Silvia Engels: 1981 wurde zum ersten Mal seit Beginn der 5. Republik ein Sozialist ins höchste französische Staatsamt gewählt. Francois Mitterrand wurde damals Präsident. Dann folgten die Amtszeiten der Mitte-Rechts-Politiker Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy. Gestern nun hat das linke Lager in Frankreich es wieder geschafft. Der 57-jährige Francois Hollande zieht in den Élysée ein.
Mitgehört hat Joseph Daul, er ist Franzose und er ist Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament. Das ist der Zusammenschluss der europäischen konservativen Parteien. Guten Morgen, Monsieur Daul.
Joseph Daul: Guten Morgen!
Engels: Teilen Sie die letzte Einschätzung unserer Korrespondentin, dass sich Deutschland und Frankreich schnell wieder zusammenraufen werden, auch wenn klar ist, dass Monsieur Hollande nicht der Wunschkandidat der deutschen Bundeskanzlerin war?
Daul: Die deutsch-französische Zusammenarbeit wird weitergehen. Natürlich sind wir jetzt im Wahlkampf und bleiben noch im Wahlkampf bis im Juni. Das hat die Korrespondentin gesagt. Deshalb ist das noch keine ganze Realität. Aber die Realität wird ganz schnell mit den Märkten wieder auf der Tagesordnung sein. Ich habe gestern Abend schon herumgehört, dass die jetzt schon sagen, natürlich, wir müssen sparen, wir müssen die Schulden bremsen, das wird bleiben. Und was ich auch gehört habe, die schwierigen Stellen, hat er gesagt, in fünf Jahren wird er das machen, und ich hoffe, dass es wahrscheinlich gar nicht geht, und er wird dann feststellen, am Anfang wird er sagen, wegen Sarkozy kann er das nicht machen, und nachher wahrscheinlich müssen wir sehen, wie kommt das Geld her. Das geht heute nicht mehr. Unser System, was wir vorgesehen haben in der EVP, dass die Schuldenbremsen gemacht werden, dass die Reglementierung der Budgets kommt, und wir haben auch schon vorgesehen ein Programm, das werden wir wahrscheinlich abstimmen im Juni, spätestens Anfang Juli, für Wachstum, aber Wachstum nicht mit dem Geld, was nicht verfügbar ist, das gibt es ja nicht.
Engels: Das heißt, Sie rechnen schon damit, dass Ihre Partei beziehungsweise die konservativen Bündnisse eine Chance haben bei der Parlamentswahl und dann Hollande auch dazu gezwungen wird, den Sparkurs, den ja auch Angela Merkel verfolgt, besser einzuhalten, als er es angekündigt hat?
Daul: Ja und ich meine, die Wahlen vom 17. Juni, die werden auch nicht so schlecht ausgehen für uns. Sie haben alle gesagt, Sarkozy am Anfang 60:40. Jetzt stehen wir 48,30:51. Ich glaube, das wird sich jetzt wieder finden. Wenn wir auch nicht gewinnen, aber ich glaube auch, dass viele Leute da sind, auch bei den Sozialisten, die wollen auch, das Sparsystem am Platz behalten. Natürlich sprechen wir alle von Wachstum, das ist notwendig, sonst gehen wir auch gegen die Wand. Das stimmt und das haben wir auch gemacht. Nicolas Sarkozy hat das auch geredet. Aber zuerst müssen wir sparen, das haben viele Leute vergessen.
Engels: Rechnen Sie denn auch damit, dass die Wahl Hollandes nun auch sein Verhältnis zu Europa noch mal verändern wird, denn im Europäischen Parlament gibt es ja auch Bestrebungen, diesen Fiskalpakt, den es gibt, auch mehr um eine Wachstumskomponente zu erweitern. Muss da vielleicht auch die EVP, also Ihre Fraktion, umdenken?
