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Johnny & The Yooahoos
Servus Bluegrass!

Ist es Retrobluegrass, Indiefolk oder Americana-Pop? Von allem etwas: Johnny & The Yooahoos sind in den verschiedenen amerikanischen Spielarten heimisch - und leben in Oberbayern. Ihre erste EP haben sie live eingespielt und mit einem einzigen Mikrofon aufgenommen. Oldschool-Bluegrass made in Bavaria!

Am Mikrofon: Monika Gratz |
    Vier Männer in Anzug und/oder Weste sitzen barfuss in einem Kaminzimmer. Vor ihnen liegt eine Mandoline auf dem Tisch.
    Jonas Kollenda, Bernie Huber, Bastian Schuhbeck, Johnny Schuhbeck (v.l.n.r.) (Michael Wolf)
    Musik: "Some poor boy’s heart"
    "Some poor boy’s heart" aus dem Debütalbum "The Marionette with the Mandarin" von Johnny & the Yooahoos. Die Yooahoos sind: Johnny Schubeck an der Mandoline, Bastian Schubeck Banjo, Bernie Huber Gitarre und Jonas Kollenda am Kontrabass. Alle vier singen auch. Für diese Sendung habe ich mich mit den Brüdern Bastian und Johnny per Video-Schalte unterhalten: Die beiden saßen am heimischen Küchentisch, in Polling bei Mühldorf am Inn.
    Eine Bluegrass-Band
    Johnny Schuhbeck: "Die Initialzündung für das Ganze war der Basti. Also er hier. Er hat nämlich mit den anderen Zwoa, mit unserem Kontrabass- und Gitarrenspieler dem Joni und dem Bernie eine andere Band davor gehabt. Die war eigentlich das komplette Gegenteil von der Musik, die wir jetzt spielen. Das war nämlich eine Prog- und Krautrockband und von dem her haben sich die anderen drei schon gekannt und ich bin dann natürlich als Bruder, der natürlich auch musikaffin ist, weil wir in so einer Familie einfach aufgewachsen sind, vom Basti einfach mal angehauen worden: "Du kannst doch bestimmt mal Mandoline spielen lernen". Und das habe ich dann tatsächlich angefangen und die Idee hat sich dann immer weitergesponnen, dass man das ja wirklich probieren kann eine Bluegrass-Band zu machen und ja, jetzt sind wir eine Bluegrass-Band."
    Bluegrass - jene Musik, die in den 1940er-Jahren in den Hügeln der Appalachen im Südosten der USA entstand. Geprägt durch Musiker wie Bill Monroe, Earl Scruggs oder die Stanley Brothers. Typischerweise gespielt mit akustischen Instrumenten: Mandoline, Gitarre, Banjo, Kontrabass, Geige und mit mehrstimmigem Gesang. Diese alte Musik wird von lebendiger Tradition getragen – und zieht weltweit immer wieder auch junge Menschen in ihren Bann.
    Johnny: "Ja, bei mir ist, weil’s irgendwie zum einen recht simpel ist oder was heißt simpel, aber so leicht ins Ohr geht, aber dann andererseits doch wieder so komplex, also das Flat-Picking, dass dann teilweise doch ziemlich schnell ist. Und weil es auch sehr gefühlvoll ist, wenn man zum Beispiel die Stanley Brothers nimmt, dieser Sound von den Stimmen, das hat diesen "high and lonesome"- das hört man einfach und das sind dann auch so schöne Texte. Mich macht das dann auch sehr nachdenklich und emotional muss ich sagen, dass berührt mich dann auch sehr."
    Der "high lonesome Sound" der Yooahoos ist nicht zuletzt das Ergebnis von Johnnys Bruder Bastian Schubecks jahrelanger Erfahrung als Chorsänger. In Altötting hat er die Berufsfachschule für Musik besucht, jetzt studiert er an der Münchner Musikhochschule.
