Nach dem TV-Duell
Wie stehen Bidens Chancen auf eine zweite Amtszeit?

Joe Biden will Präsident der USA bleiben, doch neben seinem Herausforderer Donald Trump kämpft Biden noch gegen einen zweiten Gegner: sein Alter. Das wurde beim ersten TV-Duell der beiden Kontrahenten deutlich.

    US-Präsident Joe Biden während der TV-Debatte mit Donald Trump.
    Schlechter hätte es Beobachtern zufolge für die Demokraten kaum laufen können: US-Präsident Joe Biden während der TV-Debatte mit Donald Trump. (picture alliance / AP / Gerald Herbert)
    Biden oder Trump: Der nächste Präsident der USA wird wieder ein alter weißer Mann sein, so viel schien lange festzustehen. Doch nach dem ersten TV-Duell zwischen dem amtierenden Präsidenten und seinem Herausforderer werden die Karten im US-Wahlkampf wohl neu gemischt.
    Biden machte politischen Beobachtern zufolge eine derart schlechte Figur, dass nun über seine Ablösung als Kandidat spekuliert wird. Für die Demokraten wäre das ein Riesenschritt und mit großen Risiken verbunden. Hat Biden nach seinem fahrigen und kraftlosen Auftritt überhaupt noch eine Chance gegen Trump? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

    Wie verlief das TV-Duell?

    Für US-Präsident Biden hätte das TV-Duell mit Trump nach Einschätzung von Beobachtern kaum schlechter ausgehen können - mit seinem kraftlosen Auftritt befeuerte er ohnehin bestehende Zweifel an seiner Eignung für das Amt. Die Fernsehdebatte galt als Bewährungsprobe für den 81-Jährigen – Biden wollte bei unentschiedenen Wählern für sich werben und die demokratische Basis mobilisieren.
    Doch Biden verhaspelte sich, stotterte, sprach undeutlich und leise. Teilweise war es schwierig, ihm zu folgen, Sätze endeten im Nirgendwo. Er starrte oft ins Leere und konnte auf Fragen nicht antworten.
    Trump wiederum log wie gewohnt, präsentierte sich zugleich aber als der deutlich fittere der beiden Kandidaten. Eine Umfrage des US-Senders CNN, der die Debatte ausgerichtet hatte, sah Trump als Gewinner des Duells. Demnach votierten 67 Prozent der Befragten für den 78-Jährigen, nur 33 Prozent sahen Biden als Gewinner.

    Wie fit und gesund ist Joe Biden?

    Der US-Präsident, mächtigster Mann der Welt, muss fit und gesund sein. Ob Joe Biden sein Amt in dieser Hinsicht noch voll ausfüllen kann – daran gab es schon vor dem TV-Duell erhebliche Zweifel.
    Biden ist bereits in der Vergangenheit immer wieder mit peinlichen Versprechern und Gedächtnislücken aufgefallen. Seine offenbar altersbedingten Aussetzer sind Dauerthema im US-Präsidentschaftswahlkampf.

    Gesundheitscheck aus dem Weißen Haus

    Ende Februar veröffentlichte das Weiße Haus einen Gesundheitscheck. Auf sechs Seiten wurden diverse kleine Gebrechen und Wehwehchen Bidens aufgelistet. Der US-Präsident habe Hüftbeschwerden, was seinen steifen Gang erklärt, und leide an Atembeschwerden in der Nacht. Außerdem habe er die Refluxkrankheit, eine Verdauungsstörung.
    Das alles seien aber keine Gründe, um den Job als US-Präsident nicht ausführen zu können, hieß es in dem Bericht. Biden rauche nicht, trinke keinen Alkohol und mache Sport. Er sei gesund, aktiv und somit ohne Einschränkungen in der Lage, das Amt auszufüllen, bescheinigten seine Ärzte. Der öffentliche Eindruck ist ein anderer.

    Können die Demokraten noch einen jüngeren Kandidaten nominieren?

    US-Medien zufolge hat TV-Duell in der Demokratischen Partei Panik ausgelöst. Bidens Vize Kamala Harris musste sich nach dem Spektakel für den Auftritt ihres Chefs rechtfertigen. US-Kommentatoren waren entsetzt über Bidens Debatten-Leistung.
    Die „Washington Post“ schreibt, Bidens Wahlkampfteam räume intern ein, dass dessen Auftritt seine Kandidatur beschädigt habe. Ein demokratischer Abgeordneter sagte dem Sender CNN, der Auftritt sei eine „Katastrophe“ gewesen – er wollte aber wie viele Kritiker aus der Partei anonym bleiben.

