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José Luis Chilavert
Welttorhüter als Präsidentschaftskandidat in Paraguay

Glanzparaden, Freistoßtore und Aggressionen gegen Gegenspieler: José Luis Chilavert war ein auffälliger Torwart am Ende des Jahrtausends. Nun kandidiert er für das Amt des Staatspräsidenten in seiner südamerikanischen Heimat Paraguay.

Von Viktor Coco |
Jose Luis Chilavert (Mit.) unterstützte 2013 Paraguays rechtskonservativen Präsidenten Cartes (re.)
Jose Luis Chilavert (Mit.) unterstützte 2013 Paraguays rechtskonservativen Präsidenten Cartes (re.). Jetzt will er selber Staatspräsident werden. (imago / Jose Villalba)
März 1996, argentinische Liga, Vélez Sársfield gegen River Plate. Freistoß hinter der Mittellinie – Torwart José Luis Chilavert stürmt heran, führt eigenmächtig aus und versenkt den Ball mit einer ewigen Bogenlampe im gegnerischen Tor.

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Neben spektakulären Glanzparaden war der Torhüter aus Paraguay in seiner aktiven Zeit für seine Schussgewalt gefürchtet. 62 Mal traf er und ist damit der zweittorgefährlichste Keeper der Fußballgeschichte. Heute widmet er sich der Politik und will – wie er in einer Wahlwerbung versichert – die "Bälle der Korruption" parieren.

Mit harter Hand gegen die Korruption

Chilavert bezeichnet sich heute als Geschäftsmann und hat nach seinem Karriereende 2004 weder im Fußball gearbeitet noch ein politisches Amt bekleidet. Dennoch will er jetzt ganz oben einsteigen und kandidiert mit einer selbstgegründeten Partei bei den Präsidentschaftswahlen in Paraguay.
In TV-Debatten gibt sich Chilavert als Rechtschaffender, der mit harter Hand für Ordnung sorgen will – volksnah erklärt mit Fußballmetaphorik: "Das ist wie ein Fußballspiel. Wie ein WM-Finale! Entweder es geht weiter mit Korruption und Straflosigkeit oder wir ändern dieses Land!"
Er wurde Weltpokalsieger mit Vélez Sarsfield gegen den AC Milan und dreimaliger Welttorhüter. Aber als Aktiver war Chilavert auch bekannt für sein mitunter unfaires Verhalten. Er hat sich geprügelt, Schiedsrichter beschimpft und Gegenspieler bespuckt. Einsicht über Fehlverhalten gab es selten. Diese Aggressivität trägt er nun in seinen Wahlkampf.

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"Ich denke, auf dem Spielfeld kann man nicht mit seinem Gegner befreundet sein. Wenn er die Möglichkeit hat, mir auf den Kopf zu treten, um ein Tor zu machen, wird er das tun."
Für solche markigen Sprüche wird der heute 57-Jährige in seiner Heimat geliebt – und gefürchtet. In der paraguayischen Gesellschaft hat sein Wort Gewicht. Für den Journalisten Juan Clari hat er eine Art Kultstatus:
"Man könnte sagen, er ist ein 'Selfmade Man'. Er stammt aus der Peripherie von Asunción, aus sehr bescheidenen Verhältnissen. Er hat alle Hürden des Lebens genommen und ist ein großartiger Sportler geworden. Das sorgt vielleicht für eine gewisse Arroganz. Aber seine Beliebtheit ist bombensicher. Na klar, er ist manchmal ein Schwätzer! Aber er war lange Zeit einer der besten Torhüter der Welt und das gibt ihm nun mal ein dickes Polster."

Macho-Sprüche und Patriotismus

Aus dieser Deckung heraus feuert Chilavert auch Macho-Sprüche und diskriminierende Beleidigungen gegen Homo- oder Transsexuelle. Zu seinen Wahlkampfthemen gehört zudem der rigorose Kampf gegen sexuelle Aufklärung im Schulunterricht, was er als Teil eines "aufgezwungenen europäischen Bildungssystem" sieht. "Ich als Familienvater würde nicht akzeptieren," so Chilavert, "wenn mein Sohn in Frauenkleidung zur Schule gehen will. Das akzeptiere ich nicht! Die Leute müssen verstehen, dass es um solche Dinge geht. Das ist der Kampf!"
Er gibt sich als strammer Patriot und wirtschaftlich ultra-liberal. Im Nachbarland Argentinien schmiedet er politische Allianzen mit dem rechten Flügel, beim wichtigsten Handelspartner Brasilien war er Bewunderer des rechtsradikalen Ex-Präsidenten Bolsonaro. Sein eigenes Auftreten wurde zuletzt moderater, findet Journalist Juan Clari: "Er hält sich jetzt etwas zurück, weil er Präsidentschaftskandidat ist. Aber mit Zurückhaltung erreicht er die wenigsten. Frontal nach vorne ist seine Art, das hat ihm am meisten Erfolg eingebracht."

Rechtsstreit mit CONMEBOL-Präsident Domínguez

Jüngst aber auch eine schwere juristische Niederlage: Nachdem Chilavert den Präsidenten des südamerikanischen Fußballverbandes CONMEBOL, Alejandro Domínguez, mehrmals der Korruption bezichtigt hatte, verklagte der ihn wegen Verleumdung – und gewann. Chilavert wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Und wie steht der Fußball in Paraguay ansonsten zu "Chila"? Mit dem zweiten Superhelden des Landes, dem Ex-Bayernspieler Roque Santa Cruz, ist Chilavert seit der WM 2002 unversöhnbar verkracht. Santa Cruz wie auch andere meiden den Umgang mit dem Exzentriker. Dennoch meint Journalist Clari, sei es schwierig, dass sich jemand öffentlich gegen Chilavert äußert.
Dass der ehemals torgefährliche Goalkeeper aber nach der Wahl politische Veränderungen aus dem Präsidentenpalast anstößt, ist unwahrscheinlich: Die Umfragen sehen ihn abgeschlagen und ohne Siegeschancen auf dem fünften Platz mit zwei bis acht Prozent der Stimmen. Also müsste er bis zu fünf Jahre warten, um erneut zu kandidieren. Damit es dann wie in einem Wahlkampfclip vielleicht heißt: "Chilavert Präsident – Paraguay ist Meister!"

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