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Zum Tod von Jay Pasachoff
Trauer um den Herrn der Sonnenfinsternisse

Wohl kaum ein Mensch hat so viele Sonnenfinsternisse erlebt wie Jay Pasachoff, Astronom am Williams College in Massachusetts. Er muss in seinem Leben stundenlang im Kernschatten des Mondes gestanden haben.

Von Dirk Lorenzen |
Jay Pasachoff hält einen kleinen Spiegel in der Hand, in der man eine partielle Sonnenfinsternis sehen kann.
Jay Pasachoff (1943-2022) bei der Beobachtung einer (hier noch partiellen) Sonnenfinsternis im Jahr 2012. (Pasachoff/Williams College)
Sein Schlüsselerlebnis war die totale Sonnenfinsternis, die er als 16-jähriger Student an der Harvard-Universität bestaunte.
Jay Pasachoff hat in mehr als 50 Jahren 74 Finsternisse erlebt. Mal stand er im Urwald Indonesiens, mal in der Wüste Kenias. Stets bereitete er die Reisen Jahre im voraus vor und analysierte Wetterdaten – damit im entscheidenden Moment die Sicht nicht durch Wolken getrübt wurde.

Fasziniert von der Magie der Sonnenfinsternis

Der magische Moment, wenn der Mond die Sonne komplett verdeckt, der Tag zur Nacht wird und die fein strukturierte Sonnenatmosphäre sichtbar wird, bedurfte für ihn keiner Erklärung: "Wer es nicht versteht, hat es nicht erlebt", pflegte er zu sagen.
Jay Pasachoff unternahm seine Expeditionen oft mit großen Teleskopen und Messinstrumenten. Es ging ihm nicht nur um das wunderbare Erlebnis: In den wenigen Minuten Totalität erforschte er die Sonnenkorona, von der bis heute unklar ist, wie sie sich auf Millionen Grad aufheizt.


Seine letzte totale Sonnenfinsternis erlebte Jay Pasachoff Ende 2021 im Flugzeug über der Antarktis. Knapp ein Jahr später, am 20. November 2022, ist der Finsternis-Experte unserer Zeit im Alter von 79 Jahren an Lungenkrebs gestorben.
Dass im April nächsten Jahres der Mondschatten keine 200 Kilometer von seinem Zuhause entfernt entlang zieht, erlebt er leider nicht mehr.