    Herz und Leiden
    Wie meisterhaft die Yoohaoos diesen ausdrucksvollen Harmoniegesang mittlerweile beherrschen, zeigen sie etwa bei "Will you lend me your heart?". Ein gebrochenes Herz und die Leiden seines Besitzers werden hier ausgiebig besungen. Untermalt wird der musikalische Herzschmerz mit dem klagenden Sound der Dobro, einer Resonator-Gitarre, die Bastian Schuhbeck immer mal wieder gegen sein Banjo eintauscht. Den Leadgesang übernimmt Bernie Huber.
    Musik: "Will you lend me your heart?"
    "Will you lend me your heart": Musik von Johnny & The Yooahoos. Im Interview sprachen die Brüder Johnny und Bastian Schuhbeck auch über die Themen in ihren Songs.
    Johnny: "Ja, klassische Bluegrass-Themen, die man als Mensch so erlebt. Also vor allem mit hinsichtlich Liebe, ist ziemlich dominierend auf der neuen CD. Aber mittlerweile werden die Texte auch schon tiefgründiger. Oder es fühlt sich so an als würden sie tiefgründiger werden. Der Basti hat jetzt z.B. einen neuen Song geschrieben, wo es um gesellschaftskritischere Themen geht, wie z.B. den Klimawandel. Also mir versuchen auch ein bisschen aus dem Ding weg zum kommen. Immer nur über Liebe schreiben..., weil irgendwann hat sich das Thema irgendwie ausgeschöpft und dann will man oder muss dann auch mal andere Themen angehen. So geht’s mir zumindest.
    Bastian Schuhbeck: "Das man mal eben nicht nur über die klassischen Bluegrass Themen Tod, Liebe, Schnaps singt, sondern eben auch, dass man ein bisschen..."
    Johnny: "So schön wie die Themen sind, also der Tod natürlich nicht."
    Den vom Menschen gemachten Klimawandel zu stoppen, ist eine der größten Herausforderungen in diesem Jahrhundert. Ein Beispiel: Schnee in der Antarktis, der sich rosa färbt, weil die Erderwärmung das Wachsen einer Alge begünstigt. Dieses Phänomen war den Yooahoos einen Bluegrass-Song wert: Raspberry Snow. Das Lied ist ganz neu, und deshalb auch nicht auf dem Debütalbum zu finden. Wir dürfen aber schon mal exklusiv reinhören.
    Musik: "Raspberry Snow"
    Himbeerfarbener Schnee als Folge der Erderwärmung, "Raspberry Snow", besungen von Johnny & den Yooahoos. Das demnächst erscheinende Debütalbum der Band heißt "The marionette with the mandarin – Die Marionette mit der Mandarine." Ein Titel, der einen erstmal etwas ratlos macht. Die Schuhbeck-Brüder klären auf.
    Johnny: "Die Story dahinter ist, dass wir natürlich auch als Band eine Whats-App-Gruppe haben und da werden immer die Aufgaben verteilt. Wer was machen soll und der Basti hat mir dann auch vermehrt irgendwelche Aufgaben zugeteilt oder irgendetwas, was ich habe machen sollen. Und dann hab ich gesagt..."
    Bastian: "Es kursiert hier grundsätzlich dieses Gerücht, dass ich hier der Chef bin, der alle herumkommandiert in der Band."
    Johnny: "Na ja, das kursiert nicht nur. Auf jeden Fall habe ich dann mal geschrieben: "Ja, ich bin ja nur deine Marionette, Basti." Und da unser Gitarrist, der Bernie, zu meinem Instrument fälschlicherweise natürlich oft Mandarine statt Mandoline sagt, hat der Bernie dann unter meine Nachricht geschrieben: "Ja, der Johnny ist die Marionette mit der Mandarine" und dann habe ich mir gedacht, das hört sich gar nicht so schlecht an. Vielleicht ist das ein ganz cooler Albumtitel, und er hat es dann geschafft als Titel für unser jetzt bald erscheinendes Album."
    Vier Männer in hellen Hemden mit Westen stehen auf einem Waldweg.
