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Bilder des neuen Weltraumteleskops
James Webb liefert Einblicke in die Frühphase unseres Kosmos

Die Nasa hat erste Bilder des neuen James-Webb-Weltraumteleskops präsentiert. Die Aufnahmen zeigen, dass sich die enormen Kosten und das lange Warten gelohnt haben. James Webb kann so weit hinaus ins All blicken wie kein Teleskop zuvor.

Von Dirk Lorenzen | 12.07.2022
Die Bilder, die das neue James Webb Weltraumteleskop liefert, sorgen für Furore. Infrarot-Aufnahme der sternbildenden Region NGC 3324
Die Bilder, die das neue James Webb Weltraumteleskop liefert, sorgen für Furore. Infrarot-Aufnahme der sternbildenden Region NGC 3324 (IMAGO / Xinhua / NASA, ESA, CSA, STS)
Bei der Vorstellung der Bilder sprach die US-Raumfahrtbehörde von der „tiefsten und schärfsten bislang aufgenommenen Infrarot-Sicht auf das Universum“. Das James Webb Space Teleskop (JWST) wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete schlussendlich etwa zehn Milliarden Dollar. Es folgt auf das legendäre Weltraumteleskop Hubble, das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während Hubble im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht James Webb den Kosmos im infraroten Spektralbereich.
Astronomen hatten die ersten Aufnahmen des neuen Weltraumteleskops mit Spannung erwartet. Besonders interessant wird es am Mittwoch (13.07.22), wenn die ganzen wissenschaftlichen Daten verfügbar werden, die bei der Inbetriebnahme des Teleskops gesammelt wurden. 40.000 Gigabyte an Daten können Forschende aus der ganzen Welt dann herunterladen und mit ihnen arbeiten.

Was ist auf den Bildern zu sehen?

US-Präsident Joe Biden hatte am Montag (11.07.22) zusammen mit der Nasa den bisher tiefsten Infrarot-Blick ins All präsentiert. Auf den Bildern sind tausende Galaxien zu sehen und schon mit insgesamt gut zwölf Stunden Belichtungszeit sind viele Objekte zu erkennen, die auf Hubble-Aufnahmen bislang nicht zu sehen waren. Dazu hat das Weltraumteleskop schon eine Sternentstehungsregion aufgenommen, eine Gruppe von Galaxien, die Reste eines sterbenden Sterns und das Licht eines Exoplaneten, der einen fernen Stern umkreist.
Die Region NGC 3324 im Carinanebel.
Neue Bilder des James Webb-Teleskopes: ein Einblick in den Carinanebel, er zeigt die relativ junge Region NGC 3324, in der sich Sterne bilden. (picture alliance / Nasa)

Sind die Daten wirklich historisch?

Diese ersten Bilder sind zunächst einmal einfach schön anzusehen. Sie zeigen aber auch, dass sich die enormen Kosten und das lange Warten gelohnt haben. Besonders interessant dürfte nun sein, was die ersten wissenschaftlichen Daten enthalten. 40 Terabyte, also 40.000 Gigabyte an Daten, die während des Eichens des Teleskops aufgenommen wurden, sollen ab Mittwoch (13.07.22) veröffentlicht werden. Diese Daten können alle Menschen auf der Welt sofort herunterladen und mit ihnen arbeiten. In einigen Wochen, spätestens Monaten gibt es dann sicher bereits die ersten Fachveröffentlichungen mit Daten von James Webb.

Was verspricht sich die Fachwelt vom James Webb-Teleskop?

James Webb wird so weit hinaus ins All blicken wie kein Teleskop zuvor, es sieht ins Innere dichter Gas- und Staubwolken. Das geht nur im Bereich der Infrarot-, also der Wärmestrahlung. Deswegen ist das Teleskop 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt platziert; weit hinter dem Mond, im Schatten des riesigen Sonnenschirms. Hier herrschen unter minus 200 Grad Celsius. Das Teleskop ist so empfindlich, dass es die Wärme der Zigarettenglut eines rauchenden Menschen auf dem Mond erfassen könnte. Bei den ästhetisch ansprechenden Farbbildern, die jetzt präsentiert wurden, ist allerdings eines zu bedenken: Unser Auge kann die Infrarotstrahlung, für das das James Webb Teleskop besonders empfindlich ist, nicht sehen. Daher sind diese Bilder Falschfarbenaufnahmen – dem Auge erschiene vieles einfach recht dunkel, jedenfalls nicht so bunt.
Bislang unbekannte Details des Südlichen Ringnebels (NGC 3132), der 2500 Lichtjahre von uns entfernt ist
Bislang unbekannte Details des Südlichen Ringnebels (NGC 3132), der 2500 Lichtjahre von uns entfernt ist (picture alliance / Nasa)

Wie weit zurück blickt James Webb in der kosmischen Geschichte?

James Webb soll die ersten Sterne und Galaxien im ganz frühen Kosmos beobachten. Das Teleskop Hubble, das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist, blickt etwa 13 Milliarden Jahre zurück in der kosmischen Geschichte und sieht das junge Universum, als es etwa 700 Millionen Jahre alt war. James Webb kommt noch einige hundert Millionen Lichtjahre näher an den Urknall heran. Das geht nur im Infrarotbereich. Man könnte sagen: Das Hubble-Teleskop erlaubte den Blick in den Kindergarten des Universums, James Webb kann jetzt in die Krabbelgruppe schauen.

Könnte das neue Weltraumteleskop eine zweite Erde im Universum finden?

Das ist der Traum aller Fachleute, aber das kann selbst James Webb nicht. Mit viel Glück könnte der Nachweis von Sauerstoff in der Atmosphäre mancher Exoplaneten gelingen, was bedeutet, dass Leben dort wohl möglich wäre. Auf einen „Zwilling der Erde“ muss man jedoch warten. Allein Großteleskope mit 30 bis 40 Metern Durchmesser am Boden, die gerade in Bau sind, könnten einen solchen vielleicht sehen.

Daten zum Weltraumteleskop James Webb

Das James Webb Teleskop war am 25. Dezember 2021 an Bord einer Ariane-Trägerrakete vom europäischen Weltraum-Bahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All gestartet – nachdem es zuvor Kostenexplosionen und immer neue Verschiebungen gegeben hatte. Die Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas kooperieren bei dem Projekt. Wissenschaftler erhoffen sich von den Aufnahmen des Teleskops unter anderem Erkenntnisse über die Zeit unmittelbar nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Die Lebensdauer von James Webb ist dabei erstmal auf zehn Jahre angelegt.
Quellen: mit dpa