"Ich habe die große Ehre bekanntzugeben, dass ich Kamala Harris – eine furchtlose Kämpferin für die einfachen Menschen und eine der besten öffentlichen Bediensteten des Landes – als meine running mate ausgewählt habe." Mit diesen Worten gab Joe Biden auf Twitter seine Wahl bekannt. Kamala Harris hatte auf der Suche nach einer Kandidatin für den Posten der Vizepräsidentin zuletzt als klare Favoritin gegolten.
Große politische Erfahrung
Die Senatorin aus Kalifornien, die lange Justizministerin und Generalstaatsanwältin ihres Bundesstaates war, hat lange politische Erfahrung, und weiß, wie der Politikbetrieb in Washington funktioniert. Der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, der in der vierköpfigen Findungskommission Joe Bidens saß, sagte gegenüber der Washington Post: Biden habe seine achtjährige Zeit der vertrauensvollen Zusammenarbeit als Vizepräsident mit Barack Obama im Sinn gehabt, als seine Wahl auf Kamala Harris fiel. Er habe nach einer guten Ratgeberin und vertrauenswürdigen Ansprechpartnerin gesucht, die er ebenso unbedenklich in den Kongress wie in irgendeine Hauptstadt der Welt entsenden könne.
Zeichen an die afroamerikanische Community
Kamala Harris ist die erste woman of color in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, die für den Posten der Vizepräsidentin nominiert wird. Kamala Harris ist die Tochter eines Jamaikaners und einer indischen Mutter. Joe Biden verbindet mit ihrer Nominierung zur running mate ein Signal an die im Zeichen der Rassismus-Debatte aufgewühlte afroamerikanische Community. Er hofft sicherlich auch darauf, dass er mit dieser Kandidatin die afroamerikanischen Wähler an sich binden kann – ihnen hat er die Nominierung zum Spitzenkandidaten der Demokraten zu verdanken.
Die Black-Lives-Matter-Bewegung hatte allerdings Bedenken gegenüber Kamala Harris geäußert – galt sie doch als Justizministerin Kaliforniens als eine Vertreterin der harten Linie gegenüber Straftätern. Genau das aber könnte Kamala Harris vor Angriffen der Republikaner schützen, als Frau auf ihrem Posten einen zu weichen law-and-order-Kurs verfolgt zu haben.
Auch schon mit Biden aneinandergeraten
Kamala Harris hat ihre juristische Erfahrung auch in den Senat eingebracht und sich dort einen Namen als hartnäckige Fragestellerin bei Anhörungen gemacht. So nahm sie im September 2018 Trumps konservativen Kandidaten für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, ins Verhör: Sie wollte von ihm wissen, ob er mit einem Anwalt Trumps über den Fortgang der Ermittlungen von Robert Mueller in der Russlandaffäre gesprochen habe.
Kamala Harris ist allerdings auch schon mit Joe Biden aneinandergeraten. Als Bewerberin um die Präsidentschaftskandidatur ging sie ihn im Frühjahr in der ersten Fernsehdebatte zur Vorwahl der Demokraten frontal an, weil er sich als Senator in den 1970er Jahren dagegen ausgesprochen hatte, afroamerikanische Kinder mit Bussen in weiße Schuldistrikte zu bringen. Sie fragte ihn, ob er das heute als Fehler einschätze.
Dass Joe Biden ihr diese Attacke verziehen hat, dürfte bei den demokratischen Wählern gut ankommen: es dürfte als weiterer Beleg dafür gewertet werden, dass Joe Biden als Präsident alles daran setzen wird, Konflikte beizulegen und Gräben zuzuschütten. Anders als Donald Trump: In seiner abendlichen Pressekonferenz schoss er sich minutenlang auf Kamala Harris ein und stellte sie als leibhaftige Prophezeiung der amerikanischen Apokalypse dar. Auch mit Blick auf die Kavanaugh-Befragung bezeichnete er sie als die gemeinste und überdies liberalste Senatorin auf dem Capitol Hill – letzteres in den Kategorien Donald Trumps eine denkbar harte Beschimpfung.