Daul: Ja, wir sind ja daran, für das Wachstum zu sehen. Das einzige, wo wir noch nicht einig sind: Die Sozialisten, die wollen Wachstum machen mit dem Geld, was wir nicht haben. Das soll heißen mehr Schulden. Und wir wollen Wachstum haben, für Wachstum sorgen mit weniger Schulden. Das sind die großen Debatten und da haben wir das letzte Mal eine Mehrheit gegen die Sozialisten gehabt im Parlament. Wir werden weiter arbeiten, wir müssen den Leuten die Wahrheit sagen. Wir können nicht so weitermachen und sagen, es geht alles billig und wir werden jeden morgen praktisch rasiert, sagt man im Elsässischen, und das haben die Elsässer auch gut verstanden. Sie haben ja sehr hoch Sarkozy gewählt.
Engels: Nun ist es so, dass es gestern auch noch eine weitere Wahl in Europa mit einer klaren europapolitischen Komponente gab, nämlich in Griechenland, und die Griechen haben sehr spektakulär die Parteien abgestraft, die die bisherigen Sparvereinbarungen mit der EU getragen haben. Wie bewerten Sie diese Wahl?
Daul: Da sage ich auch, das habe ich auch den Griechen gesagt, natürlich Solidarität kann man immer verlangen, aber wenn eine Krise da ist, dann müssen alle einsparen. Ich glaube, Griechenland ist das Land in Europa, wo wir die größten Sorgen haben. Die größten Sorgen sind: Da ist keine Industrie, da sind große, große Schwierigkeiten und Griechenland wird uns große Sorgen machen. Heute Nachmittag haben wir eine Sondersitzung in der EVP, um darüber zu sprechen.
Engels: Fürchten Sie, dass das der erste Schritt eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone gewesen sein könnte?
Daul: Also ich will das nicht, aber das ist schon ein erster Schritt.
Engels: Ist das auch dann der Fall, wenn sich doch noch eine Koalition vielleicht zusammenfindet, die möglicherweise pro forma die Sparbeschlüsse, wie sie jetzt getroffen wurden, weiterträgt in Griechenland?
Daul: Wenn sie das nicht weitertragen, glaube ich, wird die Solidarität nicht weitergehen. Das ist das große Problem in Europa. Wenn die Solidarität für Griechenland nicht weitergeht, dann gibt es ganz schwierige Zeiten für Griechenland.
Engels: Joseph Daul, der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen.
Daul: Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mitgehört hat Joseph Daul, er ist Franzose und er ist Vorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament. Das ist der Zusammenschluss der europäischen konservativen Parteien. Guten Morgen, Monsieur Daul.
Joseph Daul: Guten Morgen!
Engels: Teilen Sie die letzte Einschätzung unserer Korrespondentin, dass sich Deutschland und Frankreich schnell wieder zusammenraufen werden, auch wenn klar ist, dass Monsieur Hollande nicht der Wunschkandidat der deutschen Bundeskanzlerin war?
Daul: Die deutsch-französische Zusammenarbeit wird weitergehen. Natürlich sind wir jetzt im Wahlkampf und bleiben noch im Wahlkampf bis im Juni. Das hat die Korrespondentin gesagt. Deshalb ist das noch keine ganze Realität. Aber die Realität wird ganz schnell mit den Märkten wieder auf der Tagesordnung sein. Ich habe gestern Abend schon herumgehört, dass die jetzt schon sagen, natürlich, wir müssen sparen, wir müssen die Schulden bremsen, das wird bleiben. Und was ich auch gehört habe, die schwierigen Stellen, hat er gesagt, in fünf Jahren wird er das machen, und ich hoffe, dass es wahrscheinlich gar nicht geht, und er wird dann feststellen, am Anfang wird er sagen, wegen Sarkozy kann er das nicht machen, und nachher wahrscheinlich müssen wir sehen, wie kommt das Geld her. Das geht heute nicht mehr. Unser System, was wir vorgesehen haben in der EVP, dass die Schuldenbremsen gemacht werden, dass die Reglementierung der Budgets kommt, und wir haben auch schon vorgesehen ein Programm, das werden wir wahrscheinlich abstimmen im Juni, spätestens Anfang Juli, für Wachstum, aber Wachstum nicht mit dem Geld, was nicht verfügbar ist, das gibt es ja nicht.
