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Journalismus in Ost und West
"Es wird zu viel die Hacken zusammengeschlagen"

Aus der SED-Bezirkszeitung "Das Volk" wurde Anfang der 90er die Regionalzeitung "Thüringer Allgemeine". Die experimentellen Anfangsjahre sind aber längst vorbei, meint ihr langjähriger Chefredakteur. Statt in Qualität sei in Hysterie investiert worden.

Sergej Lochthofen im Gespräch mit Brigitte Baetz |
    Ein Porträt von Sergej Lochthofen, ehemaliger Chefredakteur der "Thüringer Allgemeinen".
    Sergej Lochthofen war von 1990 bis 2009 Chefredakteur der "Thüringer Allgemeinen". (picture alliance / dpa-Zentralbild / Arno Burgi)
    Sergej Lochthofen war von Beginn an Chef der "Thüringer Allgemeinen". "Wir haben hier viel Zeit gehabt und viele Möglichkeiten zu experimentieren, was die Leser damals sehr honoriert haben", sagte Lochthofen im Gespräch mit @mediasres.
    Heute sei die Situation für viele Medien in den neuen Bundesländern eine andere. "Wir müssen mit Traurigkeit feststellen, dass Regionalzeitungen besonders im Osten gar nicht mehr für einen Großteil dessen, was in der Zeitung steht, verantwortlich sind, weil das zentrale Redaktionen in Berlin oder in Hannover oder irgendwo machen".
    "Man könnte es doch viel billiger machen"
    Lochthofen war bis zum Jahr 2009 Chefredakteur der "Thüringer Allgemeinen", wurde dann aber von der damaligen WAZ-Gruppe entlassen. "Ich bin vor allem mit der Begründung damals abgesetzt worden, dass die Zeitung zu gut sei. Was sich dahinter verbarg, war die Kritik: Man könnte es doch viel billiger machen und die Leute würden trotzdem die Zeitung kaufen", so Lochthofen.
    Stattdessen sei in Hysterie und Zuspitzung investiert worden. Das habe aber fatale Folgen, etwa für das Verhältnis zwischen Medien und Gesellschaft.
    Dazu komme, dass viele Journalisten zu wenig selbstkritisch seien. "Es wird zu viel die Hacken zusammengeschlagen und gemacht, was irgendwo irgendwelche Leute beschließen."