    Johnny Schuhbeck, Jonas Kollenda, Bastian Schuhbeck, Bernie Huber (v.l.n.r.) (Ron Ronson)
    Unter den elf Songs auf dem Album findet sich nur ein traditionelles Stück, alle anderen sind Eigenkompositionen. Darunter auch "I used to live" von Johnny Schuhbeck.
    Johnny: "Das war glaube ich, der erste Song, den ich jemals geschrieben habe. Das war vor vier Jahren oder so. Und es gibt es eigentlich keine wirkliche Geschichte zu dem Song."
    Bastian: "Es geht mehr um Stimmung oder Atmosphäre."
    Johnny: "Ja, genau. Es geht eher um die Stimmung und Atmosphäre, um auch was Vergängliches. Und da ist man dann irgendwie als Metapher des Berglebens eingefallen. Aber vom Text her, dem habe ich keine so tiefere Bedeutung zugeführt. Also zumindest weiß ich es nicht mehr so genau. Wie gesagt, das ist schon lange her. Und ja, genauso war es bei dem Song. Das hört sich jetzt echt Kacke an wenn ich sage, dass der Song keine Bedeutung hat."
    Bastian: "Also für mich hat der schon eine Bedeutung. Ich finde dieses Melancholische irgendwie... Es ist ja oft so, dass der Song eher Stimmung einfängt. Und ich finde, es muss nicht immer was Konkretes darstellen. Oder eine konkret die Story haben. Und unser Kontrabass-Spieler macht, wenn wir live spielen, erzählt er immer eine gute Geschichte drüber. Eine dadaistische Geschichte, von irgendeiner Hexe, ich kann’s jetzt nicht genau wiedergeben.Wer die Geschichte hören mag, der kann zu einem unserer Live-Auftritte kommen, da wird der Joni die zum Besten geben. Ist aber eher Show-Element."
    Johnny: "Ist Show-Element."
    Musik: "I used to live"
    Musik: "Mind prohibition waltz"
    Im Walzertakt dreht sich das Gedankenkarussell, die Liebe der Angebeteten im "Mind prohibition waltz" bleibt, wie kann es anders sein, unerwidert. Die zuvor entworfene Idylle mit hohen Bergen, einem Tal, einem Fluss, Wäldern, besungen in "I used to live" wurde in typischer Bluegrassmanier ausgemalt. Die eingängige Melodie wird vom mehrstimmigen Harmoniegesang umschmeichelt. Wie eine wärmende Decke wird das Ganze ummantelt vom Klang der Mandolinen-, Banjo-, Gitarren- und Kontrabasssaiten. Beide Songs finden sich auf dem Debüt-Album von Johnny & Yooahoos, das demnächst im Eigenverlag erscheint.
    Ein Familienunternehmen
    Bastian: "Wir haben den Vorteil, dass wir in der Verwandtschaft einen super Musiker und Producer haben, den Robert Hasleder, der ist ein Experte für alles, was Saiten hat und akustische traditionelle Musik, was sich in dem Eck bewegt und der war unser Mann fürs Mixing und die Aufnahme selber haben auch in der Familie gemacht, nämlich bei unserem Onkel, der ist der Live Mischer von der Band von unserem Vater. Das ist alles in der Familie. Ja genau, das ist alles in der Familie und der hat das Equipment. Und dann haben wir es aufgenommen gemütlich daheim im Wohnzimmer, in entspannter Atmosphäre. Na, eigentlich war es super stressig irgendwie. Weil wir am Abend dann noch gespielt haben und dann mit Zeitruck. Eigentlich war es furchtbar. Wir haben uns die Schädel eingehauen und haben uns gehasst. Nein, also es war schon cool."
    Für den Klang ihres Albums schlagen die Yooahoos einen Mittelweg zwischen Tradition und Moderne ein. Analoge Soundtechnik ist für sie jedoch ein Muss. Sie benutzen Mikrofone, die im Retro-Stil gebaut wurden und aussehen, als hätte diese schon Bill Monroe höchst persönlich für seine Aufnahmen genutzt. Bastian Schuhbeck ist von der alten Klangästhetik begeistert.
