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"Jeddah World Fest"
Pop-Appeal für Saudi-Arabien

Janet Jackson, 50Cent und Steve Aoki: Das Line-up beim "Jeddah World Fest" überrascht, findet das Festival doch im autokratisch-religiösen Saudi-Arabien statt. Auch wenn es Wirbel um die Liste der Musikerinnen und Musiker gab: Das Land öffne sich dramatisch, so Schriftsteller Christoph Peters im Dlf.

Christoph Peters im Gespräch mit Juliane Reil |
Janet Jackson performt bei den MTV Awards
Die Headlinerin beim Jeddah World Fest: US-Musikerin Janet Jackson (dpa)
Nicki Minaj sollte heute eigentlich auf dem "Jeddah World Fest" im saudi-arabischen Dschidda auftreten. Die 36-jährige US-Rapperin ist nicht gerade zimperlich, was übersexualisierte Bühnenshows und freizügige Texte angeht. Wie eine Einladung in das ultra-konservative Land überhaupt zustande kam, ist fraglich: Frauen müssen sich dort verhüllen und dürfen erst seit einem Jahr Auto fahren. Die Scharia ist in der Verfassung verankert, und Homosexualität wird mit dem Tod bestraft. Minaj erntete viel Kritik für ihre Zusage, vor allem von Menschenrechtlern. Dem öffentlich Druck gab sie schließlich nach: Es sei wichtig für sie, ihre Unterstützung für Frauenrechte, die Gemeinschaft von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern sowie die Meinungsfreiheit deutlich zu machen, sagte sie.
Ersetzt wird sie aber nun von nicht weniger namhaften Künstlerinnen und Künstlern aus dem Westen: darunter Pop-Star Janet Jackson, die US-Rapper 50Cent und Chris Brown und DJ Steve Aoki.
Enormer kultureller Wandel
"Es bewegt sich insgesamt - seit Mohammed bin Salman als Kronprinz benannt wurde - wahnsinnig viel kulturell", sagte Schriftsteller und Saudi-Arabien-Kenner Christoph Peters im Deutschlandfunk. Vieles davon bekomme man gar nicht mit, man höre nur, da herrsche die Scharia. "Das stimmt natürlich alles, aber gerade im Bereich der Kultur und der Wirtschaft öffnet Mohammed bin Salman das Land auf dramatische Weise." Er versuche, saudische Künstler in den internationalen Markt zu bringen, er eröffne Kinos und er wolle das Land für den Tourismus öffnen.
"Die Abgeschiedenheit und die Abgeschottetheit der Menschen in Saudi-Arabien wird dadurch aufgebrochen", sagte Peters. Dieser Prozess sei aber heikel und ambivalent. "Die Ermordnung des Journalisten Khashoggi hat gezeigt, dass es so einfach, wie manche sich das erhoffen - jetzt wird alles schön und sauber in Saudi-Arabien, jeder darf sagen, was er will -, so einfach ist es sicher nicht." Man müsse aber die kleinen oder mittelgroßen Schritte sehen, die da passieren.
"Die leben auch mit dem Internet"
Die westliche Popkultur sei der saudischen Jugend nicht unbekannt: "Die leben auch mit dem Internet und haben ihre Internetmöglichkeiten, um sich das anzugucken, was westliche Leute sich auch angucken - Pop, Kino und Porno." Aber auch bei den jungen Leuten herrsche eine Ambivalenz: "Die sind auf der einen Seite ganz neugierig und wollen alles Mögliche wissen. Und auf der anderen Seite sind sie auch ängstlich und vorsichtig und haben Angst, dass ihre traditionelle Lebensweise durch diese westlichen Einflüsse zerstört wird."
Dschidda als Austragungsort sei in jedem Fall eine Ausnahme: "Es war immer schon viel weltoffener gewesen. Es war immer eine Handelsstadt, und deswegen sind auch mehr kulturelle Einflüsse von außen in das Land gekommen."