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"Je suis Charlie"
Schnell noch auf den Solidaritätszug aufgesprungen

"Charlie Hebdo", das französische Satiremagazin, war vielen bis zum Anschlag in Paris kein Begriff. Aber jetzt solidarisieren sich auch solche mit der Redaktion, die mit dem Begriff Pressefreiheit sonst eher Probleme haben. Ein schwer erträglicher Zustand, kommentiert Christoph Sterz.

Von Christoph Sterz |
    Immerhin, die absolute Crème de la Crème der Pressefreiheit war nicht dabei: Also Eritrea, Somalia und Nordkorea; sie haben keine Vertreter geschickt nach Paris, zum politischen Solidaritätsmarsch für das Satiremagazin "Charlie Hebdo". Genau die richtige Entscheidung, weil so ein Magazin in diesen Ländern niemals überhaupt existieren könnte. Das trifft aber auch für Bahrain, Tunesien oder Saudi-Arabien zu – und Vertreter dieser Länder sind sehr wohl aufgesprungen auf den Charlie-Solidaritätszug.
    Gerade dass der saudi-arabische Botschafter und wohl auch noch der Vize-Außenminister in Paris als solidarische Mitläufer dabei waren, ist einfach nur ein großer Witz. Wenige Tage nach dem Soli-Marsch wurde in Saudi-Arabien der Blogger Raif Badawi mit 50 Peitschenhieben bedacht, als erster Teil seiner Strafe, weil er angeblich den Islam beleidigt haben soll. Nicht auszudenken, wie viele Peitschenhiebe da die "Charlie Hebdo"-Macher in Saudi-Arabien bis jetzt abbekommen hätten. Aber wie gesagt, so ein Magazin würde es dort ja sowieso niemals geben.
    Solidarische Mitläufer - und die Situation der Pressefreiheit im eigenen Land
    In der Türkei wurden die neuesten Zeichnungen der "Charlie Hebdo"-Macher übrigens immerhin tatsächlich veröffentlicht, aber dann wieder einkassiert: Durch die Sperrung mehrerer Internetseiten, unterstützt vom Premierminister, der – natürlich – ebenfalls ganz solidarisch mitgelaufen war. Kann man ja machen, solange es nicht um Satire und Pressefreiheit im eigenen Land geht.
    Und in Deutschland? Da gibt's plötzlich überall Tassen und T-Shirts zu kaufen, mit "Je suis Charlie" drauf, zum Beispiel in einem Internetshop, der auch noch Motive wie Reichsadler und Stielhandgranaten im Angebot hat oder T-Shirts, die mit "Deutsche Wehrmacht" bedruckt sind. Deswegen versucht jetzt der Künstler Joachim Roncin zu Recht, den von ihm erdachten Spruch urheberrechtlich schützen zu lassen.
    "Je suis Charlie" ist längt durch den braunen Dreck gezogen worden
    Sein Spruch ist aber längst ordentlich durch den braunen Dreck gezogen worden. Denn plötzlich springen auch noch solche Menschen aufs Soli-Trittbrett, die vorher und nachher von der Lügenpresse reden; die Charlie nur so lange gut finden, wie er Muslime aufs Korn nimmt. Sobald sich die Zeichner aber auch mal über volkstümelnde Mitläufer lustig machen, ist auch da die Solidarität garantiert so schnell wieder weg, wie sie sich plötzlich überall ausgebreitet hat.
    Tut ja erstmal nicht weh, sich zu solidarisieren. Aber mit Meinungsfreiheit und mit echter, konsequenter Solidarität hat das alles überhaupt nichts zu tun.