Engels: Das heißt, Sie rechnen schon damit, dass Ihre Partei beziehungsweise die konservativen Bündnisse eine Chance haben bei der Parlamentswahl und dann Hollande auch dazu gezwungen wird, den Sparkurs, den ja auch Angela Merkel verfolgt, besser einzuhalten, als er es angekündigt hat?
Daul: Ja und ich meine, die Wahlen vom 17. Juni, die werden auch nicht so schlecht ausgehen für uns. Sie haben alle gesagt, Sarkozy am Anfang 60:40. Jetzt stehen wir 48,30:51. Ich glaube, das wird sich jetzt wieder finden. Wenn wir auch nicht gewinnen, aber ich glaube auch, dass viele Leute da sind, auch bei den Sozialisten, die wollen auch, das Sparsystem am Platz behalten. Natürlich sprechen wir alle von Wachstum, das ist notwendig, sonst gehen wir auch gegen die Wand. Das stimmt und das haben wir auch gemacht. Nicolas Sarkozy hat das auch geredet. Aber zuerst müssen wir sparen, das haben viele Leute vergessen.
Engels: Rechnen Sie denn auch damit, dass die Wahl Hollandes nun auch sein Verhältnis zu Europa noch mal verändern wird, denn im Europäischen Parlament gibt es ja auch Bestrebungen, diesen Fiskalpakt, den es gibt, auch mehr um eine Wachstumskomponente zu erweitern. Muss da vielleicht auch die EVP, also Ihre Fraktion, umdenken?
Daul: Ja, wir sind ja daran, für das Wachstum zu sehen. Das einzige, wo wir noch nicht einig sind: Die Sozialisten, die wollen Wachstum machen mit dem Geld, was wir nicht haben. Das soll heißen mehr Schulden. Und wir wollen Wachstum haben, für Wachstum sorgen mit weniger Schulden. Das sind die großen Debatten und da haben wir das letzte Mal eine Mehrheit gegen die Sozialisten gehabt im Parlament. Wir werden weiter arbeiten, wir müssen den Leuten die Wahrheit sagen. Wir können nicht so weitermachen und sagen, es geht alles billig und wir werden jeden morgen praktisch rasiert, sagt man im Elsässischen, und das haben die Elsässer auch gut verstanden. Sie haben ja sehr hoch Sarkozy gewählt.
Engels: Nun ist es so, dass es gestern auch noch eine weitere Wahl in Europa mit einer klaren europapolitischen Komponente gab, nämlich in Griechenland, und die Griechen haben sehr spektakulär die Parteien abgestraft, die die bisherigen Sparvereinbarungen mit der EU getragen haben. Wie bewerten Sie diese Wahl?
Daul: Da sage ich auch, das habe ich auch den Griechen gesagt, natürlich Solidarität kann man immer verlangen, aber wenn eine Krise da ist, dann müssen alle einsparen. Ich glaube, Griechenland ist das Land in Europa, wo wir die größten Sorgen haben. Die größten Sorgen sind: Da ist keine Industrie, da sind große, große Schwierigkeiten und Griechenland wird uns große Sorgen machen. Heute Nachmittag haben wir eine Sondersitzung in der EVP, um darüber zu sprechen.
Engels: Fürchten Sie, dass das der erste Schritt eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone gewesen sein könnte?
Daul: Also ich will das nicht, aber das ist schon ein erster Schritt.
Engels: Ist das auch dann der Fall, wenn sich doch noch eine Koalition vielleicht zusammenfindet, die möglicherweise pro forma die Sparbeschlüsse, wie sie jetzt getroffen wurden, weiterträgt in Griechenland?
Daul: Wenn sie das nicht weitertragen, glaube ich, wird die Solidarität nicht weitergehen. Das ist das große Problem in Europa. Wenn die Solidarität für Griechenland nicht weitergeht, dann gibt es ganz schwierige Zeiten für Griechenland.
Engels: Joseph Daul, der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen.
Daul: Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.