Man kann nicht anders. Immer wieder denkt man zurück ans vergangene Jahr. An das große Ereignis, an dem sich alles, was zwischen den Passionsjahren in Oberammergau auf die Bühne kommt, messen lassen muss. Die Gesichter sind vertraut: Im vergangenen Jahr kauerte Frederik Mayet als Jesus betend im Garten Gethsemane. In diesem Jahr nun gibt er den Joseph, der auf einem Felsen sitzend jenen Traum verkündet, der den Neid seiner Brüder weckt: den Traum, der ihn als Auserwählten, als Bevorzugten, als Besonderen bestimmt.
Neben Joseph sprießt der Ölbaum, an dem sich im vergangenen Jahr Judas erhängte. Auf den Felsen darum herum gruppieren sich Hirten, in den blaugrauen Gewändern, die vor neun Monaten noch die Bürger Jerusalems beim Einzug des Messias trugen. Und auch die Kamele sind wieder da. Aber es gibt durchaus Überraschungen. Bühnenbildner Stefan Hageneier hat sich diesmal dazu entschlossen, die markante Architektur des Passionsspielhauses, die ockerfarbenen tempelartigen Bühnenbauten zu verstecken, hinter einem halbkreisförmigen Prospekt: eine in dunkle Blautöne getauchte Küstenlandschaft, hinter der die Wolken über den Oberammergauer Abendhimmel ziehen.
Monumental muss es schon zugehen, will man die riesige Passionsbühne ausfüllen. Nicht zuletzt wohl auch deshalb hat Christian Stückl einen monumentalen Stoff gewählt: Thomas Manns umfangreichsten Roman, eine Tetralogie, die Stückl auf drei Theaterstunden verdichtet hat. Herausgekommen ist die Geschichte eines jungen Mannes, der zu Gott strebt, der aber ein Mensch ist, mit all seinen Fehlern. Stückls Joseph kann man auch als Karrieristen begreifen: als einen klugen Strategen, der seine Mitmenschen zu manipulieren weiß und dem immer wieder Neid entgegenschlägt, wenn er in der Hierarchie nach oben klettert, wenn er als zweitjüngster Sohn vom Vater bevorzugt oder vom Pharao mit Privilegien und Macht ausgestattet wird.
Dass Regisseur Christian Stückl mit großen Darstellermassen umzugehen weiß, hat er im vergangenen Jahr einmal mehr bewiesen. Und auch sein "Joseph" hat immer dann starke Momente, wenn Stückl der effektvollen Musik von Markus Zwink ebenso effektvolle Szenen entgegensetzt, wenn er die ganze Breite der Bühne nutzt, um spannungsreiche Bilder zu komponieren: Links steht Jakob, der Vater, der seinen Sohn tot wähnt, ein blutiges Gewand in den Händen. Rechts seine Söhne, die Joseph, ihren Bruder, an Sklavenhändler verkauft haben, leicht abgewandt, schuldbewusst zu Boden starrend.
Es ist die große Schwäche dieser Inszenierung, dass solche Momente zu selten sind. Bei den Passionsspielen operierte Christian Stückl mit insgesamt 2000 Darstellern, beim "Joseph" sind es "nur" 200. Noch dazu hat Stückl Thomas Manns Romanvorlage fast durchgehend in Dialoge verwandelt, die Wucht des Monumentalen ist oft kleinen Szenen gewichen, in denen sich die Laiendarsteller nicht selten auf der mächtigen Cinemascope-Bühne verlieren, bisweilen auch in die unfreiwillige Komik abgleiten. Es war ein Experiment, ein verhältnismäßig kleines Stück auf die Passionsbühne zu bringen. Ein Experiment, das alles in allem nicht überzeugen kann. Aber das Experiment geht weiter. Für 2012 hat Christian Stückl erstmals einen nicht-biblischen Stoff gewählt: Shakespeares "Antonius und Cleopatra". Es wird also ein weiteres Mal nach Ägypten gehen. Die Kamele stehen schon bereit.
Neben Joseph sprießt der Ölbaum, an dem sich im vergangenen Jahr Judas erhängte. Auf den Felsen darum herum gruppieren sich Hirten, in den blaugrauen Gewändern, die vor neun Monaten noch die Bürger Jerusalems beim Einzug des Messias trugen. Und auch die Kamele sind wieder da. Aber es gibt durchaus Überraschungen. Bühnenbildner Stefan Hageneier hat sich diesmal dazu entschlossen, die markante Architektur des Passionsspielhauses, die ockerfarbenen tempelartigen Bühnenbauten zu verstecken, hinter einem halbkreisförmigen Prospekt: eine in dunkle Blautöne getauchte Küstenlandschaft, hinter der die Wolken über den Oberammergauer Abendhimmel ziehen.
Monumental muss es schon zugehen, will man die riesige Passionsbühne ausfüllen. Nicht zuletzt wohl auch deshalb hat Christian Stückl einen monumentalen Stoff gewählt: Thomas Manns umfangreichsten Roman, eine Tetralogie, die Stückl auf drei Theaterstunden verdichtet hat. Herausgekommen ist die Geschichte eines jungen Mannes, der zu Gott strebt, der aber ein Mensch ist, mit all seinen Fehlern. Stückls Joseph kann man auch als Karrieristen begreifen: als einen klugen Strategen, der seine Mitmenschen zu manipulieren weiß und dem immer wieder Neid entgegenschlägt, wenn er in der Hierarchie nach oben klettert, wenn er als zweitjüngster Sohn vom Vater bevorzugt oder vom Pharao mit Privilegien und Macht ausgestattet wird.
Dass Regisseur Christian Stückl mit großen Darstellermassen umzugehen weiß, hat er im vergangenen Jahr einmal mehr bewiesen. Und auch sein "Joseph" hat immer dann starke Momente, wenn Stückl der effektvollen Musik von Markus Zwink ebenso effektvolle Szenen entgegensetzt, wenn er die ganze Breite der Bühne nutzt, um spannungsreiche Bilder zu komponieren: Links steht Jakob, der Vater, der seinen Sohn tot wähnt, ein blutiges Gewand in den Händen. Rechts seine Söhne, die Joseph, ihren Bruder, an Sklavenhändler verkauft haben, leicht abgewandt, schuldbewusst zu Boden starrend.
Es ist die große Schwäche dieser Inszenierung, dass solche Momente zu selten sind. Bei den Passionsspielen operierte Christian Stückl mit insgesamt 2000 Darstellern, beim "Joseph" sind es "nur" 200. Noch dazu hat Stückl Thomas Manns Romanvorlage fast durchgehend in Dialoge verwandelt, die Wucht des Monumentalen ist oft kleinen Szenen gewichen, in denen sich die Laiendarsteller nicht selten auf der mächtigen Cinemascope-Bühne verlieren, bisweilen auch in die unfreiwillige Komik abgleiten. Es war ein Experiment, ein verhältnismäßig kleines Stück auf die Passionsbühne zu bringen. Ein Experiment, das alles in allem nicht überzeugen kann. Aber das Experiment geht weiter. Für 2012 hat Christian Stückl erstmals einen nicht-biblischen Stoff gewählt: Shakespeares "Antonius und Cleopatra". Es wird also ein weiteres Mal nach Ägypten gehen. Die Kamele stehen schon bereit.