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Jedes Horn ein Unikat

Wenn alte Gewerke heute noch - und über Generationen hinweg - bestehen, dann finden dabei oft die drei Attribute "alt", "selten" und "erfolgreich" zusammen. Dies trifft auch auf die Blechblasinstrumentenmanufaktur Gebr. Alexander in Mainz zu, die auf ihre weltbekannten Hörner stolz ist.

Von Christoph Gehring |
    So klingt es, wenn sie in der Rheinischen Musikinstrumentenfabrik Gebrüder Alexander wieder einmal alles richtig gemacht und das perfekte Horn gebaut haben. Und sie scheinen fast immer alles richtig zu machen, denn die Firma Gebrüder Alexander ernährt die Familie Alexander inzwischen seit 226 Jahren.

    "Wir sind zum Glück wirtschaftlich sehr gesund sogar."

    ... sagt Georg Philipp Alexander, ein großer, schwerer, fröhlicher Mann, der das Familienunternehmen seit 1999 in der siebten Generation leitet. 1782 eröffnete ein Franz Ambros Alexander in Mainz eine kleine Instrumentenbauwerkstatt, aus der seine Nachkommen mit handwerklichem und kaufmännischem Geschick eine mittelgroße Manufaktur für Blechblasinstrumente machten.

    "Mein Opa war Banker eigentlich, gar kein Instrumentenmacher, und das war auch unser Glück, denn er hat nach dem Krieg die Firma wieder aufbauen können, weil er halt einfach über das Know-how über Geld und Geldbeschaffung und Geldwesen hatte, was vielleicht ein ausgebildeter Handwerker damals gar nicht so gehabt hätte."

    Georg Philipp Alexander, der heutige Chef des Unternehmens, ist studierter Betriebswirt, gelernter Metallblasinstrumentenmacher und vor allem ist er sichtlich stolz auf das Familienunternehmen, zu dem auch ein Musik- und Pianohaus gehört. Der Kern aber ist die Blechblasinstrumentenmanufaktur mit immerhin vier Millionen Euro Umsatz, deren 30 Mitarbeiter in einem verschachtelten Hinterhaus in der Mainzer Innenstadt, gleich neben dem Bahnhof, im Jahr 800 Hörner, Tuben, Trompeten und Wagner-Tuben herstellen. In Handarbeit und in einer langen Tradition, zu der auch treue Lieferanten gehören:

    "Wir arbeiten eigentlich mit zwei Hauptlieferanten zusammen, die auch fast schon, der eine über hundert Jahre uns beliefert, ja? Und Kleinteile, das wird heute gegossen, in Großfirmen wird das gemacht, so Stützchen oder Verbindungsteilchen, ja, aber wir bauen, rund also 75 Prozent werden hier bei uns hergestellt auch an Einzelteilen."

    Das Herzstück der Manufaktur, die mechanische Werkstatt, könnte problemlos als Ausstellungsraum eines Industriemuseums durchgehen: An einem Dutzend alter Werkbänke sitzen Männer und fügen konzentriert die bis zu 300 Einzelteile zusammen, aus denen so ein Horn besteht: Röhren, Ventile, winzig kleine Stege, Züge, Gelenke. Es riecht nach Metall und Lötzinn.

    "Das ist halt eines der Hauptwerkzeuge, die man braucht, die Lötflamme. Wir haben ja auch, das ist ja noch eine richtige Werkstatt, würde ich mal sagen, noch die ganz alten Bänke, die noch Einkerbungen an bestimmten Stellen haben, die man auch braucht, damit man einfach irgendwie, wenn man ein Teil feilt, dann kann man das da reinklemmen und kann das dann leichter bearbeiten, ja?"

    Geschwindigkeit ist beim Instrumentenbau fehl am Platze. Genauigkeit zählt: Der Durchgang im zylindrischen Teil und in den Ventilen eines Alexander-Horns misst beispielsweise exakt 12,1 Millimeter. Soviel Präzision in Handarbeit zu erreichen, hat einen Preis: 8.000 und mehr Euro kostet ein Horn aus der Manufaktur der Gebrüder Alexander. Die Instrumente aus Mainz sind deswegen nichts für Anfänger und Gelegenheitsmusiker, findet Georg Philipp Alexander, auch wenn sich seine Hörner in Japan unter reichen Eltern als Geschenk für den musizierenden Nachwuchs großer Beliebtheit erfreuen:

    "Es ist halt einfach ein Instrument für einen Profi, der das halt täglich im Orchester benutzen muss und damit dann auch zufrieden sein muss, denn es bestimmt auch seinen Erfolg. Und es muss für ihn einfach ein gutes, funktionierendes Arbeitsgerät sein."

    Tatsächlich werden Alexander-Hörner auf der ganzen Welt von den Musikern der großen Orchester gespielt. Aus Frankreich und Großbritannien, aus Japan und den USA reisen sie an, um ihr Instrument in Mainz abzuholen und sich mit eigenen Augen anzuschauen, wie und von wem es eigentlich gebaut wurde - denn jedes Horn, das die Manufaktur der Gebrüder Alexander verlässt, ist ein Unikat, das nach den Wünschen des Kunden angefertigt wird.

    "Wenn die Kunden kommen und sagen: "Ach, 8.000 Euro für so ein Instrument...?" - Sobald sie dann einmal hier durchgelaufen sind, sagen sie "So billig?" Also, dann sieht man erst mal, was dahintersteckt."

    Vor allem steckt dahinter: ein kompliziertes Handwerk. Der Beruf des Metallblasinstrumentenmachers ist nichts für Ungeduldige, sondern etwas für Perfektionisten. Deswegen ist Georg Philipp Alexander auch streng bei der Auswahl der beiden Lehrlinge, die er jedes Jahr in seine Manufaktur aufnimmt:

    "Also wenn sich bei uns jemand bewirbt und er kommt in die nähere Auswahl, gibt's einen Praktikumstag hier. Also ob er handwerklich geschickt ist, ob er die Liebe zum Detail hat, das sehen wir hier ziemlich schnell. Und dann, weil's mittlerweile so viele Bewerbungen sind - wir haben nur zwei Plätze pro Jahr - legen wir auch Wert darauf, dass er ein Musiker ist, also Blechbläser."

    Dabei wird es auch bleiben, denn eine sieben Generationen währende Firmentradition verpflichtet. Und Georg Philipp Alexander hat schon dafür gesorgt, dass die Tradition fortgeführt werden kann:

    "Die achte Generation gibt's, aber die ist im Moment dreieinhalb Jahre alt..."

    http://www.gebr-alexander.de/