    Bastian: "Also mich faszinieren diese alten Aufnahmen unglaublich stark. Also die Ende 50er-, Anfang 60er, wo es dann schon Stereo gegeben hat. Aber noch wirklich so alt war, wo man wirklich hört, wie die Röhren rauschen. Aber so retro haben wir das jetzt nicht gemacht und wollten es auch nicht haben vom Sound her. Ein bisschen roh wollten wir das schon belassen, die Aufnahme. Wir haben es live eingespielt. Wir wollten auch, dass es so klingt als hätten wir es live eingespielt. Wir haben einfach Ecken und Kanten drauf gelassen, wenn’s mal nicht ganz sauber, nicht ganz tight ist, dann haben wir gesagt: Das ist so, weil wir das live eingespielt haben und dann haben wir Mikros im Raum verteilt, dass dieses Räumliche, dieses Spontane, was in dem Moment passiert, einfach mit drin ist in der Aufnahme."
    Ein Konzept, dass sich für die Band schon auf Ihrer EP "A Day with Louise" bewährt hat. Darauf zu finden ist der Titel "The lonely period - Staying at home". Bereits Ende 2018 erschienen, bewegen sich Johnny und die Yooahoos damit gewollt oder nicht gewollt, thematisch am Puls der Zeit. Stichwort Corona! Dieser "outer Blues", der die Welt derzeit in Form einer Pandemie befallen hat, findet als "inner Blues" Resonanz in der Musikerseele.
    Musik: "The lonely period (staying at home)"
    Johnny: "Mir wäre mal ins Ausland geflogen, nach Irland und auch in der Schweiz und in die Niederlanden hätten wir gespielt. Es war in diesem Jahr für uns schon ein deutlicher Anstieg vom Level her an Locations was wir hätten spielen können. Das war natürlich sehr schade. Wir haben dann versucht, die Zeit zu nutzen oder haben wir auch genutzt um am Album zum Arbeiten und vor allem das zu promoten mit Musikvideos, da wir einige gemacht und ja, jetzt ist die gleiche Situation wieder. Also es war ja kurzzeitig mal im Sommer, dass wir Gigs spielen konnten. Das war natürlich für uns dann nach so langer Zeit ein Traum. Jetzt haben wir uns eigentlich wieder gefreut, dass wir mehr spielen und jetzt ist wieder alles gelockdowned.
    Bastian: "Wir sind in Gedanken auf jeden Fall bei den Kolleginnen und Kollegen, die das quasi hauptberuflich machen, was ja bei uns zum Glück nicht der Fall ist. Wir wollten uns das natürlich mehr aufbauen über das Jahr und da wird man natürlich stark nach hinten geworfen, aber richtig schlimm ist es natürlich für alle die, denen der Verdienst, der Lebensunterhalt wegfällt. Und die Aussichten sind ja auch nach wie vor nicht so prickelnd."
    Optimistisch in die Zukunft
    Ein Streaming-Konzert hier, ein selbstgedrehtes Youtube-Video da. Alles Notlösungen, aber so versuchen Johnny & The Yooahoos, die Zeit zu überbrücken, bis sie endlich wieder live vor Publikum auftreten können, die Situation ist unbefriedigend, aber eben gerade nicht zu ändern. Was die Zukunft bringen mag? Da bleiben die Yooahoos einigermaßen optimistisch, aber auch realistisch.
    Johnny: "Das ganze Leben damit zu finanzieren, ist mit Bluegrass schwierig. Wahrscheinlich nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA selber. Aber ja, des ist wie der Traum von den meisten Leuten mit seinem Hobby seinen Lebensunterhalt zu finanzieren."
    Bastian: "Und generell einfach neue Musik schreiben, so viel live spielen wie es geht. Was man als Band so macht. Dranbleiben. So gut wie es geht und so gut die Situation es zulässt."
    Johnny: "Na ja und mehr Leute erreichen auf jeden Fall mit der Musik."
    Zum Beispiel mit dem traditionellen "Meeting is over" – dem einzigen Song auf dem Album der Yooahoos, den die Band nicht selbst geschrieben hat.
    Musik: "Meeting is over"