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Jemen
Der in Vergessenheit geratene Bürgerkrieg

Im Jemen herrscht nach wie vor Bürgerkrieg. Das Land muss mittlerweile als gescheiterter Staat angesehen werden, staatliche Strukturen sind kaum mehr existent, die Bevölkerung hungert. Doch von der internationalen Öffentlichkeit wird das Leid der Menschen kaum beachtet - der Konflikt in Syrien dominiert das Weltinteresse.

Von Thomas Weinert |
    Drei Männer tragen das Opfer auf einer Bahre aus der zerstörten Halle, sie werden von einem Arzt begleitet. Andere Menschen schauen von der Seite zu. Der Boden ist mit Trümmern übersät.
    Jemeniten bergen ein Opfer des saudischen Luftangriffs in Sanaa am 8.10.2016 auf eine Trauerfeier in einer Halle. (AFP / MOHAMMED HUWAIS)
    Immer wieder muss die Hilfsorganisation Care ihre Lebensmitteltransporte bei den jemenitischen Konfliktparteien spontan anmelden, um nicht selber zwischen die Fronten zu geraten. Der Konflikt zwischen der sunnitischen Regierung und den schiitischen Rebellen ist inzwischen so weit außer Kontrolle geraten, dass der Jemen als sogenannter "failed State" gelten muss, die staatliche Strukturen sind quasi nicht mehr existent. Doch die internationale Öffentlichkeit nimmt davon kaum Notiz. Marten Mylius ist der für den Jemen zuständige Koordinator von Care: "Und man muss natürlich auch sehen, dass die Bevölkerung von Tais, das war natürlich eine Stadt, die fast zwei Jahre einen Belagerungsring ausgehalten hat. Und da haben wir hunderttausende Menschen da drin gehabt und das sind natürlich fatale militärische Ziele, die da verfolgt werden und die sich auch sehr ähneln mit Situationen in Madeia, in Syrien, das ist nicht sehr viel anders."
    Der Jemen, südlich von Saudi-Arabien gelegen, ist vor allem aufgrund des Syrienkrieges aus dem Blickfeld geraten, doch auch hier wird der Hunger als Waffe gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt. Die eben erwähnte Stadt Tais liegt mitten in einem wichtigen landwirtschaftlichen Anbaugebiet, inzwischen werden die Felder nicht mehr bestellt, zu 90 Prozent muss der Jemen seine Lebensmittel importieren: Etwa 17 Millionen Menschen benötigen derzeit dringend humanitäre Hilfe, etwa 500 Tausend Kinder seien unterernährt, so Care. Woran liegt es, dass diese Krisenregion so sehr aus dem Blickfeld geraten ist?
    Syrien-Konflikt überlagert alles
    Karl-Otto Zentel ist der Generalsekretär von Care Deutschland: "Ich kann mir eine Reihe von Gründen vorstellen, zum einen haben wir natürlich in Syrien eine ganz andere internationale Dimension erreicht, das zweite ist, dass es sehr schnell darstellbar war, so ein bisschen eine Schwarz-Weiß-Unterscheidung zu machen, klare Forderung der Politik zu sagen: Die Regierung da muss weg! Das war im Jemen nie der Fall und dann würde ich sagen: Da haben Sie viel Wüste, da haben Sie Oman und dann haben Sie das Meer. Das heißt, wir haben hier keine jemenitischen Flüchtlinge gesehen."
    Ohne sichtbare Flüchtlinge also auch keine politische Diskussion hierzulande. An der Grenze zu Saudi-Arabien wird scharf geschossen, es gibt keinerlei zivile Transportverbindungen mehr, weder zu Luft noch zu Wasser. Der Hafen von Hodeidah, dem größten des Landes, werde immer wieder angegriffen und so sind es vor allem die gezielten Attacken auf die zivile Infrastruktur, die Care Sorgen bereiten, ähnlich wie in Syrien scheinen auch im Jemen die Konfliktparteien jegliche zivilisatorische Kriterien verloren zu haben.
    Spenden für den Jemen gehen drastisch zurück
    Von den internationalen Zusagen über die Vereinten Nationen sind in diesem Jahr gerade einmal knapp sieben Prozent erfüllt worden, auch bei Care selbst ging die Spendenbereitschaft zurück, weil der Bürgerkrieg im Jemen in Vergessenheit geriet. Karl-Otto-Zentel: "Die Bundesregierung hat hier schon eine aktive Rolle übernommen und auch Mehrparteiendialoge initiiert, um damit die Voraussetzung für Friedensgespräche zu schaffen. Das ist richtig und das ist wichtig. Ich bin allerdings aufgrund der Gemengelage vor Ort relativ pessimistisch, dass wir da zumindest kurzfristig zu einem positiven Ergebnis kommen können."
    Am 25. April soll in Genf eine internationale Geberkonferenz stattfinden, der Jemen benötigt zur Versorgung seiner Bevölkerung derzeit gut zwei Milliarden US Dollar.