In Bielefeld haben sich rund 6.000 Jesiden zu einer Protestkundgebung zusammengefunden. Sie wollen auf die Gräueltaten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) aufmerksam machen. Die Dschihadisten haben die Siedlungsgebiete der religiösen Minderheit in Nordirak angegriffen und damit Fluchtwelle ausgelöst. An der Demonstration nahmen auch viele irakischstämmige Christen teil. Die sunnitische Terrormilizen gehen brutal gegen alle vor, die sich ihnen nicht anschließen wollen.
Nach einer Auftaktkundgebung begab sich der Demonstrationszug auf dem Weg in die Innenstadt von Bielefeld. Die Teilnehmer verlangten humanitäre Hilfe und Schutz gegen die Terrormilizen. "Das ist kein Krieg sondern Völkermord", "Stoppt IS", "Rettet die Christen" stand auf Plakaten. Die Demonstration verlief bis zum Abend friedlich, es seien keine Störer festgestellt worden, sagte eine Polizeisprecherin. Viele Frauen und Kinder waren dabei. Es wurden kurdische Flaggen geschwenkt. Die Zahl der Jesiden in Deutschland wird auf bis zu 90.000 geschätzt.
Laschet: "Ausschreitungen ernst nehmen"
Die Polizei hatte sich mit einem großen Aufgebot vorbereitet. Am Mittwoch waren Jesiden in dem wenige Kilometer von Bielefeld gelegenen Herford angegriffen worden. Sie hatten ein Plakat mit einem Demonstrationsaufruf gegen die Verfolgung der Jesiden im Irak in ein Schaufenster geklebt. Daraufhin wurden sie von mehreren Männern angegriffen, die meisten von ihnen stammten aus Tschetschenien.
Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet warnte davor, Ausschreitungen am Rande von Jesiden-Demonstrationen in Deutschland als harmlos abzutun. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen seien nicht nur emotionale Ausbrüche gewesen, sagte der frühere Integrationsminister in NRW im Radioprogramm von WDR 5. Vielmehr sei es um Gewalt gegangen, die nicht geduldet werden dürften.
Jesidentum ist eine 4000 Jahre alte Religion
Im Nordirak sind Zehntausende Jesiden vor den Terrormilizen in unwegsamem Gelände auf der Flucht. Zahlreiche Flüchtlinge sollen schon verdurstet sein. Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker haben islamistische Kämpfer innerhalb weniger Tage mindestens 300 Jesiden getötet und etwa 500 jesidische Frauen gefangen genommen.
Das Jesidentum ist eine rund 4000 Jahre alte Religion, die Glaubenselemente und Riten westiranischer und altmesopotamischer Religionen sowie von Judentum, Christentum und Islam verbindet. Die Ursprünge der Jesiden liegen im Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei. (tgs/pb)