    Der älteste US-Präsident aller Zeiten

    Biden ist bereits der älteste US-Präsident, der jemals im Weißen Haus residierte. Sollte er in seine zweite Amtszeit gewählt werden, wäre er an deren Ende 86 Jahre alt.
    Schon vor dem TV-Duell war es kein Geheimnis: Viele Demokraten hoffen, dass Biden den Weg für einen anderen, jüngeren Kandidaten freimacht. Umfragen zeigen, dass eine beträchtliche Zahl demokratischer Wählerinnen und Wähler dafür ist, dass der amtierende Präsident nicht noch mal antritt.
    Doch es gibt bei den Demokraten auch Stimmen, die warnen: Nur, weil ein anderer Kandidat jünger sei, heiße das nicht, dass die Wahl gewonnen werde. Außerdem hat Biden den Amtsbonus. Und wenn ein Amtsinhaber erklärt, dass er noch einmal antreten will, gibt es in den USA in der Regel keine Palast-Revolte. Auch gilt die politische Bilanz Bidens als passabel – sie wird allerdings nicht wirklich sichtbar, verschwindet hinter der Altersdebatte.
    Biden selbst, der vielen als Übergangspräsident galt, begreift sich als Amtsinhaber in historischer Mission: Er will die "Seele von Amerika" retten. Trump sieht er als große Gefahr – und hat ihn schon einmal geschlagen.
    Grafik: Entwicklung der Zustimmung und der Ablehnung der Arbeit von Präsident Joe Biden in den USA in ausgewählten Wochen in den Jahren von 2021 bis 2024. Man sieht, dass die Zustimmungswerte stetig abnehmen.
    Entwicklung der Zustimmung und der Ablehnung der Arbeit von Präsident Joe Biden in den USA in ausgewählten Wochen in den Jahren von 2021 bis 2024. (Statista | Gallup | gallup.com)
    Formell entscheidet nun der Nominierungsparteitag im August, wen die Demokraten ins Rennen um das Präsidentenamt schicken. Die Delegierten wurden jedoch in Vorwahlen bestimmt, aus denen Biden mit großer Mehrheit als Sieger hervorging.
    Die Delegierten sind damit auf ihn festgelegt. Nach den Regeln der Partei wird diese Verpflichtung nur aufgehoben, wenn Biden selbst aussteigt. Und danach sieht es nicht aus. „Lasst uns weitermachen“, sagte Biden kurz nach Ende der Debatte mit Trump.

    Wer könnte seinen Hut gegen Biden in den Ring werfen?

    Kamala Harris soll unter Biden erneut Vizepräsidentin werden, wenn er die Wahl gewinnt. Das heißt aber nicht, dass sie automatisch an die Spitze rückt, falls Biden aussteigt. Sollte dieser seine Wiederwahlkampagne tatsächlich aufgeben, wäre Harris vermutlich nur eine von mehreren Kandidaten, die an seine Stelle treten wollen.
    Ambitionen auf das Präsidentenamt - bislang allerdings nicht für 2024 – haben wohl der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom, die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, sowie ihre Kollegen aus Pennsylvania und Illinois, Josh Shapiro und Jay B. Pritzker. Den Finger heben könnten auch Senator Bernie Sanders und dessen Kolleginnen Elizabeth Warren und Amy Klobuchar sowie Verkehrsminister Pete Buttigieg.

    Was könnte wahlentscheidend sein?

    Die Präsidentschaftswahlen finden erst am 5. November statt. Bis dahin kann noch viel passieren – das dürfte nun die Hoffnung vieler Demokraten sein. In seiner Rede an die Nation im März hatte Biden noch ein gutes Bild abgegeben.
    Umfragen sahen bisher ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kandidaten, hier und da mit Vorteilen für Trump in den sogenannten Swing-States, jenen Bundesstaaten, in denen nicht eine der beiden großen Parteien traditionell dominiert und der Ausgang der Wahl damit offen ist. Wie diese Staaten abstimmen, gilt als entscheidend für die Frage, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden wird.

    30 Prozent der Bevölkerung sind Trump-Fans

    Die Frage ist nun, ob Biden es schaffen kann, die Altersdebatte mit anderen Themen zu überlagern. Circa 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler wird er mit großer Sicherheit ohnehin nicht erreichen, das sind die überzeugten Trump-Fans.
    Außerdem wendet sich gerade die muslimische Bevölkerung von ihm ab, enttäuscht von seiner Nahostpolitik. Am Ende könnten die Wechselwähler entscheidend sein. Und vielleicht auch jene Republikaner, die Trump ablehnen und in den Vorwahlen für seine Konkurrentinnen und Konkurrenten votierten. Doch sie alle müssen davon überzeugt sein, dass Biden eine zweite Amtszeit auch souverän bewältigen kann.

    ahe, nba

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