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Jordanien
Hoffen auf Papst Franziskus

Papst Franziskus besucht zum Auftakt seiner dreitägigen Reise ins Heilige Land erstmals einen muslimisch geprägten Staat. In Jordanien hoffen Vertreter von Christen und Muslimen auf einen Austausch der Religionen - und eine positive Wirkung auf die gesamte Region.

Von Corinna Mühlstedt |
    Papst Franziskus mit erhobener Hand beim traditionellen Segen Urbi et Orbi am ersten Weihnachtsfeiertag in Rom
    Papst Benedikt wird vom 24. bis 26. Mai ins Heilige Land reisen. (dpa / Ettore Ferrari)
    Über 95 Prozent der 6,5 Millionen Einwohner des kleinen Königreichs bekennen sich zum Islam, nur etwa 200.000 sind Christen.
    "In Jordanien warten wir ungeduldig auf Papst Franziskus. Denn die Kriege hier im Mittleren Osten bringen den Völkern unendlich viel Leid. Wir hoffen sehr, dass der Aufenthalt des Papstes den Frieden in der Region fördert."
    Betont Erzbischof Yaser al Ayesh. Er leitet in Jordanien die melchitische Kirche. Sie ist aus der griechisch-orthodoxen Tradition hervor gegangen und mit Rom uniert. Die Melchiten sind eine von 13 christlichen Konfessionen, die in dem kleinen Land östlich des Jordans leben. Schon in den ersten Jahrhunderten nach Christus entstanden hier Gemeinden, Klöster und Kirchen.
    Als die Araber im 7. Jahrhundert die Region eroberten, zerstörten sie die christliche Kultur nicht. Grauen und Verwüstung brachten erst die Kreuzzüge im 11. Jahrhundert. Danach lebte die Bevölkerung unter wechselnden Machthabern. 1946 wurde Jordanien erstmals ein unabhängiges Königreich. Der Presse-Referent der katholischen Kirche Jordaniens, Pater Rifat Bader:
    "Heute hat unser Land ein stabiles Staatswesen. Der jordanische König und die Verfassung garantieren uns Christen unsere Rechte. Wir können Kirchen bauen und unseren Glauben frei leben. Weihnachten und Ostern sind landesweite Feiertage. Man schätzt uns sogar als Gemeinschaft, die zur Stabilität des Landes beiträgt. Denn wir leisten wichtige Sozialarbeit, leiten viele Schulen und Krankenhäuser. Sie stehen allen Jordaniern offen. Wir Christen fühlen uns derzeit hier sicher. Angst haben wir nur wegen der blutigen Konflikte in den Nachbarländern: in Palästina, dem Irak, Ägypten und nicht zuletzt in Syrien."
    Rechte aller Menschen respektieren
    Immerhin konnte der jordanische König Dank einer konsequenten Friedenspolitik sein Land bisher weitgehend aus den blutigen Konflikten heraushalten. Angesichts der eskalierenden Syrien-Krise berief er im vergangenen Herbst einen internationalen Kongress ein, der die Lage der Christen im Orient stärken sollte. Rifat Bader:
    "Der Besuch des Papstes soll nicht zuletzt den Austausch zwischen Jordanien und dem Vatikan festigen. Unser Land versteht sich als Modell für einen Staat, der die Rechte aller Menschen respektiert. Es ist gut, wenn wir auf diesem Gebiet mit dem Vatikan kooperieren."
    Das jordanische Königshaus tut viel für das Gespräch zwischen den Religionen. Zu den Einrichtungen, die diesen Dialog maßgeblich fördern, gehört in der Hauptstadt Amman das "Königliche Institut für islamische Forschung" – das "Aal Al-Bayt Institute for Islamic Thought". Der Professor für islamische Theologie Farouq Jarrar ist ein langjähriger Mitarbeiter des Instituts:
    "Unser Aal-Al-Bayt Institut wurde 1981 vom damaligen König Hussein den Muslimen in aller Welt gestiftet. Wir sind bemüht, ein wahres Bild vom Islam zu verbreiten. Denn es gibt nur einen Islam, aber es gibt viele Leute, die unsere Religion im Dienst politischer Interessen missbrauchen und das Bild von ihr entstellen."
    Dialog zwischen Christen und Muslime
    Das Aal-Al-Bayt Institut wird von einem Mitglied des königlichen Hauses geleitet, Prinz Ghazi bin Muhammad bin Talal. Unter seiner Regie entstand 2007 ein "offener Brief" an den damaligen Papst Benedikt und weitere Repräsentanten des Christentums. Darin reichten der Prinz und mehr als 130 namhafte muslimische Gelehrte den Christen in aller Welt die Hand zum Dialog. Seither treffen sich Vertreter des Instituts regelmäßig mit Repräsentanten der Anglikanischen Kirche und des Vatikans zu Gesprächen.
    "Es ist unser aller Pflicht, gemeinsam für den Frieden zu arbeiten. Religiöse Führer, seien sie Christen, Juden oder Muslime, müssen heute den Gläubigen klar machen, wie ihre wahre Religion aussieht, und dass kein wirklich religiöser Mensch das Recht hat, andere zu töten oder ungerecht zu behandeln. Terror und Krieg haben ihre Wurzeln nicht in den einzelnen Religionen, sondern ausschließlich im Bereich der Politik."
    Das Gespräch zwischen den Religionen fördert in Amman auch ein weiteres Dialog-Institut: das "Royal Institute for Interfaith Studies". Schon 2004 veröffentlichte es die sogenannte "Botschaft aus Amman", die jede Form von Terror verurteilt. Sie wurde in neun Sprachen übersetzt, auch ins Deutsche. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Union ist der Vize-Präsident des Instituts, der Religionswissenschaftler Amer Al Hafi, derzeit bemüht, die Botschaft in westlichen Ländern stärker bekannt zu machen:
    "Muslime und Christen müssen sich besser kennenlernen. Wir brauchen mehr Austausch. Deshalb ist auch der Besuch des Papstes so wichtig. Er gilt allen Jordaniern. Auch wir Muslime heißen ihn willkommen. Möge dieser Besuch der Welt einmal mehr zeigen, dass die Angehörigen unserer Religionen für den Frieden zusammenarbeiten können."