräsident von Baden-Württemberg auch in Migrationsfragen der Union weiter entgegengekommen war, als vielen Grünen lieb war. "Sieht mir grad nicht nach Einigung aus", so sagte trotzdem auch er am Abend den wartenden Journalisten.
    Wie sehr man aufeinander zuzugehen gewillt ist, dazu gibt es unterschiedliche Signale. Diesmal ist es Horst Seehofer, der sich von den Grünen genervt zeigt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dagegen, der in den vergangenen Tagen mit scharfen Tönen in Richtung der Ökopartei aufgefallen war, zeigte sich am Nachmittag zahmer.
    "Das Verständnis zumindest füreinander, für die jeweilige Situation, das wächst ja in solchen Gesprächen. Das heißt noch nicht, dass man dann die Position des Gegenübers unbedingt richtig findet. Aber man entwickelt ein Verständnis, wie er zu dieser Position gekommen ist."
    Und auch wenn sie es ganz anders sagen, so meinen der Grüne Cem Özdemir nach der gemeinsamen Rund und der amtierende Kanzleramtsminister Peter Altmaier nach dem Treffen der Schwesterparteien um zehn wohl in etwa das Gleiche:
    "Man muss sich Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen, Sie kennen das ja."
    "Ja, morgen wird ein sehr arbeitsreicher Tag und es hängt von jedem einzelnen ab, wie er ausgeht."